Sichelland. Christine Boy
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Название: Sichelland

Автор: Christine Boy

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783844242553

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СКАЧАТЬ Nein, ihr müsst Afnan glauben lassen, dass unser aller Verschwinden nicht das Geringste mit Lennys Verhalten zu tun hat. Und unsere Suche nach dem Erben... Nun, die ist ja kein großes Geheimnis. Immerhin wird sie sogar von der Shaj gebilligt.“

      Während die anderen weiter diskutierten, saß Racyl still in der Ecke. Es verletzte sie, dass Sara sich noch nicht einmal von ihr verabschiedet hatte. Und noch mehr tat ihr der Grund für dieses Verhalten weh. Ihre einzige Freundin zog es vor, allein und so schnell wie möglich zu dem einzigen Menschen zu gelangen, den Racyl seit so vielen Jahren versuchte zu vergessen. Und jetzt musste sie sich all die Dinge hier anhören. Über Lennys und Sara und über die Bedeutung, die ihr Tun für Cycalas hatte. Sie wollte das alles nicht miterleben, aber hatte sie denn eine Wahl? Sara hatte sie in den Kreis dieser Personen gebracht, hier war sie gut aufgehoben. Vielleicht konnte sie mit dem einen oder anderen sogar Freundschaft schließen. Mit Haya oder Mo oder sogar Wandan. Die Zeit des Versteckspiels im Hause ihres Bruders war vorbei. Aber zu welchem Preis?

      Sie verstand nicht, dass Sara sie nicht eingeweiht hatte. War der Mittelländerin ihre Gesellschaft jetzt schon lästig geworden? Stand Lennys auf irgendeine Weise zwischen ihnen beiden? Racyl hatte sich stets bemüht, dass das nicht der Fall war.

      Kapitel 3

      Der Fels war glatt und kalt. Kein Sand, keine Kanten oder Spitzen, keine noch so kleine Unregelmäßigkeit. Eine makellose Fläche, die die Natur geschaffen hatte.

      Lennys hatte sich auf der Steinplatte ausgestreckt, die etwa in Mannshöhe aus einer Felswand hinaus über das Plateau ragte. Der Ruheplatz war gerade groß genug für sie selbst und an einer Seite wucherte dichtes Dornengestrüpp aus einer Spalte hervor und schützte sie so, wenn auch nur spärlich, vor allzu neugierigen Blicken. Doch im Grunde war dieser Schutz nicht nötig. Die neun Cas wussten, wie sie sich zu verhalten hatten. Nur selten sahen sie zu ihrer Herrscherin herüber und dies auch nur flüchtig, als fürchteten sie, dabei ertappt zu werden. Aber sie waren auch pflichtbewusst genug, sich ihrer wichtigsten Aufgabe zu besinnen, nämlich dem Schutz der Shaj. Wäre diese plötzlich verschwunden, vielleicht nur zu einem kleinen Erkundungsgang rund um das bescheidene Lager, so wären die hohen Krieger unruhig geworden. Und schon zu oft hatte Lennys ihnen Anlass dazu gegeben, zu oft schon war sie ihre eigenen Wege gegangen, voll und ganz der Überzeugung, die Kräfte der Cas nicht zu benötigen. Und vermutlich war es die Tatsache, dass diese recht riskanten Alleingänge so gut wie nie in einem Kampf auf Leben und Tod endeten, die sie – zumindest in Rahors Augen – gerade in letzter Zeit immer unvorsichtiger werden ließ. Die Shaj der Nacht war überzeugt von sich und ihrem Instinkt, von ihrer Kampfkraft, ihrer Schnelligkeit und ihrer Intelligenz. Zu überzeugt, hätte man meinen können. Das Wort „Glück“ verabscheute sie. Für Lennys gab es weder Glück noch Pech. Alle Fügungen ihres Lebens schrieb sie allein den Menschen zu. Für gewöhnlich war sie der Ansicht, dass Erfolge und Siege auf ihre Leistungen zurückzuführen waren, während alles Negative aus den Fehlern anderer erwuchs. Jeden Tag ereigneten sich Dinge, die sie in diesem Denken bestärkten und niemand hätte es gewagt, ihr dahingehend zu widersprechen.

