Existenzielle Psychotherapie. Irvin D. Yalom
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Читать онлайн книгу Existenzielle Psychotherapie - Irvin D. Yalom страница 35

СКАЧАТЬ habe, »Annäherung an Wissen« lesen.

      Verleugnung: Der Tod ist temporär, ein Vergehen, nur Scheintod oder Schlaf. Viele Kinder, die alt genug sind zu sprechen, berichten, dass sie den Tod für reversibel oder temporär oder für ein Nachlassen halten, statt des Endes des Bewusstseins. Diese Ansicht erhält große Unterstützung durch die allgegenwärtigen Zeichentrickfilme im Fernsehen, die Typen zeigen, welche auf eine unendliche Vielzahl von Möglichkeiten zerrissen, platt gedrückt, zermalmt oder verstümmelt werden und dann schließlich und wunderbarerweise wiederhergestellt sind. Nagy berichtet von einigen anschaulichen Interviewauszügen:

      S.C. (vier Jahre, 8 Monate): »Es kann sich nicht bewegen, weil es im Sarg ist.«

      »Wenn es nicht im Sarg wäre, könnte es sich bewegen?«

      »Es kann essen und trinken.«

       S.J. (5 Jahre, 10 Monate): »Seine Augen waren geschlossen, es lag dort so tot. Was immer man auch tut, es sagt kein Wort.«

      »Wird es nach zehn Jahren das gleiche sein wie zu der Zeit, als es begraben wurde?«

      »Es wird dann älter sein, es wird immer älter und älter sein. Wenn es hundert Jahre alt ist, wird es genau wie ein Stück Holz sein.«

      »Wie wird es wie ein Stück Holz sein?«

      »Das könnte ich nicht sagen. Meine kleine Schwester wird jetzt fünf Jahre alt sein. Ich war noch nicht am Leben, als sie starb. Sie wird jetzt so groß sein. Sie hat einen kleinen Sarg, aber sie passt in den kleinen Sarg.«

      »Was glaubst du macht sie jetzt?«

      »Sich hinlegen, immer dort liegen. Sie ist noch so klein, sie kann nicht wie ein Stück Holz sein. Nur sehr alte Leute.«

      »Was passiert dort unter der Erde?«

      B.I. (4 Jahre, 11 Monate): »Er schreit, weil er tot ist.«

      »Aber warum sollte er schreien?«

      »Weil er vor sich selbst Angst hat.«

      T.P. (4 Jahre, 10 Monate): »Ein toter Mensch ist gerade so, als wenn er schlafen würde. Er schläft auch in der Erde.«

      »Schläft genau so wie du in der Nacht oder anders?«

      »Nun – schließt seine Augen. Schläft wie die Leute in der Nacht. Schläft so, gerade so.«

      »Wie weißt du, ob jemand schläft oder tot ist?«

      »Ich weiß es, wenn sie in der Nacht ins Bett gehen und ihre Augen nicht mehr öffnen.

      Wenn jemand ins Bett geht und nicht aufsteht, ist er tot oder krank.«

      »Wird er jemals aufwachen?«

      »Nie. Ein toter Mensch weiß nur, wenn jemand zum Grab hingeht oder so. Er spürt, dass jemand da ist oder spricht.«

      »Er spürt die Blumen, die auf sein Grab gelegt werden. Das Wasser berührt den Sand. Langsam, langsam hört er alles. Tante, spürt der tote Mensch, wenn es tief in den Grund sickert?« [das Wasser]

      »Was glaubst du: Würde er gerne von dort weggehen?«

      »Er würde gerne herauskommen, aber der Sarg ist zugenagelt.«

      »Wenn er nicht im Sarg wäre, könnte er zurückkommen?«

      »Er könnte nicht den ganzen Sand hochstoßen.«

      H.G. (8 Jahre, 5 Monate): »Die Leute glauben, dass tote Menschen fühlen können.« »Und können sie das nicht?«

      »Nein, sie können nicht fühlen, es ist, als wenn sie schlafen. Schau, ich schlafe, ich fühle es nicht, außer wenn ich träume.«

      »Träumen wir, wenn wir tot sind?«

      »Ich glaube, das tun wir nicht. Wir träumen niemals, wenn wir tot sind. Manchmal blitzt etwas auf, aber nicht halb so lang wie ein Traum.«

       L.B. (5 Jahre, 6 Monate): »Seine Augen waren geschlossen.«

      »Warum?«

      »Weil er tot war.«

      »Was ist der Unterschied zwischen schlafen und sterben?«

      »Dann bringen sie den Sarg und legen ihn hinein. Sie legen die Hände so hin, wenn er tot ist.«

      »Was passiert mit ihm im Sarg?«

      »Die Würmer essen ihn. Sie bohren sich in den Sarg.«

      »Warum lässt er sie herein?«

      »Er kann nicht mehr aufstehen, weil da Sand über ihm ist. Er kann nicht aus dem Sarg heraus.«

      »Wenn da kein Sand über ihm wäre, könnte er herauskommen?«

      »Sicher, wenn er nicht sehr schlimm erdolcht wurde. Er könnte seine Hand aus dem Sand strecken und graben. Daran sieht man, dass er immer noch leben will.«

      T.D. (6 Jahre, 9 Monate): »Der Patenonkel meiner Schwester starb, und ich fasste seine Hand an. Seine Hand war so kalt. Sie war grün und blau. Sein Gesicht war ganz faltig. Er kann sich nicht mehr bewegen. Er kann nicht mehr seine Hände zusammenpressen, weil er tot ist. Und er kann nicht atmen.«

      »Sein Gesicht?«

      »Es hat eine Gänsehaut, weil er kalt ist. Er ist kalt, weil er tot ist und für immer kalt ist.«

      »Fühlt er die Kälte oder ist es, weil seine Haut so war?«

      »Wenn er tot ist, fühlt er auch. Wenn er tot ist, fühlt er ein ganz kleines bisschen. Wenn er ganz tot ist, fühlt er nichts mehr.«

      G.P. (6 Jahre): »Er streckte seine Arme aus und legte sich hin. Du konntest seine Arme nicht herunterdrücken. Er kann nicht sprechen. Er kann sich nicht bewegen. Er kann nicht sehen. Er kann seine Augen nicht öffnen, er liegt da vier Tage lang.«

      »Warum vier Tage lang?«

      »Weil die Engel noch nicht wissen, wer er ist. Die Engel graben ihn aus und nehmen ihn dann mit. Sie geben ihm Flügel und fliegen weg.«46

      Diese Aussagen sind höchst informativ. Man ist erstaunt über die inneren Widersprüche durch den Wechsel der Wissensebenen, die sogar in diesen kurzen Exzerpten offensichtlich sind. Die Toten fühlen, aber sie fühlen nicht. Die Toten wachsen, aber irgendwie bleiben sie im gleichen Alter und passen in den Sarg von derselben Größe. Ein Kind begräbt einen Schoßhund, aber hinterlässt Nahrung auf dem Grab, weil der Hund ein wenig hungrig sein mag.47 Das Kind scheint an mehrere Stufen des Todes zu glauben. Die Toten können »ein ganz kleines bisschen« fühlen (oder mögen Traummomente haben); aber jemand, der »ganz tot ist, fühlt nichts mehr.« (Nebenbei werden diese Zitate von Nagy als Beweis dafür vorgelegt, dass ein Kind den Tod als temporär betrachtet oder ihn völlig verleugnet, indem es ihn mit Abreise oder Schlaf gleichsetzt. Wieder einmal scheint die Voreingenommenheit des Beobachters СКАЧАТЬ