Название: Handbuch Medizinrecht
Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
isbn: 9783811492691
isbn:
7. Kapitel Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung › D. System der Anspruchskonkretisierung durch untergesetzliches Recht › III. Untergesetzliche Normkonkretisierung
III. Untergesetzliche Normkonkretisierung
104
Die eigentliche Konkretisierung des materiellen Leistungsrechts der §§ 20 f. SGB V erfolgt unterhalb der Ebene der Gesetze und Rechtsverordnungen durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sowie durch Normverträge nach § 2 Abs. 2 S. 3 SGB V, die die Krankenkassenverbände mit den Verbänden der Leistungserbringer zu schließen haben. Richtlinien und Verträge bestimmen den Inhalt, den Umfang und den Zeitpunkt der Inanspruchnahme sowie die Art der Leistungen mit Wirkung auch für die Versicherten. Auf sie ist differenzierter einzugehen.
a) Richtlinien- und Regelungskompetenz
105
Nach § 91 Abs. 1 SGB V bilden die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (SpiBuKK) den Gemeinsamen Bundesausschuss. Das GKV-VStrG[10] hat die Besetzung und das Verfahren des G-BA wesentlich gestrafft. Der Einfluss des Gesundheitsministeriums und des Gesundheitsausschusses wurde gestärkt, gleichzeitig die Unabhängigkeit erhöht und die Beteiligung an den Verfahren erweitert. Der G-BA ist nach dem Gesetz rechtsfähig. Der G-BA ist weder Körperschaft des öffentlichen Rechts noch Anstalt des öffentlichen Rechts, sondern eine eigene körperschaftlich strukturierte rechtsfähige Einrichtung des öffentlichen Rechts.[11] § 91 SGB V, aufgabenbezogen aber auch § 92 SGB V, regeln die Zusammensetzung des G-BA je nach den speziellen Aufträgen im Vertragsarztrecht, im Krankenhausrecht, im Arzneimittelrecht. Dabei werden Beteiligungsrechte sowie der Kreis der beschließenden Gremien des G-BA jeweils unterschiedlich bestimmt. Nach § 91a SGB V[12] führt das Bundesministerium für Gesundheit die Aufsicht über den G-BA inklusive der Kontrolle über das Haushalts- und Rechnungswesen sowie des Vermögens.
106
Das Aufgabenfeld des G-BA ist umfassend.
– | § 92 Abs. 1 SGB V beauftragt den G-BA zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung, Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten zu verabschieden. Die für die vertragsärztliche Versorgung wesentlichen Richtlinienfelder sind durch das GKV-WSG erweitert in § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 1–15 SGB V aufgeführt. Unter dem Aspekt der Regelung der vertragsärztlichen Versorgung werden hiermit im Zusammenhang stehende Leistungsbereiche in die Richtlinienkompetenz einbezogen, nämlich ärztliche Behandlung, zahnärztliche Behandlung einschließlich Zahnersatz und kieferorthopädische Behandlung, Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten, ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft, Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häusliche Krankenpflege und Soziotherapie sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien, Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit, Verordnung von im Einzelfall gebotenen medizinischen Leistungen und die Beratung über die medizinischen, berufsfördernden und ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation, Bedarfsplanung, medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, Maßnahmen nach § 24a und b SGB V sowie die Kryokonservierung nach § 27a Abs. 4 SGB V und schließlich Richtlinien über die Verordnung von Maßnahmen nach den §§ 24a (Empfängnisverhütung) und 24b (Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation) SGB V, Krankentransporten, zur Qualitätssicherung, zur speziellen ambulanten Palliativversorgung und zu Schutzimpfungen. |
– | Die Richtlinienziele werden jeweils in den Absätzen 1a bis 8 des § 92 SGB V unter Darstellung spezieller Beteiligungsverfahren konkretisiert. Der Gesetzgeber hat den Richtlinienauftrag des G-BA im Leistungsrecht selbst niedergelegt unter anderem in §§ 20i Abs. 1, 22 Abs. 5, 22a Abs. 2, 25 Abs. 4, 25a Abs. 2, 26 Abs. 2, 27a Abs. 5, 27b Abs. 2, 28 Abs. 3 S. 1, 29 Abs. 4, 32 Abs. 1a, 33 Abs. 1, 35a Abs. 3, 35b Abs. 3, 35c Abs. 2, 37 Abs. 6 und 7, 37a Abs. 2, 37b Abs. 3, 39 Abs. 1a, 56 Abs. 1, 60 Abs. 1, 62 Abs. 1, 63 Abs. 3c, SGB V. Die Befugnis umfasst auch die Einschränkung oder den Ausschluss von Leistungen sowie die ausnahmsweise Aufnahme grundsätzlich ausgeschlossener Leistungen (§§ 31 Abs. 1 S. 2, 33 Abs. 3 S. 2 SGB V). |
107
Tipp
Die aktuellen Veröffentlichungen des G-BA können im Anschluss an die Beschlussfassung, d.h. sogar noch vor der Genehmigung des Ministeriums, im Internet abgerufen werden unter www.g-ba.de.[13]
108
Die allgemeine Richtlinienkompetenz des Gemeinsame Bundesausschusses wird durch spezielle gesetzliche Regelungskompetenzen ergänzt:
– | § 101 SGB V: Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Aufgabe der Festlegung von Voraussetzungen und Verfahren der Bedarfsplanung. |
– | §§ 135, 137 SGB V: Diese Normen erteilen dem G-BA Auftrag zur Qualitätssicherung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zur Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden werden durch § 135 SGB V konkretisiert und auf bereits vorhandene, bislang aber nicht überprüfte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden erstreckt. Über § 135 Abs. 1 S. 2 SGB V können vorhandene Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung überprüft und ggf. aus der Versorgung ausgeschlossen werden. |
– | Nach § 137c SGB V hat der G-BA die Kompetenz, auf Antrag Überprüfungen von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden des Krankenhauses vorzunehmen, unabhängig davon, ob sie bereits Gegenstand der Krankenhausversorgung sind oder neu eingeführt werden sollen. |
– | Nach § 136a–d SGB V beschließt der G-BA Maßnahmen zur umfassenden Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen, vertragszahnärztlichen und Krankenhausversorgung. Der G-BA wird bei seiner Arbeit durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach § 139a SGB V sowie dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) nach § 137a SGB V beraten.[14] |
109
Die Richtlinien des G-BA werden nach § 92 Abs. 8 SGB V Teil des Bundesmantelvertrags. Dieser wiederum ist nach § 82 Abs. 1 S. 2 SGB V unmittelbar wirksamer Teil der Gesamtverträge. Die unmittelbare Wirksamkeit der Richtlinien in der vertragsärztlichen Versorgung ergibt sich auch aus § 72 Abs. 2 SGB V. Der Gesetzgeber hat in § 91 Abs. 6 SGB V die Richtlinien des G-BA gegenüber Versicherten, Krankenkassen, ambulanten und stationären Leistungserbringern grundsätzlich für verbindlich erklärt.[15]
110
Die Grenzen der Richtlinien und Maßnahmenkompetenz im Leistungsrecht bestimmen die allgemeine Auftragsnorm des § 92 SGB V sowie die speziellen Auftragsnormen des Leistungsrechts und des Rechts der Qualitätssicherung im Leistungserbringungsrecht.[16] Der Richtlinienauftrag soll dem Gebot der Wirtschaftlichkeit Geltung verschaffen. Gemeinsam mit dem IQWiG werden dabei der medizinische Nutzen und die Kosten von Methoden und Mitteln festgelegt. Die Entscheidungen des Gemeinsamen СКАЧАТЬ