Schlussstein. Peter Gnas
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Название: Schlussstein

Автор: Peter Gnas

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783741809613

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СКАЧАТЬ bestätigte sie das Gehörte mit einem ‚Hmm’.

      „Sie können den zweiten Explosionsort bestätigen. Die Laboruntersuchungen laufen noch. Nach allem, was man über solche Attentate weiß, geht er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Sprengstoff als Ursache aus.“

      „Ist der Tatort für die Öffentlichkeit gesperrt?“, wollte Rotberg wissen.

      „Ja, es versuchen zwar immer wieder Journalisten durchzukommen, sie konnten aber stets rechtzeitig abgefangen werden. Die Presse kann also, wie wir es angeordnet hatten, nicht mehr sehen, an welchen Stellen wir arbeiten. Damit dürfte auch der Täter im Fernsehen keine Rückschlüsse auf unseren Wissensstand ziehen können.“

      „Gut“, sagte von Berghausen, „dann rufen sie bitte die Einsatzleitung der Bereitschaftspolizei zusammen. Wir treffen uns in fünfzehn Minuten im großen Besprechungsraum neben meinem Büro. Und man soll alle Beamten, die erreichbar sind, auf morgen früh vier Uhr zu ihren Revieren beordern. Auch diejenigen, die Urlaub haben oder gerade nicht im Dienst sind.“

      Sabrina Hamm rief an und gab alle Anweisungen des Polizeipräsidenten durch. Sie musste zweimal bestätigen, dass es wirklich alle Polizeibeamten sein sollten. Am Ende des Telefonats verdonnerte sie ihren Gesprächspartner zu absoluter Vertraulichkeit und wies ihn nachdrücklich darauf hin, dass auch sämtliche Polizisten Stillschweigen zu bewahren hätten.

      „Können wir die Namen und Anschriften aller Kindergartenleitungen rauskriegen?“ wollte Rotberg wissen.

      „Soweit ich es verstanden habe, wird Senator Franke das mit der Jugendsenatorin koordinieren“, meinte von Berghausen.

      „Ich schicke Wesselmann eine SMS in die Sitzung, dass wir die Daten schnellstmöglich brauchen“, sagte Sabrina Hamm und begann sofort zu tippen.

      Der Polizeipräsident unterrichtete die Einsatzleitung über die aktuelle Situation. Alle waren durch die Nachrichten informiert, dass es sich möglicherweise um einen Bombenanschlag gehandelt habe. Glauben wollte es niemand. Es gab immer wieder verrückte Anrufer, die sich zu etwas bekannten, was sie nicht getan hatten. Das Unglück im Erdbeerweg war zu drastisch – das konnte in ihren Augen nur ein Unfall gewesen sein. Die Geheimhaltung innerhalb der Polizei hatte offenbar gut funktioniert.

      Die nächsten Schritte wurden besprochen und während der Sitzung delegiert. In Bremen arbeiteten mehr als zweitausend Polizeibeamte – es war eine große Aufgabe, möglichst viele von ihnen um vier Uhr früh in die Reviere zu bekommen. Die Leiter der Dienststellen sowie alle erreichbaren Mitarbeiter der Kriminalpolizei wurden zu diesem Zweck ins Präsidium beordert. Man hatte nur wenig Zeit, diese Aufgabe zu bewältigen.

      „Wir müssen neben den Kindergarten-Leitungen auch die Schulleitungen informieren“, meinte Sabrina Hamm. „Es müssen Turnhallen vorbereitet werden, in denen wir die Kinder mit ihren Erzieherinnen unterbringen.“

      Im Präsidium befanden sich zur Stunde nicht mehr als zwanzig Personen. Das Wichtigste war zunächst, einen vernünftigen Krisenstab zu organisieren. Der Einsatzleiter der Schutzpolizei verließ mit Sabrina Hamm den Besprechungsraum, um zu telefonieren. Nach einer Dreiviertelstunde befand sich bereits eine beachtliche Mannschaft im Präsidium. Nach einer weiteren Stunde hatte man fast jede Kindertagesstätten-Leitung ausfindig gemacht. Sie wurden gebeten, sich um fünf Uhr am Morgen in der Polizeidienststelle einzufinden, die ihrer Einrichtung am nächsten lag.

      Jetzt gab es bereits viele hundert Personen, die informiert waren, dass am Morgen etwas geplant war, das mit dem Unglück im Erdbeerweg in Verbindung stand. Alle diese Menschen ahnten, dass das, was sie im Fernsehen gesehen hatten, der Wahrheit entsprach. Alle waren zu absolutem Stillschweigen verpflichtet worden.

