Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
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Bei der Beurteilung der Frage, wann im Einzelfall die Ad-hoc-Publizitätspflicht eintritt, sieht sich der Rechtsanwender mit unbestimmten Rechtsbegriffen konfrontiert, deren Auslegung in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist. Als Auslöser für die Ad-hoc-Publizitätspflicht kommt dabei dem Begriff der Insiderinformation im Sinne des Art. 7 MAR eine Schlüsselrolle zu.[12]
II. Anwendungsbereich
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Gem. Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 3 MAR treffen die Ad-hoc-Publizitätspflichten nicht nur Emittenten deren Wertpapiere am regulierten Markt zugelassen sind[13] sondern erfasst nunmehr Emittenten von Finanzinstrumenten,[14] deren Zulassung an einem geregelten Markt[15] beantragt oder genehmigt[16] wurde und Emittenten die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung an einem multilateralen oder organisierten Handelssystem[17] erhalten haben bzw. die Zulassung zum Handel an einem multilateralen Handelssystem (MTF) beantragt haben. Somit haben die Regelungen zur Ad-hoc-Publizität eine Erweiterung erfahren und erfassen unter anderem auch Freiverkehrsemittenten.
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In Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 3 MAR und auch im Erwägungsgrund Nr. 49 S. 5 MAR wird jedoch explizit klargestellt, dass der Emittent nur verpflichtet ist Insiderinformationen offenzulegen, „wenn er die Zulassung des Finanzinstruments zum Handel beantragt oder genehmigt hat.“ Die Zustimmung zum Handel bzw. die Genehmigung ist nicht durch ein bloßes zur Kenntnisnehmen des Emittenten möglich, sondern dieser muss wissentlich und willentlich dem Handel zugestimmt haben.[18] Dies kann durch den Antrag des Emittenten oder von ihm beauftragten Dritten auf Zulassung/Einbeziehung zum Handel im MTF geschehen oder auch durch eine Genehmigung des Emittenten zur Zulassung/Einbeziehung der Wertpapiere zum Handel durch einen Dritten.[19]
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Die Transparenzpflicht beginnt gem. Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 3 MAR mit der Antragstellung beziehungsweise mit der Zustimmung/Genehmigung des Emittenten zum Handel.[20]
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Gleichsam gelten die Vorschriften zur Ad-hoc-Publizität auch für Emittenten an organisierten Handelssystemen[21] und für Teilnehmer am Emissionszertifikatemarkt.[22]
1. Präzise Information
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Eine Insiderinformation ist gem. der gesetzlichen Definition (i) eine präzise Information (ii) über nicht öffentlich bekannte Umstände, die (iii) direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrument(e) betreffen und die (iv) geeignet ist, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen.
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Nach Art. 7 Abs. 2 MAR sind Informationen dann als präzise anzusehen, (i) wenn damit eine Reihe von Umständen gemeint ist, die bereits gegeben sind oder (ii) bei denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie in Zukunft gegeben sein werden, oder (iii) ein Ereignis, das bereits eingetreten ist oder von dem man vernünftigerweise erwarten kann, dass es in Zukunft eintreten wird, und (iv) diese Informationen darüber hinaus spezifisch genug sind, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Reihe von Umständen oder dieses Ereignisses auf die Kurse der Finanzinstrumente oder des damit verbundenen derivativen Finanzinstruments, der damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakte oder der auf den Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekte zuzulassen.
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Im Mittelpunkt der rechtlichen Diskussion stand zeitweilig dabei die Frage, ob auch Zwischenschritte konkrete Informationen sein können und welche Anforderungen an eine hinreichende Eintrittswahrscheinlichkeit zu stellen sind. Vgl. dazu Rn. 38 ff.
Darüber hinaus ist umstritten, ob auch unwahre kurserhebliche, einen Emittenten betreffende Tatsachenbehauptungen konkrete Informationen und damit Insiderinformationen sein können. Dies wird überwiegend bejaht, wenn die unwahre Aussage (i) Informationen über Umstände oder Ereignisse zum Gegenstand hat (ii) und sie, anders als ein Gerücht, mit Geltungsanspruch mitgeteilt wurde.[23] Entscheidend sei allein, ob die Information zum Zeitpunkt ihrer Erlangung, wäre sie öffentlich bekannt geworden, als zutreffende Information angesehen worden wäre und geeignet gewesen wäre, den Kurs der betroffenen Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen.[24]
2. Nicht öffentlich bekannt
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Nicht öffentlich bekannt ist eine Insiderinformation, solange sie nicht einer unbestimmten Zahl von Personen zugänglich ist.[25]
Erforderlich hierfür ist, dass die Insiderinformation einer unbestimmten Zahl von Personen zeitgleich, etwa durch ein allgemein zugängliches, elektronisches Informationsverbreitungssystem, zugänglich gemacht wurde. Eine Bekanntgabe der in Rede stehenden Information im Rahmen einer Pressekonferenz oder einer Hauptversammlung genügt nicht dem Erfordernis der Information einer unbestimmten Zahl von Personen.[26]
3. Umstände, die sich auf den Emittenten oder das Finanzinstrument selbst beziehen
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Eine Insiderinformation muss sich lediglich auf einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstrumenten oder das Finanzinstrument selbst beziehen.[27] Eine Insiderinformation kann folglich auch dann vorliegen, wenn die preisbeeinflussenden Umstände nicht ausschließlich im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten sind oder sich nicht unmittelbar auf den Emittenten oder das Finanzinstrument beziehen. Auch Emittenten nur mittelbar betreffende Umstände, wie z.B. Zinsbeschlüsse von Notenbanken, können bei erheblichem Kursbeeinflussungspotenzial daher Insiderinformationen sein.[28]
4. Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung
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Als erheblich kursbeeinflussend gilt eine Information dann, wenn sie ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde.[29] Verständige Investoren stützen ihre Anlageentscheidungen auf Informationen, die ihnen vorab zur Verfügung stehen (Ex-ante-Informationen).[30] Die Prüfung der Frage, ob ein verständiger Investor einen bestimmten Sachverhalt oder ein bestimmtes Ereignis im Rahmen seiner Investitionsentscheidung wohl berücksichtigen würde, sollte folglich anhand der Ex-ante-Informationen erfolgen. Eine solche Prüfung sollte auch die voraussichtlichen Auswirkungen der Informationen in Betracht ziehen, insbesondere unter Berücksichtigung der Gesamttätigkeit des Emittenten, der Verlässlichkeit der Informationsquelle und sonstiger Marktvariablen, die das Finanzinstrument, die damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakte oder die auf den Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekte unter den gegebenen Umständen beeinflussen dürften.[31] Ohne Relevanz ist dabei, ob sich aus ex-ante Sichtweise der Kurs nach oben oder unten entwickelt.[32] Eine besondere Bedeutung kann diesem Umstand insbesondere bei СКАЧАТЬ