Название: Compliance
Автор: Markus Böttcher
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447059
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Die wesentlichen, unseres Erachtens allgemeingültigen Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance sind folgende: Compliance als Leitungsaufgabe (Tone at the top), der Grundsatz der Risikoadäquanz, Compliance als Organisationsaufgabe, die Grundsätze der Ausdrücklichkeit und der Schriftlichkeit, Compliance als Schulungsaufgabe und der Grundsatz der angemessenen Überwachung und Kontrolle.
1. Compliance als Leitungsaufgabe
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Wie dargelegt, sind die gesellschaftsrechtlichen und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Organisationspflichten des Geschäftsleiters die wesentliche Rechtsquelle der Compliance. Daraus folgt von Rechts wegen, dass ein unveräußerlicher Kernbereich der Compliance in der Verantwortung des Geschäftsleiters bleiben muss und nicht delegiert werden darf. Compliance ist daher schon de jure eine Leitungsaufgabe.[2] De facto ist ein effektives Compliance-Programm schlechthin unmöglich, wenn Rechtschaffenheit im Geschäftsverkehr nicht von der Führungsmannschaft eines Unternehmens vorgelebt wird. Der richtige „tone at the top“[3] ist daher der erste und wichtigste Grundsatz ordnungsgemäßer Compliance. Die Geschäftsleitung muss sich ohne Wenn und Aber zu rechtmäßigem und rechtschaffenem Verhalten im Geschäftsverkehr bekennen. Sie muss klare Grenzen ziehen und unmissverständlich kommunizieren, dass das Unternehmen ausschließlich legale Geschäfte macht und auf solche Geschäfte verzichtet, die nur durch Rechtsbruch (bspw. Korruption) erlangt werden können.
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Es liegt nahe, den tone at the top durch entsprechende Incentivierungen und De-Incentivierungen zu flankieren. In die variable Vergütung einer Führungskraft sollte mit einfließen, wie erfolgreich die Compliance-Bemühungen der betreffenden Person in ihrem Verantwortungsbereich waren. Auch Aufstiegsmöglichkeiten sollten mit Compliance verbunden werden. Wer sich Compliance-Verstöße zuschulden kommen lässt oder in wessen Verantwortungskreis erhebliche Compliance-Verstöße vorgefallen sind, dessen Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen sollten begrenzt sein.
2. Grundsatz der Risikoadäquanz
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Der zweite wesentliche Grundsatz ordnungsgemäßer Compliance neben der rechten Einstellung in der Geschäftsleitung lautet: Die Compliance-Bemühungen eines Unternehmens müssen in einem adäquaten Verhältnis zum Risikoprofil des Unternehmens stehen. Dazu ist in einem ersten Schritt eine umfassende Risikoanalyse erforderlich. Die Geschäftsleitung bzw. die von ihr beauftragten Personen müssen diejenigen Risikobereiche identifizieren, in denen das Unternehmen wesentlichen Gefahren rechtsuntreuen Verhaltens ausgesetzt ist. Wer bspw. in großem Umfang Geschäfte mit regierungsnahen Institutionen in traditionell korruptionsgefährdeten Ländern betreibt, wird um eine Anti-Korruptions-Compliance nicht herumkommen. Das 4. Kap. stellt die möglichen Bereiche umfassend dar. Aufgabe jedes einzelnen Unternehmens ist es, sich selbst einer kritischen Überprüfung zu unterziehen, welche dieser Bereiche für das Unternehmen einschlägig sind.
3. Compliance als Organisationsaufgabe
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Sind die einschlägigen Risikobereiche eines Unternehmens identifiziert, müssen in einem nächsten Schritt diejenigen Organisationsmaßnahmen ergriffen werden, die sicherstellen sollen, dass in den identifizierten Risikobereichen Rechtsverstöße möglichst vermieden werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es in der Regel nicht ausreicht, den Ressortzuständigen für einzelne Geschäftsbereiche Rechtstreue und Rechtschaffenheit besonders ans Herz zu legen. Vielmehr ist eine spezifische Compliance-Organisation erforderlich, an deren Spitze ein Compliance-Verantwortlicher für das gesamte Unternehmen steht, in der Regel Chief Compliance Officer genannt. Der Chief Compliance Officer muss eine möglichst kurze Berichtslinie zur Geschäftsleitung haben. Entweder sollte er direkt darunter oder mit nur einer weiteren Hierarchiestufe dazwischen angesiedelt sein. Vielfach ist der Chief Compliance Officer Jurist und als solcher in die Rechtsabteilung eines Unternehmens integriert. Andere Unternehmen setzen auf eine organisatorisch verselbstständigte Compliance-Abteilung außerhalb bzw. neben der Rechtsabteilung.[4] Das eine wie das andere Modell kann zweckmäßig sein. Einen eindeutigen Best Practice-Standard gibt es insoweit bislang nicht.
