Название: Compliance
Автор: Markus Böttcher
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447059
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Aus alledem wird deutlich, dass die im Ordnungswidrigkeitenrecht enthaltenen Organisationspflichten die gesellschaftsrechtlichen Organisationspflichten hinsichtlich der Sicherstellung organisierter Rechtschaffenheit im Unternehmen ergänzen und flankieren. Gleichwohl ist es wichtig, hierbei das richtige Rangverhältnis im Auge zu behalten. An erster Stelle stehen die gesellschaftsrechtlichen Pflichten; denn sie begründen eine allgemeine Legalitätspflicht, aus der entsprechende Organisationspflichten erwachsen. Die Pflichten des Ordnungswidrigkeitenrechtes setzen dagegen stets einen strafbaren oder zumindest ordnungswidrigen Compliance-Verstoß voraus und sind daher im Ausgangspunkt enger als die gesellschaftsrechtliche Legalitätspflicht. In praktischer Hinsicht darf allerdings nicht übersehen werden, dass die im täglichen Leben besonders relevanten Compliance-Felder durchgängig straf- bzw. bußgeldbewehrt sind, wie nicht zuletzt ein Blick auf die Bereiche Korruption,[35] Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Insiderrecht, Kapitalmarktpublizität, Kartellrecht und Produktsicherheit zeigt. Insoweit treten die ordnungswidrigkeitenrechtlichen Organisationspflichten gleichberechtigt neben die diesbezüglichen gesellschaftsrechtlichen Pflichten.
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Auf Ebene des Strafrechts ist schließlich im Hinblick auf Compliance-Pflichten die mögliche Geschäftsleiterhaftung wegen Unterlassens zu beachten, auch soweit es um Straftaten aus dem Unternehmen heraus gegenüber Dritten geht. Eine derartige Garantenpflicht gegenüber unternehmensexternen Dritten hat der BGH für den Leiter der Rechtsabteilung und Innenrevision einer Anstalt des öffentlichen Rechts angenommen und in einem obiter dictum ausdrücklich eine regelmäßige Garantenstellung von Compliance Officern für die Verhinderung von aus dem Unternehmen heraus begangenen Straftaten postuliert.[36]
3. Spezialgesetzliche Compliance-Pflichten
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Neben den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Grundlagen einer Compliance-Organisation existieren spezialgesetzliche Compliance-Vorschriften. Einige dieser Vorschriften, wie z.B. § 12 Abs. 1 AGG,[37] sind grundsätzlich auf alle Unternehmen anwendbar, andere Vorschriften hingegen lediglich branchen- oder tätigkeitsspezifisch. Letzteres gilt bspw. für die besonderen Compliance-Pflichten von Finanzdienstleistern,[38] Banken und Versicherungen oder die zusätzlichen Organisationspflichten, denen börsennotierte Unternehmen im Hinblick auf die Vermeidung von Insiderhandel und zur Sicherstellung der Ad-hoc-Publizität unterliegen.[39] Historisch handelt es sich dabei um die vermeintlich älteren, jedenfalls früher entdeckten Compliance-Pflichten. Vermeintlich älter deshalb, weil die aus dem Gesellschafts- und dem Ordnungswidrigkeitenrecht fließenden Organisationspflichten ihrerseits seit viel längerer Zeit existieren, nur wurden sie erst in jüngerer Zeit als allgemeine Rechtsquellen der Compliance-Organisation entdeckt.[40]
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Daraus erklärt sich auch die vor einigen Jahren geführte Debatte, ob sich aus den spezialgesetzlichen Compliance-Pflichten im Wege einer Gesamtanalogie eine allgemeine rechtliche Grundlage für Compliance ableiten lasse.[41] Dies war eine letztlich nicht erforderliche Diskussion; denn wie wir heute wissen, folgen Compliance-Pflichten bereits aus dem Gesellschaftsrecht und dem Ordnungswidrigkeitenrecht, wie oben ausführlich dargelegt wurde. Insbesondere in Konzernen können spezialgesetzliche Organisationspflichten denn auch nur innerhalb der gesellschaftsrechtlich gesetzten Grenzen bestehen.[42]