      'Überhaupt...', dachte Rahor während er mit einem Ast in der Glut des heruntergebrannten Lagerfeuers stocherte, '….überhaupt widerspricht ihr nie jemand.' Rahor war klug genug, seine Meinung für sich zu behalten. Er gestattete sich auch nur selten, darüber nachzudenken – so wie jetzt. Tatsache war, dass er Lennys mochte. Sie war seine Herrscherin, die höchste Kriegerin und mit Sicherheit die beste Sichelkämpferin im Lande. Und sie war schön. Nicht reizend und bezaubernd wie seine eigene Schwester Racyl oder wie Sara. Ihre Schönheit war eine andere und sie konnte einem durchaus Angst machen. Rahor kannte niemanden, der sich gegen ihre Anziehungskraft hätte zur Wehr setzen können, wenn sie es darauf anlegte, was sie allerdings nur selten tat. Aber, und auch das musste sich der Oberste Cas eingestehen, man konnte Lennys auch sehr viel nüchterner betrachten. In den Augen vieler Fremdländer erschien sie wohl arrogant, selbstherrlich und doch allzu sehr von sich und ihren Fähigkeiten überzeugt. Ganz von der Hand zu weisen waren diese Vorwürfe nicht, im Gegenteil. Wie oft hatte er selbst schon zumindest innerlich den Kopf über ihr Verhalten geschüttelt, gerade zu Anfang, als er neu in Vas-Zarac und noch kein hoher Cas gewesen war. Im Laufe der Jahre jedoch hatte er sich an vieles gewöhnt und sein Unverständnis hatte sich mehr und mehr in Zustimmung verwandelt, wenn auch nicht vollkommen und in jeder Lage. Nichtsdestotrotz war ein Band zwischen ihnen entstanden. Eines, das aus seiner Sicht wohl um ein Vielfaches stärker war als aus ihrer. Und er wusste, dass es auch den anderen Cas so ging, selbst Sham-Yu, der zuletzt ernannt worden war. Sie alle waren bereit, ihr Leben für diese Eine zu geben, die gerade auf der Felsplatte ruhte und der wohl völlig andere Gedanken durch den Kopf gingen als der an ihre Cas.

      Wahrscheinlich dachte sie an den Krieg, an die Schlachten und an sterbende Hantua. Und an den Verräter Iandal und den Dummkopf Log.

      Für Rahor war diese Wirklichkeit nicht greifbar. Wohl hatte er die großen cycalanischen Heere gesehen, die sich in Richtung Süden aufgemacht hatten. Und natürlich hatte er das tödliche Feuer in Lennys' Augen erkannt, das mehr als tausend Worte das verhieß, was die Feinde erwartete. Aber er hatte auch die Botschaften aus dem Mittelland gehört, wonach dort noch kein Blut auf offener Straße vergossen wurde. Dies mochte sich inzwischen geändert haben. Oder es würde sich sehr bald ändern. Schon bald überzogen Sichelkrieger und Säbelwächter die Länder südlich Valahirs und sie würden keine Gnade kennen. Am ehesten, so fand Rahor, konnte man seine Lage mit einem Traum vergleichen. Er wartete nur darauf, dass ihn jemand wachrüttelte und er sich wieder wie ein Krieger fühlte, der inmitten eines alles vernichtenden Feldzuges stand.

      'Ash-Zaharr, großer Dämon und Herr über die Sichel,' dachte er nun voller Inbrunst. 'In uns allen fließt das Blut der Kämpfer. Gebe dem meinem wieder die Kraft, durch die Adern zu strömen und nicht zu stocken. Auf dass ich das deinige beschützen kann. Selbst wenn du es verabscheust, so willst du es doch nicht verlieren.'

      Glatt und makellos.

      Hart.

      Kalt.

      Ein Bild schoss ihr durch den Kopf. Ein Bild von einem ebenso glatten, ebenso makellosen und ebenso harten Steinboden. Und ebenso kalt. Obwohl diese Erinnerung erst einige Monate alt war, so schien sie ihr doch verschwommen und undeutlich. Es war wie bei einem Schwerkranken, der den eigentlichen Beginn seiner Leiden schon fast vergessen hat.

      Aber sie war nicht krank. Damals, auf diesem Steinboden hatte sie gefühlt, dass sich etwas in ihr veränderte. Irgendetwas war in ihr erwacht, es zeigte sich in Träumen und Visionen, über die sie zunehmend die Kontrolle verloren hatte. Dieser Steinboden hatte zu Akoshs Haus gehört. Zu seinem Keller, in dem sie die verborgen lebenden Cycala aufgerufen hatte, sich für den Kampf bereit zu machen. Den Sichelkriegern hatte sie befohlen, sich ihrer Kelche zu besinnen und den Durst, den sie so lange unterdrückt hatten, wieder zu stillen.

      Doch die Träume hatten sie weiter begleitet. Bis zurück nach Semon-Sey, sogar bis in ihre Gemächer in Vas-Zarac. Das Reinigende Wasser hatte ihr geholfen und sie hatte inzwischen gelernt damit umzugehen. Nur manchmal, wenn ihr sonst so starker Wille einen Riss zu bekommen drohte, da waren sie noch da. Niemand wusste davon.

      Nicht einmal Rahor hatte es bemerkt. Es war noch nicht lange her, nur wenige Stunden. Oder war es noch kürzer? Wie lange lag sie schon hier? Die Sonne war untergegangen, doch der Mond verbarg sich hinter dichten Wolken. Dort drüben war sie am Abgrund gestanden, nur einige Schritte von dieser Felsplatte entfernt. Sie hatte hinuntergestarrt und statt des Abstiegs zu den Sümpfen hatte sich nur endlose Schwärze unter ihr ausgebreitet. Und gleichzeitig war der Schmerz in ihr angewachsen. Glühende Klauen, die ihren Leib zerfetzen wollten. Nein, das war kein Traum gewesen, aber vielleicht auch keine Wirklichkeit, denn obgleich ihr Verstand zu versagen drohte, so war sie sich doch dessen bewusst gewesen, dass sie eigentlich immer noch da stand, ganz ruhig, ohne sich zu krümmen, ohne sich unter diesen Qualen zu winden. Aber sie sah sich auch СКАЧАТЬ