Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
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Der DCGK regelt diese Thematik nicht ausdrücklich. Zur Klärung der Frage muss daher auf die gesetzlichen Vorschriften zurückgegriffen werden. Zentrale Regelung in Bezug auf das Insiderhandelsverbot ist Art. 14 MAR. Hiernach sind neben dem Tätigen von Insidergeschäften und der Versuch hierzu, auch die Empfehlung an Dritte oder die Verleitung Dritter Insidergeschäfte zu tätigen sowie die unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationenverboten. Die Entscheidung des EuGH in Sachen „Spector/Photo Group“[75] liegt Art. 9 MAR zu Grunde, wonach explizit einzelne Handlungsweisen als „Legitime Handlungen“ von der Anwendung des Insiderhandelsverbot ausgenommen werden.[76] Weiterhin besteht gem. Art. 17 Abs. 1 MAR eine Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen, die den Emittent unmittelbar betreffen (Ad-hoc-Publizitätspflicht). In Anlehnung an die Entscheidung des EuGH in Sachen „Geltl/Daimler“[77] können gem. Art. 17 Abs. 4 MAR bereits Zwischenschritte in zeitlich gestreckten Vorgängen veröffentlichungspflichtige Insiderinformationen darstellen.
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Aufgrund der umfangreichen Pflichten und der teils erheblichen Sanktionen gem. Art. 30 ff. MAR hat die Schulung der Vorstandsmitglieder umso größere Bedeutung gewonnen.
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Gem. Ziff. 6.1 DCGK soll die Gesellschaft ihre Aktionäre bei Informationen unter gleichen Voraussetzungen gleich behandeln und ihnen unverzüglich sämtliche wesentlichen neuen Tatsachen, die Finanzanalysten und vergleichbaren Adressaten mitgeteilt worden sind, zur Verfügung stellen. Der Tatsachenbegriff in Ziff. 6.1 S. 2 ist damit auch enger als derjenige der Insiderinformation. Er beschränkt die Gleichbehandlung vielmehr auf die Tatsachen als Kern der Information.[78] Da der Begriff der Wesentlichkeit auslegungsbedürftig ist, kann es sich anbieten, außer in eindeutigen Fällen wie bisher alle den betreffenden Adressaten mitgeteilten neuen Tatsachen auch den Aktionären zur Verfügung zu stellen.[79]
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Darüber hinaus empfiehlt es sich, im Rahmen des Compliance Programms auch Maßnahmen einzurichten, die sicherstellen, dass Insidertatsachen auf den Kreis derjenigen Mitarbeiter beschränkt werden, die von der Tatsache beruflich Kenntnis haben müssen.[80]
II. Aufsichtsrat
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Auch die Mitglieder des Aufsichtsrats treffen persönliche Verhaltenspflichten zur Vermeidung von Interessenkonflikten bzw. den sich aus solchen Interessenkonflikten ergebenden Risiken. Diese Verhaltenspflichten sind in Ziff. 5.5 DCGK näher geregelt und sind zum Teil vergleichbar mit den Pflichten der Vorstandsmitglieder, wobei aufgrund der verschiedenen Funktionen der beiden Organe gleichwohl Unterschiede bestehen.
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Das in Ziff. 4.3.1 DCGK normierte Wettbewerbsverbot, sowie der für Nebentätigkeiten statuierte Zustimmungsvorbehalt in Ziff. 4.3.4 DCGK sind ausschließlich auf die Mitglieder des Vorstandes zugeschnitten und auf den Aufsichtsrat nicht übertragbar. Aufsichtsratsmitglieder unterliegen grundsätzlich keinem Wettbewerbsverbot gegenüber der Gesellschaft.[81]
Das Verbot der aktiven und passiven Bestechung ist zwar nicht ausdrücklich normiert, kann jedoch in die allgemeine Vorschrift von Ziff. 5.5.1 DCGK hineingelesen werden und gilt auch für Aufsichtsratsmitglieder.
1. Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse
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Ausdrücklich geregelt ist in Ziff. 5.5.1 DCGK, dass jedes Aufsichtsratsmitglied dem Unternehmensinteresse verpflichtet ist. Wie unter Ziff. C. 1. c) bereits erläutert, trifft diese Pflicht auch die Vorstandsmitglieder. Aufgrund der unterschiedlichen Aufgabenbereiche von Vorstand und Aufsichtsrat weicht die Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse beim Aufsichtsrat jedoch von der Treuepflicht der Vorstandsmitglieder ab.