4. Rechtsvergleichender Ausblick: Die USA als „Mutterland“ der Compliance?
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Die USA werden nach wie vor vielfach als das Mutterland der modernen Compliance-Bewegung angesehen. Wie dargelegt, ist dies jedenfalls im grundsätzlichen Ausgangspunkt so nicht zutreffend. Compliance verstanden als organisierte Rechtschaffenheit des Unternehmens im Geschäftsverkehr ist eine moderne Ausprägung des seit langem bekannten Leitbildes eines ehrbaren Kaufmanns. Nichtsdestotrotz ist nicht zu übersehen, dass die daraus für den modernen Geschäftsverkehr und moderne, komplexe Unternehmens- und Konzernstrukturen abzuleitenden konkreten Folgerungen in den USA viel früher diskutiert wurden als in Europa und auch in Deutschland, und dass uns daher die USA nach wie vor in der konkreten Umsetzung der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Compliance weit voraus sind. Rechtliche Grundlage der Compliance in den USA sind insbesondere die „US Federal Sentencing Guidelines“, und dort namentlich der Abschnitt über die Unternehmensstrafe.[43] Flankiert und verschärft wurde das Recht der Compliance für börsennotierte Unternehmen zuletzt maßgeblich durch den Sarbanes Oxley Act.[44] Die Aufdeckung von Verstößen durch Unternehmensmitarbeiter wurde ferner durch den Dodd-Frank-Act[45] deutlich incentiviert, der eine Belohnung für originäre Hinweise auf den Behörden bislang nicht bekannte Umstände im Hinblick auf die Verletzung von U.S. wertpapierrechtlichen Vorschriften in Höhe von insgesamt 10 % bis 30 % einer erfolgreich verhängten Strafe vorsieht. Unter die Kategorie wertpapierrechtlicher Vorschriften fällt dabei auch der US Foreign Corrupt Practices Act (FCPA),[46] der u.a. die Bestechung ausländischer Amtsträger sanktioniert.
4.1 Kapitel 8 der US Federal Sentencing Guidelines
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Die USA kennen seit langem, anders als bspw. Deutschland, die Unternehmensstrafe. Wenngleich auch in Deutschland seit einiger Zeit Diskussionen darüber geführt werden, ob neben § 30 OWiG auch eine Kriminalstrafe für Unternehmen eingeführt werden soll,[47] ist es in anderen Ländern, einschließlich den USA schon lange anerkannt, dass auch juristische Personen und sonstige Personenvereinigungen als solche „bestraft“ werden können und sollen. Bekanntlich ist das Recht der Strafzumessung in den USA, anders als in Deutschland, sehr detailliert geregelt. Wesentliche Rechtsgrundlage sind die besagten „US Federal Sentencing Guidelines“, die regelmäßig überarbeitet und aktualisiert werden. Kap. 8 der „US Federal Sentencing Guidelines“ enthält demgemäß ausführliche und spezielle Strafzumessungserwägungen für Unternehmen.
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Das Unternehmen soll zur Wiedergutmachung des von ihm verursachten Schadens verurteilt werden. Die Strafhöhe soll sich an der Schwere der Tat orientieren. Diese wird entweder über die Höhe des erlangten Vorteils, die Höhe des verursachten Schadens oder über eine Schadenstabelle bestimmt, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Die Schwere der Schuld wird durch sechs Faktoren konkretisiert, von denen vier strafverschärfend und zwei strafmildernd sind.[48] Diese Faktoren werden in einer konkreten Handlungsanweisung ausgewertet, um die Schwere der Schuld („Culpability Score“) zu bestimmen. Strafschärfend wirken sich aus:
– | die Beteiligung an einer oder Duldung einer strafbaren Handlung, |
– | die Vorgeschichte des Unternehmens, |
– |
die
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