Название: Rückkehr zu Gott
Автор: Jörg Gabriel
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Studien zur systematischen und spirituellen Theologie
isbn: 9783429060831
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„Emotionalisierung in dem Sinne, dass nun mehr, ganz anders als im Frühmittelalter, eine Liebesbeziehung zu Gott aufgebaut wird.“123
Dadurch änderte sich auch das Christusbild.124 Aus dem Himmelskönig Christus wurde nun der Bräutigam, der Geliebte, und der Mensch wurde zur „Braut“:
„Vorher hieß es: ‚der König‘, jetzt: ‚der Geliebte‘, vorher: ‚auf dem königlichen Lager‘, jetzt: ‚an der Brust der Braut.‘ “125
Da für Bernhard die Liebe – wie wir gesehen haben – „fleischlich“, d.h. kreatürlich und sinnlich beginnt, muss auch Gott zuerst auf dieser Ebene geliebt werden. Diese Liebe beginnt mit der sinnlichen Liebe zur irdischen Gestalt Christi: Bernhard hat somit den
„entscheidenden Anstoß für die meditative Beschäftigung mit dem historischen Jesus gegeben. Die ungemein intensive Devotion zum leidenden Heiland und zum Christkind, die vom Spätmittelalter bis in den Barock hinein das erlebnismystische Leben prägen und, von dort übernommen, auch in der Volksfrömmigkeit dominieren sollte, ist in seinen Schriften in entscheidender Weise vorbereitet. Durch den weiten Umlauf seiner Werke wurden zahlreiche religiös empfängliche Menschen mit Meditationstexten konfrontiert, die sie in ihrem ekstatischen Erleben in visionäre Bilder umzuwandeln vermochten. Wenn man sich jetzt auf die Menschheit Christi konzentrierte, statt auf seine Gottesnatur, so ist dies ein zentrales Indiz für die mentalitätsgeschichtlichen Veränderungen, die sich im hohen Mittelalter vollzogen.“126
Vor allem die Hoheliedpredigten Bernhards, die von seinen Mitbrüdern, dem sel. Wilhelm von St. Thierry (1085/90-1148/49)127 und Gilbert von Hoyland (+ 1172)128 ergänzt und kommentiert wurden, wirkten auf das religiöse (mystische) Leben129:
„Die spätmittelalterlichen Mystiker, die die erotische Symbolisierung der Gotteserfahrung in der Seele näher ausführten, kehrten immer wieder zu Bernhards Sermones super Cantica canticorum zurück. Sogar als sie die Einung mit Gott nicht mehr in der Form eines Hoheliedkommentars ausdrückten, behielten die Predigten Bernhards ihre Faszination.“130
Bernhards Gedanken wurden seit dem 13. Jahrhundert von den Frauen begeistert aufgegriffen131: „Manches in den Visionen der Frauenmystik scheint eine unbewusste Umsetzung seiner Metaphern in erfahrene Realität zu sein.“132
Mit Margarete Ebner wollen wir hierzu eine Mystikerin aus dem Umkreis Taulers zu Wort kommen lassen133:
„Ich het grozzen lust und begird, daz ich den kus enphieng mit minem herren sant Bernhart und umbvangen würde mit der minne siner arme, und daz er mir ain grif in daz hertz tät.“ 134
„Ich habe eine große Lust und (ein großes) Begehren danach, dass ich zusammen mit meinem Herren Sankt Bernhard den Kuss (Christi) empfange und von seinen liebevollen Armen umfangen würde, und dass er mir einen Griff in mein Herz täte.“
In den zahlreichen Frauenklöstern und Beginenkreisen, aber auch unter Laien, begegnete Tauler solch einem Sehnen nach der brautlichen Vereinigung mit Christus. Er fand affektives geistliches (mystisches) Leben vor. Die geistlichen Erfahrungen dieser religiösen Frauen (aber auch Männer) beeinflussten – wie auch Meister Eckhart und Heinrich Seuse – sein Denken und Predigen. Tauler, der Bernhard den „liebenden Bernhard“135 nennt und die Hoheliedpredigten kannte136, war bestrebt, das geistliche Leben seiner ihm anvertrauten „Kinder“ zu fördern, zugleich aber auch korrigierend einzugreifen, wo dies notwendig war. Grundmann hebt hervor, dass gerade die Verknüpfung von dominikanischer Theologie und Seelsorge, volkssprachlicher und weiblicher Frömmigkeit eine wichtige Voraussetzung für das Entstehen der deutschen Mystik war.137
38 Vgl. McGinn 1996, 236: „Die allgemeine Aufbruchstimmung förderte auch die eremitischen wie die zönobitischen Reformbewegungen. Die Reformpäpste dieser Zeit waren zumeist Mönche. Deshalb unterstützten sie auch nach Kräften die neuen Orden, besonders die Zisterzienser.“
39 Morrison 1993, 206.
40 Morrsion 1993, 206.
41 Morrison 1993, 207.
42 Morrison 1993, 207.
43 Apg. 4,32-37: „Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von dem, was er hatte sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam. Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung Jesu, des Herrn, und reiche Gnade ruhte auf ihnen allen. Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt. Denn alle, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften ihren Besitz, brachten den Erlös und legten ihn den Aposteln zu Füßen. Jedem wurde davon soviel zugeteilt, wie er nötig hatte. Auch Josef, ein Levit aus Zypern, der von den Aposteln Barnabas, das heißt übersetzt Sohn des Trostes, genannt wurde, verkaufte einen Acker, der ihm gehörte, brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.“
44 Morrison 1993, 207.
45 Kempf 1999, 517.
46 Vgl. Angenendt 2005, 224f.
47 Vgl. Kempf 1999, 520.
48 Kempf 1999, 518.
49 Kempf 1999, 519.
50 Vgl. Grundmann 1977, 492.
51 Vgl. Hauschild I 1995, 304 – 309; Kempf 1999, 522.
52 Kempf 1999, 523f.. Vgl. Borst 2007, 491f.; Angenendt 2005, 56ff.; zu Bruno: Siehe Posada 1987; Greshake (Hg.) 1992. Sehr sehenswert ist Philip Grönings Film über das Leben der Kartäuser heute „Die große Stille“, Warner Bros Entertainment 2006.
53 Vgl. Kempf 1999, 524; Wolter 1999, 19 – 23.
54 Vgl. Stölting 2005, 30f.
55 Siehe hierzu zweiter Teil, drittes Kapitel, II, III und sechstes Kapitel, II.
56 Vgl. Angenendt 2005, 64.
57 Vgl. McGinn 1996, 244; Dinzelbacher 1994, 105-131.
58 McGinn 1996, 246.
59 Zum Folgenden vgl. McGinn 1996, 247f.; Angenendt 2005, 57f.
60 Vgl. McGinn 1996, 248.
61 McGinn 1996, 250f.; vgl. Dinzelbacher 1994, 106.
62 Wir wollen uns in dieser Arbeit auf Bernhards Einfluss auf das spirituelle Leben beschränken.
63 Vgl. Angenendt 2005, 34; Dinzelbacher 1994, 106.
64 Dinzelbacher 1994, 110.
65 Vgl. Angenendt 2005. 45. 65. 137. Zu Bernhard Siehe auch Heller 1990; Benke 1991.
66 Vgl. Dinzelbacher 1994, 120: Seine Predigten zum „Hohenlied“ prägten СКАЧАТЬ