Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
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In Deutschland finden sich Regelungen zur Sprache der Veröffentlichung in § 3b WpAV. Dort ist auch geregelt, wann eine Veröffentlichung auch in Deutschland in englischer Sprache möglich ist. Dies ist unter anderem der Fall für Emittenten mit Sitz im Ausland oder für Emittenten, die bei der BaFin einen Prospekt in englischer Sprache für die Wertpapiere, auf die sich die Information bezieht, hinterlegt haben.
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Liegt eine Insiderinformation vor, die sowohl das Mutter- als auch das Tochterunternehmen in einem Konzern unmittelbar betrifft, so ist sowohl durch das Mutter- als auch durch das Tochterunternehmen eine Veröffentlichung vorzunehmen, sofern letzteres ebenfalls eine ad-hoc-verpflichteter Emittent ist.[58] Damit die Unternehmen eines Konzerns Kenntnis der Insiderinformation erlangen, sind laut dem LG Stuttgart die Unternehmen so zu organisieren, dass relevantes Wissen weitergeleitet und bei gegebenem Anlass abgefragt wird, wobei sich aus dem Marktmissbrauchsrecht ein abgeleiteter kapitalmarktrechtlicher Informationsanspruch ergeben kann.[59]
2. Teil Emittenten-Compliance › 3. Kapitel Ad-hoc-Publizität in Unternehmen › C. Umgang mit gestreckten Sachverhalten
I. Überblick
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Umstritten war lange Zeit die Behandlung zeitlich gestreckter Sachverhalte. Es handelt sich hierbei um Vorgänge, bei denen über mehrere Zwischenschritte ein bestimmter Umstand verwirklicht oder ein bestimmtes Ereignis herbeigeführt werden soll.[60] Beispiele sind Sachverhalte wie im Fall „Schrempp“[61] und insbesondere Unternehmensübernahmen, die sich regelmäßig über eine Exklusivitätsvereinbarung, die Durchführung einer Due Diligence, den Abschluss eines Letter of Intent, weiteren Verhandlungen, einer grundsätzlichen Einigung, einer Vorstands- und ggf. Aufsichtsratsentscheidung bis hin zur Vertragsunterzeichnung verdichten.[62] Ein weiteres Beispiel ist die Ermittlung von Geschäftszahlen, die im Verlauf eines Prozesses bis zu ihrer Behandlung durch den Vorstand zunehmend verlässlicher hinsichtlich ihrer Aussagekraft werden.
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Bei der Diskussion geht es zum einen um die Frage, ob auch Zwischenschritte isoliert betrachtet unter den Begriff der Insiderinformation subsumiert werden können, zum anderen um die Frage, welcher Maßstab bei der Beurteilung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit künftiger Ereignisse anzulegen ist.
II. Isolierte Betrachtung von Zwischenschritten
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Die Frage ob auch Zwischenschritte konkrete Informationen sein können, hat der europäische Gesetzgeber in Art. 7 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3 MAR gelöst und zum Teil die Rechtsprechung der Daimler/Geltl-Entscheidung[63] aufgenommen.
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Der EuGH hatte am 28.6.2012 in der Daimler/Geltl-Entscheidung ausgeführt, dass bei einem zeitlich gestreckten Vorgang, bei dem ein bestimmter Umstand verwirklicht oder ein bestimmtes Ereignis herbeigeführt werden soll, nicht nur dieser Umstand oder dieses Ereignis eine präzise (konkrete) Information im Sinne des Insiderrechts sein kann, sondern auch die mit der Verwirklichung des Umstands oder Ereignisses verknüpften Zwischenschritte dieses Vorgangs.
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In Art. 7 Abs. 3 MAR heißt es nun ausdrücklich: „Ein Zwischenschritt in einem gestreckten Vorgang wird als eine Insiderinformation betrachtet, falls er für sich genommen die Kriterien für Insiderinformationen gemäß diesem Artikel erfüllt.“ und kodifiziert damit in diesem Punkt die schon durch den EuGH geschaffene Rechtslage.
