Holzperlenspiel. Irene Dorfner
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Holzperlenspiel - Irene Dorfner страница 9

Название: Holzperlenspiel

Автор: Irene Dorfner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Leo Schwartz

isbn: 9783738005257

isbn:

СКАЧАТЬ sie wussten es tatsächlich nicht!

      „Wie bitte?“, rief Viktoria.

      Frau Gutbrod schob die beiden Klosterbrüder ins Zimmer.

      „Los, erzählen Sie das, was Sie mir eben erzählt haben.“ Natürlich war es klar, dass Frau Gutbrod die beiden zwischenzeitlich ausgequetscht hatte und somit ausführlich informiert war. Sie hatte bislang noch keine Möglichkeit gehabt, die Akten durchzulesen und sich auf den neuesten Stand zu bringen, deshalb waren die beiden naiven Klosterbrüder eine wunderbare Informationsquelle.

      „Es gibt noch einen Bruder Benedikt bei uns, und zwar schon sehr viele Jahre lang. Er ist schon weit über 80 Jahre alt und genießt seinen wohlverdienten Ruhestand in unserem Kloster. Allerdings geht es ihm gesundheitlich immer schlechter, wir befürchten das Schlimmste.“ Bruder Siegmund war verunsichert, warum war dieser alte Glaubensbruder jetzt plötzlich interessant für die Polizei?

      „Wo finden wir diesen Bruder Benedikt?“

      „Natürlich bei uns im Kapuziner-Kloster, wir haben dort einen eigenen Bereich für unsere alten Mitbrüder, die selbstverständlich auch nach ihrer aktiven Zeit bis zu ihrem Tod bei uns und mit uns leben. Ein Klosterleben endet nicht mit der aktiven Zeit, sondern wir sind bis zu unserem Tod mit unserem Glauben und somit mit dem Kloster verbunden. Entschuldigen Sie, aber ich weiß nicht…“

      „Verstehen Sie denn nicht? Bei dem Mord könnte es sich um eine Verwechslung handeln.“

      Die beiden Kapuzinerbrüder traten erschrocken einige Schritte zurück. Daran hatten sie nicht gedacht. Wer sollte Interesse daran haben, einen alten, kranken Mann zu töten? Viktoria bereute ihre Aussage, sie wollte den beiden keine Angst machen. „Das ist nur eine Vermutung, mehr nicht. Aber wir sollten uns mit Bruder Benedikt unterhalten, um diese Möglichkeit aus der Welt zu schaffen. Dann wollen wir mal, kommen Sie bitte,“ sagte Viktoria und nahm ihren Mantel.

      „Und der Streifenwagen?“

      Sie sah in die enttäuschten Augen des Bruders Siegmund und verdrehte genervt die Augen. Immer dasselbe mit den Zivilisten! In dem Moment gab Werners Computer ein lautes Signal von sich.

      „Das Programm hat die Frau identifiziert,“ rief Werner aufgeregt. Viktoria befand, dass sich viel zu viele Personen im Büro aufhielten, die beiden Klosterbrüder und auch Frau Gutbrod waren jetzt überflüssig.

      „Frau Gutbrod kümmert sich darum, dass die beiden mit einem Streifenwagen ins Kloster gefahren werden. Wir treffen uns dort.“

      Natürlich wäre Hilde Gutbrod lieber hiergeblieben und hätte gerne erfahren, warum die Kollegen so euphorisch waren und um welche Frau es ging – etwa die Sandlerin, die mehrfach im Kloster nach diesem Toten gefragt hatte und ihn sprechen wollte? Genau das war es, das konnte nicht anders sein. Die beiden Klosterbrüder, besonders dieser dicke Bruder Siegmund war sehr gesprächig gewesen und sie wusste jede Einzelheit über den aktuellen Fall. In der Basilika wurde ein Bruder Benedikt getötet, der nur zu Besuch in Altötting war. Es gab eine Besonderheit, denn in der rechten Hand hielt der Tote eine Holzperle – sie musste irgendwie an die Berichte der Pathologie und der KTU kommen, um Näheres über den Toten und diese Holzperle zu erfahren. Es war nicht nett von Frau Untermaier, dass sie jetzt weggeschickt wurde, aber sie würde irgendwie an die entsprechende Information kommen. Früher oder später fand sie alles heraus. Sie schob die beiden Klosterbrüder vor sich her und begleitete sie zum Ausgang, wo der Streifenwagen bereits auf sie wartete. Ungeduldig sah sie zu, wie die beiden auf dem Rücksitz Platz nahmen. Jetzt machte sie sich umgehend auf den Weg zur KTU, denn mit der dortigen Sekretärin war sie sehr gut befreundet. Hier würde sie ganz bestimmt an die Information bezüglich dieser Holzperle kommen. Wegen des Berichts der Pathologie müsste sie sich noch was einfallen lassen, an den ranzukommen war nicht ganz so einfach – aber erst einmal ein Schritt nach dem anderen!

