Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
isbn:
35
Bei der Zeichnung von Finanzinstrumenten wird das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft zwar grundsätzlich mit der Annahme der Zeichnung durch die Gesellschaft abgeschlossen. Da der Zeichnende jedoch von diesem Zeitpunkt üblicherweise keine Kenntnis hat, ist als Datum des Geschäftsabschlusses der Zeitpunkt anzugeben, an dem die mitteilungspflichtige Person Kenntnis von der Annahme ihres Zeichnungsauftrages erlangt.[55] Im Rahmen von Bezugsrechten ist sowohl die Gewährung von Bezugsrechten als auch der Handel mit Bezugsrechten meldepflichtig. Beim Bezug von Aktien durch Ausübung von Bezugsrechten ist lediglich der Erwerb der Aktien durch Ausübung der Bezugsrechte zu melden.[56]
36
Neu gegenüber der vormals geltenden nationalen Rechtslage ist, dass auch „passive“ Geschäfte, die nicht auf einer konkreten Entscheidung der Führungsperson beruhen, von der Meldepflicht erfasst sind. Dazu gehören nicht nur Erbschaften und Schenkungen, sondern auch beispielsweise Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, bei welchen Aktien der berechtigten Führungsperson automatisch zugebucht werden.[57]
37
Durch Art. 19 Abs. 7 Buchst. a) wird der Anwendungsbereich auf das Verleihen und Verpfänden von Wertpapieren ausgedehnt. Des Weiteren sind nach Art. 19 Abs. 7 Buchst. b) MAR Geschäfte von Intermediären von der Meldepflicht umfasst, selbst wenn die Transaktion im Ermessen des Intermediärs steht.
2. Aktien, Schuldtitel oder sich darauf beziehende Finanzinstrumente
38
Die Mitteilungspflicht aus Art. 19 Abs. 1 MAR bezieht sich nicht mehr nur auf den Erwerb und die Veräußerung von Aktien und sich darauf beziehenden Finanzinstrumenten des Emittenten, sondern umfasst daneben auch Schuldtitel (z.B. Anleihen). Dabei wird nicht weiter danach differenziert, um welche Gattung von Aktien es sich handelt. Auch ist unerheblich, ob die vom Erwerb oder von der Veräußerung betroffenen Aktien zum Börsenhandel zugelassen sind.[58] Mitteilungspflichtig ist damit beispielsweise auch der Erwerb von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, selbst wenn nur Stammaktien des Emittenten zum regulierten Markt zugelassen sind.[59]
39
Erfasst sind aber auch Finanzinstrumente, die sich auf Aktien beziehen. Als Beispiel nennt das Gesetz insbesondere Derivate. Grundsätzlich sind darüber hinaus alle Rechte auf den Bezug von Aktien erfasst, also alle Wertpapiere und Rechte, bei denen Gläubigern ein Umtauschrecht auf Aktien des Emittenten eingeräumt wird. Zu nennen sind:
– | Wandelanleihen, |
– | Wandelgenussrechte, |
– | Optionsscheine (verbrieft oder unverbrieft), |
– | Call- und Put-Optionen.[60] |
40
Darüber hinaus sind heute auch reine Schuldverschreibungen erfasst.
3. Bagatellgrenze
41
Eine Mitteilungspflicht besteht gem. Art. 19 Abs. 8 MAR erst, nachdem die Gesamtsumme der Geschäfte einer Führungsperson und der mit dieser Person in einer engen Beziehung stehenden Personen insgesamt einen Betrag von 5 000 EUR innerhalb eines Kalenderjahres erreicht haben. Die BaFin ist – ebenso wie die zuständigen Behörden der anderen europäischen Länder – gem. Art. 19 Abs. 9 MAR ermächtigt, den Schwellenwert auf 20 000 EUR anzuheben. Die nach Art. 19 Abs. 9 MAR bestimmten Schwellenwerte einschließlich der von den zuständigen Behörden vorgelegten Begründungen wird auf der Website der ESMA (www.esma.europa.eu/databases-library/register-and-data) abrufbar sein.
42
Der Schwellenwert errechnet sich aus der Addition aller in Art. 19 Abs. 1 MAR genannten Geschäfte ohne Netting, d.h. ohne Saldierung von Erwerbs- und Veräußerungsgeschäften. Dabei wird jeder Mitteilungspflichtige gesondert betrachtet. Anders als nach alter Rechtslage sind für die Berechnung des Schwellenwertes von 5 000 EUR die Geschäfte der Führungskraft nicht mit den Geschäften der mit ihr in enger Beziehung stehenden Personen zusammenzurechnen.[61]
43
Maßgeblich für die Berechnung der Bagatellgrenze ist der jeweilige Kaufpreis der Finanzinstrumente ohne Gebühren, Steuern und Courtagen.[62] Für Derivate mit physischem Settlement ist auf den übertragenen Gesamtbetrag abzustellen. Bei einem Cash Settlement ist der Nominalwert der Transaktion maßgeblich, multipliziert mit dem Preis des Referenzinstruments.[63] Bei Optionen ist der erzielte Preis bei Optionsausübung maßgeblich, nicht das ursprünglich eingesetzte Kapital.[64] Bei Schenkungen und Erbschaften ist (anders als für die Angabe des Preises in der Meldung nach Art. 19 Abs. 1 MAR) der letzte veröffentlichte Preis für das betreffende Finanzinstrument entsprechend den nach Handelstransparenzvorschriften gem. Art. 6, 10, 20 und 21 MiFIR[65] am Tag der Annahme der Schenkung oder Erbschaft maßgeblich.[66]
44
Der Verordnungswortlaut macht deutlich, dass die Mitteilungspflicht erstmals greift, nachdem der in § 19 Abs. 8 MAR definierte Schwellenwert von 5 000 EUR erreicht worden ist. Anders als nach alter Rechtslage müssen bei Erreichen der Schwelle also nicht die Geschäfte des gesamten Jahres rückwirkend mitgeteilt werden. Vielmehr muss nur das Geschäft mitteilt werden, mit dem der Schwellenwert überschritten wird, sowie alle nachfolgenden Geschäfte.[67] Freiwillige Meldungen, d.h. Meldungen vor Überschreiten des Schwellenwertes, sind technisch möglich.[68]
II. Meldepflichten der Führungsperson
45
Sofern die Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 1 MAR vorliegen und auch die Bagatellgrenze des Art. 19 Abs. 8 MAR überschritten ist, muss der Mitteilungspflichtige dem Emittenten und der BaFin die von ihm getätigten Geschäfte mitteilen. Einzelheiten zu Inhalt und Form der Mitteilung regeln Art. 19 Abs. 6 MAR sowie die auf Basis von Art. 19 Abs. 15 MAR erlassene Durchführungsverordnung (EU) 2016/523 der Kommission vom 10.3.2016.
46
Die Führungsperson oder die ihr nahstehende Person hat sorgfältig zu prüfen, ob eine Mitteilungspflicht gem. Art. 19 Abs. 1 MAR besteht. Dies beinhaltet die Pflicht zur Einholung von Rechtsrat in Zweifelsfällen. Bleiben trotz Einholung von Rechtsrat Zweifel über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen, kann freiwillig eine vorbeugende Mitteilung abgegeben werden,[69] um sich vor Sanktionen einer möglicherweise unberechtigt unterbleibenden Mitteilung zu schützen.
47
Gem. Art. 19 Abs. 1 MAR muss der Meldepflichtige sowohl gegenüber dem СКАЧАТЬ