III. Hinreichende Eintrittswahrscheinlichkeit
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Gem. § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG a.F. konnte ein in der Zukunft liegendes Ereignis nur dann Gegenstand einer Insiderinformation sein, wenn es hinreichend wahrscheinlich war. Diese Vorgabe fand sich in Art. 1 Abs. 1, 1. Fall RL 2003/124/EG. Andere Fassungen der Richtlinie nutzten nicht den Begriff der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, sondern forderten eine Auseinandersetzung damit, ob das Ereignis „vernünftigerweise erwartet“ wird.[64] Auch Art. 7 Abs. 2 S. 1 MAR verlangt eine Prüfung, ob der Eintritt des Ereignisses „vernünftigerweise erwartet“ werden kann.[65]
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Schon über die Frage, ab wann der Eintritt eines zukünftigen Umstands „hinreichend wahrscheinlich“ ist, bestand in Rechtsprechung und Literatur keine Einigkeit.
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Die herrschende Meinung verlangte für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG a.F. eine überwiegende d.h. eine Eintrittswahrscheinlichkeit von mindestens 50 % plus 1 %[66] und zum Teil deutlich darüber.[67] Danach muss der Eintritt eines Ereignisses zumindest näher liegen als sein Nichteintritt.[68] Nach anderer Auffassung ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit i.S.d. § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG a.F. als bewegliche Größe zu verstehen, bei der es nicht allein auf die Eintrittswahrscheinlichkeit ankommt, sondern zusätzlich die zu erwartenden Auswirkungen beim Emittenten zu berücksichtigen sind (Probability Magnitude Test).[69] Bei massiven Auswirkungen und entsprechend zu erwartenden Kursausschlägen, wie z.B. bei einer bedeutenden Übernahme, kann nach dieser Auffassung auch eine deutlich geringere als eine 50 %-Wahrscheinlichkeit ausreichen.
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Schon der EuGH erteilte in seinem Daimler/Geltl-Urteil der Auffassung wonach es für die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichen soll, dass der Eintritt der Information weder unmöglich noch unwahrscheinlich ist, sofern sie nur in hohem Maße kursrelevant ist (Probability Magnitude Test), aus rechtssicherheits- sowie systematischen Erwägungen eine Absage.[70] Die Aussagen des EuGH wurden überwiegend dahingehend interpretiert, dass für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, wie bisher schon von der herrschenden Meinung vertreten, eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 50 + 1 % erforderlich aber auch ausreichend ist.[71] Eine hohe Wahrscheinlichkeit muss demnach nicht vorliegen.[72] In der Praxis geht es dabei nicht um die (unmögliche) Bestimmung von präzisen Wahrscheinlichkeiten sondern um die Frage, ob der Eintritt eines Ereignisses wahrscheinlicher ist als sein Nichteintritt.[73]
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Auch die MAR folgt dem EuGH in Erwägungsgrund Nr. 16 S. 2 MAR. Die Schwelle, wonach der Eintritt eines Ereignisses „vernünftigerweise erwartet“ werden kann, ist überschritten, wenn „eine realistische“ Wahrscheinlichkeit für dessen Eintritt. d.h. eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (50 % plus 1 %),[74] besteht. Auch den Probability Magnitude Test hat der europäische Gesetzgeber im Einklang mit dem EuGH in Erwägungsgrund Nr. 16 S. 3 MAR abgelehnt.
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In Konsequenz seiner Auffassung, dass auch Zwischenschritte präzise bzw. konkrete Informationen sein können, stellte der EuGH 2012 in einem obiter dictum[75] zusätzlich fest, dass die mögliche Qualifikation von Zwischenschritten als Insiderinformationen nicht nur für bereits existierende Schritte gilt, sondern auch für solche, bei denen mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass sie in Zukunft eintreten werden.[76]
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