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Die Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse betrifft bei dem Aufsichtsrat primär die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe. Zudem werden auch die Entscheidungen des Aufsichtsrates bezüglich der Bestellung von Vorstandsmitgliedern und die Unterbreitung von Beschlussvorschlägen an die Hauptversammlung durch diese Pflicht überlagert.[82] Auch außerhalb der Wahrnehmung der Organfunktionen bleibt die Verpflichtung bestehen, das Unternehmensinteresse nicht stärker zu beeinträchtigen, als dieses zur berechtigten Interessenwahrnehmung notwendig ist.[83]
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S. 2 des 5.5.1 DCGK bestimmt neben der allgemeinen Verpflichtung zur Wahrung des Unternehmensinteresses, dass dem Unternehmensinteresse bei Entscheidungen des Aufsichtsrates stets Vorrang gegenüber persönlichen Interessen gewährt werden muss. Letztlich ist es den Aufsichtsratsmitgliedern, wie auch den Vorstandsmitgliedern untersagt, die Geschäftschancen des Unternehmens für eigene Zwecke zu nutzen; auch insofern gelten grundsätzlich die Ausführungen zu den Vorstandspflichten entsprechend (vgl. C.1.c)). Anders als Vorstandsmitglieder, betrifft das Verbot bei Aufsichtsratsmitgliedern aber keine Geschäftschancen, die sich dem jeweiligen Aufsichtsratsmitglied außerhalb seiner Aufsichtsratstätigkeit bieten.[84] Da es sich bei dem Aufsichtsratsmandat typischerweise um eine Nebentätigkeit handelt, wäre ein derart weitgehender Eingriff in die unternehmerische Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds nicht gerechtfertigt.
2. Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten
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Die Offenlegungsempfehlung von Interessenkonflikten folgt für Mitglieder des Aufsichtsrates aus 5.5.2 DCGK sowie aus der den Aufsichtsratsmitgliedern obliegenden Sorgfaltspflicht.[85] Die Pflicht gilt für institutionelle wie auch für einzelfallbezogene Interessenkonflikte, soweit diese nicht bereits nach den gesetzlichen Vorschriften offengelegt oder beim Aufsichtsrat bekannt sind.[86] Spätestens wenn der Konflikt Auswirkungen auf die Abstimmungen oder Beratungen des Aufsichtsrates haben könnte, muss dieser aufgedeckt werden. Wann dies der Fall ist, muss im Einzelfall festgestellt werden. Die Aufdeckungen des Konfliktes muss so detailliert erfolgen, dass der Aufsichtsrat in der Lage ist den Kern des Konfliktes zu erfassen.[87] Ansprechpartner im Aufsichtsrat ist zunächst der Aufsichtsratsvorsitzende, mit dem üblicherweise zunächst die Einzelheiten des Konfliktes und die Art und Weise der Offenlegung erörtert werden.[88] Dieser informiert sodann den Gesamtaufsichtsrat. Durch die Mitteilung des Konfliktes an die anderen Mitglieder des Aufsichtsrates kann der Konflikt bei der Willensbildung berücksichtigt werden. Teilweise kann es sich anbieten, die Behandlung des Interessenkonfliktes zunächst in einem Ausschuss erörtern zu lassen und erst danach den Aufsichtsrat mit der Entscheidung über den Konflikt zu befassen.[89] Nach der Offenlegung vor dem Gesamtaufsichtsrat entscheidet der Aufsichtsratsvorsitzende, welche Maßnahmen zur Konfliktbewältigung erforderlich sind und insbesondere ob ein Stimmverbot eingreift, oder ein Mitglied in seiner Mitwirkungsmöglichkeit beschränkt wird.
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Offenzulegen sind grundsätzlich alle Interessenkonflikte. Die ausdrückliche Erwähnung von Interessenkonflikten, die aufgrund einer Organfunktion oder Beratung bei Kunden, Lieferanten, Kreditgebern oder sonstigen Dritten entstehen können, ist nur exemplarisch zu sehen. Keinesfalls darf daraus СКАЧАТЬ