Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
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Nicht geregelt in § 88 AktG ist der Fall des Wettbewerbsverbots nach Beendigung des Vorstandsmandates. Sinnvoll ist ein solches Verbot insbesondere aber nicht nur bei technologielastigen Unternehmen. Solche Unternehmen haben das Bedürfnis ihr Know-How, welches die Basis ihres unternehmerischen Erfolges ist, auch über die Beendigung der Tätigkeit eines Vorstandsmitglieds hinaus zu schützen. Das ausscheidende Vorstandsmitglied könnte ansonsten sein während der bisherigen Vorstandstätigkeit hinzugewonnenes Know-How bei einem Wettbewerber nutzen. Festzuhalten ist insofern zunächst, dass ein Vorstandsmitglied von Gesetzes wegen keinem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt und sich ein solches auch nicht aus einer Analogie zu § 88 AktG ableiten lässt.[48] Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot besteht daher nur, wenn es – z.B. im Vorstandsdienstvertrag – vertraglich vereinbart wurde.[49] Die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB gelten wegen ihres Sozialschutzcharakters grundsätzlich nicht entsprechend für Organmitglieder.[50]
Praxishinweis:
Jedes Vorstandsmitglied unterliegt während seiner Amtszugehörigkeit einem sehr weitreichenden Wettbewerbsverbot. Andere unternehmerische Tätigkeiten müssen im Voraus vom Aufsichtsrat genehmigt werden. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot besteht demgegenüber nur, wenn es vereinbart wurde.
2. Umgang mit ungerechtfertigten Zuwendungen und Vorteilen
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Ziff. 4.3.2 DCGK hat die Vermeidung von Korruption zum Gegenstand.[51] Der Kodex normiert hier das Verbot der aktiven und passiven Bestechung. Die Annahme von ungerechtfertigten Zuwendungen und Vorteilen stellt in aller Regel Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr im Sinne des § 299 StGB dar und kann auch den Untreuetatbestand (§ 266 StGB)[52] begründen. Die gesetzliche Haftung der Unternehmen für das Verhalten ihrer Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder ist in §§ 30 und 130 OWiG normiert. Auch an dieser Stelle gibt der DCGK mit anderen Worten die bereits geltende Rechtslage wieder, enthält aber keine Anregungen oder Empfehlungen dazu, wie deren Einhaltung sichergestellt werden soll. In der Praxis bieten sich nationale Richtlinien der öffentlichen Verwaltung (z.B. Richtlinie der Bundesregierung zur Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung oder Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung in der Polizei Berlin) oder Empfehlungen internationaler Organisationen zur Orientierung an.[53]
Entgegen der grundsätzlichen Systematik, die in Ziff. 4 DCGK ausschließlich den Vorstand betreffende Vorschriften vorsieht, richtet sich 4.3.2 DCGK auch an Mitarbeiter. Hintergrund ist, dass auch Angestellte Täter von Bestechungsdelikten sein können (vgl. § 299 StGB) und den Vorstand auch insofern Compliance-Verantwortung treffen kann.[54] Dies liegt primär daran, dass Bestechungsskandale stets medienträchtig sind und für die betroffenen Unternehmen nicht nur finanzielle, sondern auch erhebliche Image-Schäden nach sich ziehen.[55] Korruptionsdelikte können auch durch Auslandssachverhalte verwirklicht werden. Darüber hinaus können ausländische Bestechungsverbote auch das Verhalten deutscher Emittenten und ihrer Mitarbeiter erfassen. Zu nennen sind insbesondere der UK Bribery Act von 2011, der alle Unternehmen mit Geschäftstätigkeit in Großbritannien einbezieht und der US Foreign Corrupt Practices Act von 1977 (FCPA), der sich auf Unternehmen mit US-amerikanischer Börsenzulassung und Korruptionssachverhalte mit USA-Berührung erstreckt.[56]
Praxishinweis:
In der Praxis empfiehlt es sich, firmenspezifische Regelungen mit klaren Wertgrenzen aufzustellen, die für alle Mitarbeiter und auch Führungskräfte verbindlich sind. Ein weiterer wichtiger Baustein zur Korruptionsprävention ist die Erhöhung der Transparenz im Unternehmen. Dies kann beispielsweise durch die Einführung des Vier-Augen-Prinzips erreicht werden. Eine besondere Sorgfalt sollte dabei in den Bereichen der Auftragsannahme und Auftragsvergabe gelten. Die Prozesse der Auftragsannahme, der Auftragserfüllung und der Auftragsüberprüfung sollten gerade voneinander getrennt werden, gerade auch in personeller Hinsicht (Prinzip der Funktionstrennung).
3. Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse
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Die Verpflichtung der Mitglieder des Vorstandes auf das Unternehmensinteresse ist in Ziff. 4.3.1. DCGK festgeschrieben. Der DCGK enthält in der Präambel (Abs. 2) die „Legaldefinition“ – wörtlich habe der Vorstand „für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung zu sorgen“. Dies ergibt sich schon aus der Interessenwahrungspflicht als allgemeinem Grundsatz der Treuhand bzw. der ungeschriebenen organschaftlichen Treuepflicht.[57] Durch die Bezugnahme des Kodexes auf das Unternehmensinteresse soll deutlich gemacht werden, dass die Vorstandsmitglieder neben den Eigentums- und Gewinnmaximierungsinteressen der Aktionäre auch die Interessen der Mitarbeiter, Kunden und Gläubiger des Unternehmens berücksichtigen sollen. Insofern besteht inzwischen Einigkeit, dass der Begriff Unternehmensinteresse auch den Schutz solcher Gruppen umfassen soll, die mit dem Unternehmen im geschäftlichen Kontakt stehen und ein Interesse an dem Fortgang der Gesellschaft haben (sog. Stakeholder). Da die Zielvorstellungen der verschiedenen Stakeholder unter Umständen durchaus konträr zueinander liegen können, geht der moderate „Stakeholder- Ansatz“ von einem Oberziel des Unternehmens aus, das den Einzelinteressen der diversen Bezugsgruppen übergeordnet ist und die verschiedenen Partikularinteressen zu einem sachgerechten Ausgleich bringt.[58]
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Grund für die allgemeine Verpflichtung zur Einhaltung der Treuepflicht sind die sehr weitreichenden Befugnisse der Vorstandsmitglieder. Gleichzeitig ist der Vorstand gerade bei börsennotierten Gesellschaften primär Wahrer fremder Vermögensinteressen, da er üblicherweise nur in geringfügigem Umfang an der Gesellschaft beteiligt ist. Da dem Vorstand die umfassende und vor allem weisungsfreie Geschäftsführungskompetenz zusteht, wird von seinen Mitgliedern erwartet, stets im Interesse der Gesellschaft und nicht im Eigeninteresse zu handeln. Tätigt der Vorstand mit der Gesellschaft ein Privatgeschäft (z.B. Kauf oder Verkauf eines Grundstücks), wird die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat vertreten (§ 112 AktG); dies stellt die Regelung in Ziff. 4.3.3 S. 3 des DGCK klar.
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Daneben stellt Ziff. 4.3.1 DCGK klar, dass es einem Vorstandsmitglied untersagt ist, Geschäftschancen des Unternehmens für eigene Zwecke zu nutzen. Klarzustellen ist insofern, dass dies ein Unterfall des Verbotes im eigenen Interesse zu handeln ist.Es ist von einem weiten Verständnis des Begriffs Geschäftschance auszugehen. Eine Geschäftschance stellt jedes mögliche Geschäft dar, welches in den Geschäftsbereich der Gesellschaft fällt und dessen Abschluss im Gesellschaftsinteresse liegt. So wird regelmäßig auch die Möglichkeit zur Beteiligung an einem anderen Unternehmen als Geschäftschance anzusehen sein. Weiter erstreckt sich das Verbot nach herrschender Meinung auch auf solche Geschäftschancen, die dem Vorstand privat angetragen wurden.[59]
4. Offenlegung von Interessenkonflikten
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Eines der Kernstücke der Vorschriften in Bezug auf Interessenkonflikte im DCGK ist die Pflicht der СКАЧАТЬ