      Wenn so viele Leute ein Geheimnis bewahren sollen, geht es meistens schief. Rotberg war gespannt, wann die erste Zeitung oder der erste Sender Wind von der Sache bekam. Dann würde das Chaos über Bremen hereinbrechen. Niemand ließ dann mehr seine Kinder aus dem Haus. Niemand fuhr dann noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Straßen würden unter der Last von tausenden zusätzlichen Autos verstopfen. Arbeitsplätze blieben unbesetzt. Es käme zu hunderten Unfällen. Verletzte könnten aufgrund völlig verstopfter Verkehrswege nicht versorgt werden.

      Rotberg mochte nicht daran denken. Im Grunde wäre es preiswerter, dem Täter das Geld zu bezahlen. So durfte er als Polizist natürlich unmöglich denken. Man konnte einen so brutalen Täter nicht davonkommen lassen.

      Viele Polizeibeamte machten sich früher als angegeben auf den Weg zu ihren Dienststellen. Oft lag es daran, dass sie nach den Ereignissen im Erdbeerweg und dem dringlichen Anruf in der Nacht kaum mehr in den Schlaf fanden. Die meisten hatten das Gefühl, sie müssten etwas tun, um Schlimmeres zu verhindern.

      In den Revieren wurden sie mit den Plänen vertraut gemacht. Man hatte aber die Weisung ausgegeben, dass um diese Uhrzeit noch keine auffällige Polizeipräsenz auf den Straßen wahrnehmbar sein sollte. Man durfte nicht riskieren, dass die Täter Wind von der Sache bekamen.

      Bremen, Dienstag 10. Februar 2009, 03.00 Uhr

      Um drei Uhr am Morgen bekam Rotberg den Anruf aus dem Labor – die gefundenen Teile wurden zweifelsfrei als Bombe bestätigt. Kurze Zeit drauf kam aus der Kriminaltechnik die Information, dass dort zwischenzeitlich versucht worden war, das Telefonat mit der Stimme des Täters auszuwerten. Auf Hintergrundgeräusche und auf einen möglichen Akzent. Die Stimme wurde mit Stimmmustern aus der Datenbank verglichen. Es gab kein Ergebnis. Der Techniker bestätigte Rotberg, dass der Anrufer seine Stimme mit einer Art elektronischem Modulator verzerrt hatte. Es könne zwar versucht werden diese Modulation gegenzufiltern, es war aber leider unklar, mit welcher Software vorher verzerrt wurde.

      Auf eine Sache legte sich der Kriminaltechniker aber fest: „Es ist ein Mann, der irgendwo in Norddeutschland im Großraum Bremen / Hannover aufgewachsen ist.“

      „Ein Dialekt?“, fragte Rotberg.

      „Ich bin kein Experte für Dialekte“, antwortete der Techniker, „der Anrufer sagte während des Gesprächs Tach statt Tag – so sprechen hier die meisten Leute. Außerdem neigen wir Bremer dazu, anstelle eines offen gesprochenen ‚A U’ nicht ‚aau’ zu sprechen – stattdessen klingt es hier mehr wie ‚O U’ also ‚oou’. Der Bremer sagt oft nicht Auto sondern Outo

      „Das höre ich mir nochmals auf dem Band an“, sagte Rotberg, „Sie sind anscheinend doch ein Experte.“

      „Nein“, antwortete der Kollege, „mir ist das nie aufgefallen. Meine Frau stammt aus dem Rheinland, die hat mich auf meine Aussprache aufmerksam gemacht, als ich sie mit ihrem Dialekt auf den Arm nahm. Ich versuche einen Sprachexperten hinzuzuziehen.“

      Rotberg bedankte sich. Er war in Bremen geboren und aufgewachsen. Auch er sagte Fluchzeuch statt Flugzeug. Das mit dem A U und dem O U war ihm bisher allerdings nicht bewusst. Er sprach leise einige Worte vor sich hin, die AU enthielten. Er neigte auch ein wenig zum OU. Er hatte immer gedacht, dass er keinen Dialekt habe. Offensichtlich gab es aber in Bremen auch so etwas, abgesehen vom Plattdeutsch.

      „Was murmelst du da vor dich hin?“, fragte Sabrina Hamm, die gerade sein Büro betrat.

      „Ich habe gerade erfahren, dass es hier in der Region auch so etwas wie einen Dialekt gibt und probiert, wie sich das anhört.“

      Er berichtete Sabina Hamm von den Gesprächen mit den beiden Kriminalexperten. Gemeinsam hörten sie sich den Telefonmitschnitt nochmals an. Jetzt hörten Sie es auch. Der Täter musste hier aufgewachsen sein. Außerdem muss er die nötige Technik für Stimmmodulation СКАЧАТЬ