Название: Compliance
Автор: Markus Böttcher
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447059
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Strafmindernd wirken sich aus:
– | das Vorhandensein eines effektiven Compliance- und Ethik-Programms, sowie |
– | eine Selbstanzeige, die Kooperation mit den Ermittlungsbehörden oder die Übernahme der Verantwortung. |
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Schließlich ist auch für Unternehmen vorgesehen, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
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Insbesondere hinsichtlich eines effektiven Compliance-Programms enthalten die „US Federal Sentencing Guidelines“ in § 8 B 2.1 konkrete Vorgaben und verpflichten die Geschäftsleitung, für die Einrichtung eines Compliance-Programms sowie einer Compliance-Organisation zu sorgen und sicherzustellen, dass die Vorgaben im Unternehmen von allen Mitarbeitern eingehalten werden. Das Unternehmen hat darüber hinaus regelmäßig mögliche Compliance-Risiken zu evaluieren und das Compliance-Programm entsprechend fortzuentwickeln. Gleiches gilt für den Fall, dass strafbare Handlungen aufgedeckt werden.
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Daraus wird ersichtlich, dass das amerikanische Recht – entsprechend der kasuistisch veranlagten angloamerikanischen Rechtstradition – sehr konkrete Vorgaben und Vorschläge für die Ausgestaltung der Compliance-Organisation eines Unternehmens enthält. Sofern deutsche Unternehmen dem internationalen Anwendungsbereich des amerikanischen Strafrechts unterliegen, sind diese Vorgaben für sie ohnehin verbindlich. Dies betrifft bspw. deutsche Unternehmen, die in den USA als Wertpapieremittent registriert sind und deren Wertpapiere an den Börsen in den USA gehandelt werden, die damit bspw. auch dem FCPA unterliegen. Sie müssen damit rechnen, bei Verstößen gegen dieses Gesetz nach amerikanischem Recht bestraft zu werden und ein Strafmaß zugemessen zu bekommen, welches den Vorgaben von Kap. 8 der US Federal Sentencing Guidelines folgt.
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Bisweilen wird die Auffassung vertreten, damit habe es aber auch sein Bewenden. Im Übrigen seien die amerikanischen Compliance-Vorstellungen kaum geeignet, Vorbild für die Ausgestaltung des Compliance-Programms in deutschen oder europäischen Unternehmen zu sein.[49] Das überzeugt nicht. Die zur Begründung dieser Ansicht üblicherweise herangezogenen Erwägungen, insbesondere zu den vermeintlich grundsätzlichen Unterschieden zwischen der kontinentaleuropäischen und der angloamerikanischen Rechtstradition und der jeweiligen Rechtssysteme, gehen fehl. Denn die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Civil Law und Common Law spielen keine Rolle, wenn es um die konkrete Ausgestaltung von Compliance-Programmen im Einzelnen geht. Im Gegenteil: Die von der konkreten Fallanschauung geprägte, kasuistisch veranlagte US-amerikanische Denkweise ist in besonderer Weise hilfreich, um die sehr abstrakten Organisationsvorgaben, welche das deutsche Gesellschaftsrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht für Compliance-Programme enthalten, zu konkretisieren. Wir können daher in diesem Bereich von den Erfahrungen in den USA sehr viel lernen. Als Nebeneffekt kommt noch hinzu, dass die USA ohnehin rein praktisch eine Schrittmacherfunktion im internationalen Geschäftsverkehr innehaben, was die Fortentwicklung von Compliance Standards und Compliance-„Best Practices“ betrifft. Es wäre daher geradezu töricht, diesen Erfahrungsschatz zu ignorieren.
4.2 Sarbanes Oxley Act
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Die für börsennotierte U.S.-amerikanische Unternehmen geltenden Compliance-Anforderungen wurden durch den „Sarbanes Oxley Act“ erheblich verschärft.
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Der zum Schutz von Investoren im Zuge der großen Bilanzmanipulationsskandale in den USA erlassene „Sarbanes Oxley Act“ aus dem Jahr 2002 zielt im Wesentlichen auf die Verbesserung der Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Unternehmensberichterstattung. Hierzu sollen insbesondere Finanzberichterstattung, „Corporate Governance“, internes Kontrollsystem und Risikomanagement beitragen und stärker gesetzlich reguliert werden.[50] Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Vorschriften in Section 404 des „Sarbanes Oxley Acts“. Diese sehen zum einen vor, dass der jährliche Finanzbericht auch einen Bericht über die internen Kontrollsysteme des Unternehmens enthalten muss und zudem auf die Verantwortlichkeit des Managements für die Einrichtung und Aufrechterhaltung angemessener interner Kontrollsysteme im Bereich der Finanzberichterstattung hinweist. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass der Bericht eine Einschätzung des Jahresabschlussprüfers sowie ein Testat darüber enthält, ob das Unternehmen hinsichtlich seiner Finanzberichterstattung ein effektives internes Kontrollsystem unterhält.
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Weitere Organisationspflichten werden in Section 301 des „Sarbanes Oxley Act“ aufgestellt. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Pflicht, ein unabhängiges „Audit Committee“ einzurichten, sowie die Möglichkeit für Mitarbeiter zu schaffen, dem Audit Committee anonym Beschwerden und Hinweise zu den Themen Buchführung, interne Kontrollen und Jahresabschlussprüfung zukommen zu lassen („whistleblowing“).
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Für deutsche Unternehmen, welche an einer US-amerikanischen Börse notiert sind, bedeutet dies, dass zusätzlich zu den ohnehin geltenden Regelungen des deutschen Aktien- und Kapitalmarktrechts auch die strengen Vorschriften des „Sarbanes Oxley Acts“ eingehalten werden müssen. Dies hat zur Folge, dass auf allen Ebenen des Unternehmens, einschließlich seiner Tochtergesellschaften, entsprechende Prozesse etabliert werden müssen, um die Einhaltung von Section 404 des „Sarbanes Oxley Acts“ zu gewährleisten – was neben dem entsprechenden Know-how des lokalen Managements entsprechende Investitionen in die Compliance-Organisation erfordert.
5. Rechtsvergleichender Ausblick: Das Vereinigte Königreich als Treiber für die Fortentwicklung europäischer Compliance?
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Mit Inkrafttreten des U.K. Bribery Act[51] am 1.7.2011 trat neben den US-amerikanischen FCPA ein weiteres Regelungswerk, das insbesondere im Hinblick auf seinen territorialen Anwendungsbereich[52] und die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen[53] international Beachtung fand und kontrovers diskutiert wurde. Nach dem durch offene Rechtsbegriffe geprägten Wortlaut der entsprechenden Vorschriften des U.K. Bribery Act können Unternehmen, die einen geschäftlichen Bezug zum Vereinigten Königreich aufweisen, für Bestechungshandlungen mit dem Unternehmen assoziierter Personen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Beachtenswert ist, dass hierbei keine Prüfung der Schuldfrage vorgenommen wird[54] – der Nachweis eines effektiven Compliance-Systems stellt die einzige Möglichkeit für das Unternehmen dar, sich zu exkulpieren.
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Sowohl hinsichtlich des in seiner Reichweite teilweise unklaren Tatbestands der Section 7 Bribery Act 2010 als auch der Anforderungen an ein effektives Compliance-System, hat das U.K. Ministry of Justice im März 2011 einen im U.K. Bribery Act vorgesehenen[55] Leitfaden herausgegeben,[56] der beide Aspekte präzisiert und sechs Prinzipien für ein effektives Compliance-System aufstellt:[57]
– | Angemessenheit der Prozesse (proportionate procedures), |
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