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Der Chief Compliance Officer benötigt in der Regel einen organisatorischen Unterbau mit sachlichen und personellen Ressourcen. Dies müssen nicht notwendigerweise ausschließlich Vollzeitkräfte sein. Auch in einem mittelständischen Unternehmen empfiehlt es sich, die Compliance-Verantwortung nicht auf den Schultern einer einzelnen Person lasten zu lassen. Für Tochtergesellschaften und Niederlassungen sollten bestimmte Mitarbeiter – neben ihren sonstigen Aufgaben – zumindest auch für Compliance-Aufgaben mit zuständig sein.
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Wesentlich ist dabei, dass ein zentrales Reporting zum Chief Compliance Officer des Unternehmens bzw. des Konzerns eingerichtet wird. Der Chief Compliance Officer muss also auf seine Compliance-Beauftragten in Tochtergesellschaften und Niederlassungen „durchregieren“ können. Wären die Compliance-Beauftragten ausschließlich dem jeweiligen lokalen Management unterstellt, wären Interessenkonflikte und eine wenig effektive Compliance-Arbeit nahezu zwangsläufig die Folge. Einzelheiten zur Ausgestaltung einer Compliance-Organisation finden sich im 3. Kap. Rn. 1 ff., 42 ff.
4. Grundsatz der Ausdrücklichkeit und der Schriftlichkeit
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Es versteht sich von selbst, dass die wesentlichen Compliance-relevanten Informationen in einem Unternehmen schriftlich niedergelegt sein müssen und dass die wichtigsten Compliance-kritischen Situationen in diesen schriftlichen Unterlagen ausdrücklich adressiert werden müssen, um den Mitarbeitern konkrete Handreichungen für ihr tägliches Tun zu geben. So hat es sich eingebürgert, allgemeine und grundsätzliche Bekenntnisse des Unternehmens zur Rechtschaffenheit im Geschäftsverkehr in einem schriftlichen Regelwerk, einem Code of Conduct oder Code of Ethics niederzulegen, der mit spezifischem Fokus auf die Risikobereiche des betroffenen Unternehmens die wesentlichen Compliance-Bereiche abdeckt. Flankiert werden Codes of Conduct regelmäßig durch bereichsspezifische Compliance-Richtlinien, bspw. für die Themen Korruption, Kartellrecht, Diskriminierungsfreiheit und vieles andere mehr. Diese schriftlichen Unterlagen schaffen vor allem dann Mehrwert für die tägliche Unternehmenspraxis, wenn sie nicht lediglich Verbote aufstellen, sondern zugleich Hilfestellungen enthalten, welche Verhaltensweisen in kritischen Situationen erlaubt bzw. empfehlenswert sind. Es nützt bspw. wenig, ein Verbot unangemessen hoher Bewirtungsaufwendungen zu erlassen, ohne gleichzeitig zu sagen, bis zu welchen Grenzen die Bewirtung von Geschäftspartnern grundsätzlich zulässig und unproblematisch ist.
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Zum Schriftlichkeitsgrundsatz gehört auch die Verwendung von alltagstauglichen Mustern und Formularen. So sollte bspw. im Bereich der Korruptionsbekämpfung die Einbindung von Vertriebsmittlern und Intermediären auf Basis standardisierter „Due Diligence“-Fragebögen bewertet werden.[5] Kommt es zum Vertragsschluss mit einem solchen Vertriebsmittler, sollten standardmäßige Compliance-Klauseln verwendet werden.[6] Für Einzelheiten s. auch 5. Kap. Rn. 323 ff.
5. СКАЧАТЬ