      2.

      „Babette Silberstein, 52 Jahre, ohne Wohnsitz, hält sich aber vorwiegend im Altöttinger Landkreis auf. Die ehemalige Krankenschwester ist bereits mehrfach wegen kleinerer Delikte aufgegriffen worden: Ruhestörung, Beleidigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt – nichts Gravierendes,“ las Werner Grössert nicht ohne Stolz vor. Es war ihm mithilfe dieses Programmes tatsächlich gelungen, die Frau trotz der schlechten Aufnahme zu identifizieren, und damit hatte er die skeptischen Kollegen restlos von diesem genialen Programm und dessen Möglichkeiten überzeugt.

      „Na toll, und wie sollen wir die Frau finden?“

      „Einschlägige Plätze, an denen sich Obdachlose treffen, gibt es in Altötting einige, die klappern wir ab und fragen uns durch. Außerdem erscheint morgen ihr Bild in der Zeitung und vielleicht weiß jemand, wo wir Frau Silberstein finden können.“ Leo war überaus euphorisch, denn es ging endlich voran. Für seine Begriffe war es ein Klacks, diese Frau ausfindig zu machen. Er drängte zum Gehen, denn die Tatsache, dass es im Kapuziner-Kloster noch einen Bruder Benedikt gibt, war für ihn von großer Wichtigkeit, das bewies ihm sein nervöser Magen, der sich seit dieser Neuigkeit ständig bemerkbar machte.

      „Werner und Hans, ihr beiden sucht nach dieser Frau. Ich fahre mit Leo ins Kapuziner-Kloster.“ Viktoria hatte natürlich bemerkt, wie nervös und aufgeregt Leo war. Sie selbst empfand das Gespräch mit diesem zweiten Bruder Benedikt als nicht ganz so wichtig – lag sie damit falsch? Hatte Leo diesmal das bessere Gespür? Sie musste lächeln, als sie in den Wagen stiegen, denn sie stellte immer wieder fest, dass sie beide sich sehr gut ergänzten. Sie war eher der Kopfmensch und für sie zählten hauptsächlich Tatsachen und Fakten, während Leo eher der Bauch- und Gefühlsmensch war. Und er sprach Dinge gerne direkt an, nannte sie beim Namen, sie tat sich damit sehr schwer. Nach ihrer bescheuerten Kur in Bad Mergentheim hatte sie sich wieder sehr gut hier eingelebt und es ging ihr gut. Im Nachhinein betrachtet war diese Kur absolut notwendig und auch sehr hilfreich, was sie aber niemals offen zugeben würde. Sie hatte nicht mehr diese schrecklichen Alpträume, die ihr den Schlaf raubten. Auch war sie wieder etwas geduldiger und aufmerksamer. Sie konnte sogar ab und zu wieder herzhaft lachen. Die Narbe machte ihr keine Probleme mehr und es gab Tage, da dachte sie nicht einmal an die ganze Geschichte, die ihr im Landratsamt Altötting widerfahren war. Bis auf diese verdammte Raucherei war ihr nichts geblieben, aber darum würde sie sich auch noch kümmern.

      Sie parkten ihren Wagen in der Burghauser Straße und gingen die wenigen Meter zu Fuß zum Kapuziner-Kloster, das sich direkt gegenüber der Gnadenkapelle und neben der Magdalenenkirche befand. Auch jetzt mussten sie sich wieder durch jede Menge Wallfahrer und Besuchermassen kämpfen, die den Kapellplatz und das weitere Umfeld bevölkerten. Instinktiv hielten sie auch nach dieser Frau Silberstein Ausschau, aber sie sahen niemanden, der auch nur annähernd nach einer Obdachlosen aussah. Wurden die hier absichtlich ferngehalten, um die Gläubigen nicht zu stören?

      An der Pforte des Kapuziner-Klosters kam ihnen Bruder Andreas bereits entgegen, offenbar hatte er nach Ihnen Ausschau gehalten und auf sie gewartet.

      „Ich habe Bruder Siegmund bereits Bescheid gegeben, er ist jeden Augenblick da und wird sie dann zu Bruder Benedikt begleiten.“

      „Vielen Dank, sehr freundlich.“

      Sie mussten tatsächlich nicht lange warten. Bruder Siegmund öffnete mit hochrotem Kopf die Tür, er war vollkommen außer Atem. Er war offenbar bei der Gartenarbeit gewesen, denn an seinen Händen waren noch Reste von Erde, die er nun an dem Tuch, das an seinem Strickgürtel eingeklemmt war, abwischte.

      „Entschuldigen Sie bitte, aber ich dachte, ich nutze die Zeit bis zu Ihrem Eintreffen. Der Herbst war heuer sehr gnädig und wir können immer noch Gemüse aus dem Garten ernten. СКАЧАТЬ