Rückkehr zu Gott. Jörg Gabriel
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СКАЧАТЬ Großes zu verlangen scheint, wird sie durch eine gewiss strenge, aber heilsame und ehrliche Antwort zurückgewiesen. Wer nämlich nach Höherem strebt, muss von sich niedrig denken, damit er nicht von seiner Höhe stürzt, wenn er sich über sich selbst erhebt, es sei denn, er wäre durch wahre Demut unerschütterlich in sich gefestigt.“79

      Zu wahrer Demut gelangt die Braut durch Selbsterkenntnis:

       „Ihr erinnert euch also, dass ich eure Zustimmung für meine Meinung besitze, niemand könne ohne Selbsterkenntnis gerettet werden. Aus dieser entspringt ja die Demut, die Mutter des Heiles, und die Gottesfurcht, die selbst der Anfang der Weisheit und ebenso des Heiles ist. ... Du sollst daher dich erkennen, um Gott zu fürchten; und du sollst ihn erkennen, um ihn in gleicher Weise zu lieben.“80

      Die Braut wird im Hohenlied (1,4) als „schwarz aber schön“ beschrieben. Die dunkle, schwarze Hautfarbe bezeichnet nach Bernhard den Pilgerweg der Braut, den Weg der Nachfolge; die Schönheit die gottfarbene Ebenbildlichkeit.

       „ ‚Schwarz bin ich doch schön‘. Liegt nicht in diesen Worten ein Widerspruch? Fern sei der Gedanke. ... Ohne Zahl jedoch sind die Dinge, bei denen du finden wirst, dass sie an der Oberfläche zwar entstellt, hinsichtlich der ganzen Gestalt aber von edler Schönheit sind. Vielleicht kann auf diese Weise die Braut gerade in Verbindung mit der Schönheit der ganzen Gestalt nicht des Makels der Schwärze entbehren: Das gilt aber für den Ort ihrer Pilgerschaft (Ps 118,54). Anders wird es sein, wenn der Bräutigam der Herrlichkeit sie in der Heimat vor sich erscheinen lassen wird, herrlich, ohne Flecken, Falten oder andere Fehler (Eph. 5,27). ... Höre aber, weshalb sie schwarz und weshalb sie sich schön nannte. ... Sie schämt sich nicht ihrer Schwärze, denn sie weiß, dass diese zuvor auch der Bräutigam gekannt hat. Und gibt es einen größeren Ruhm, als ihm ähnlich zu werden? So glaubt sie, dass es für sie nichts Ruhmvolleres gibt, als die Schmach Christi zu tragen ... Es ist Schwärze, aber die Schönheit und Ähnlichkeit des Herrn.“81

      Die Schönheit der Braut wird von Bernhard sodann mit den Tugenden verglichen, welche die Ebenbildlichkeit des Bräutigams spiegeln. Doch ist diese Schönheit nach Bernhard geistiger Art82, sie entspricht dem Schmuck des Brautkleides:

       „Ihre Schönheit beispielsweise ist die Liebe ... . Sicher ist es auch Gerechtigkeit ... . Es ist auch Geduld ... . Wie ist es mit der freiwilligen Armut, wie mit der Demut? Verdient nicht die eine das ewige Reich, die andere in gleicher Weise ewige Erhöhung? Auch die heilige Furcht des Herrn gehört hierher, denn sie währt in alle Ewigkeit. So ist es mit der Klugheit, so mit der Mäßigung, so mit der Tapferkeit, und wenn es sonst noch andere Tugenden gibt: Was sind sie anderes als Perlen im Kleid der Braut, funkelnd in dauerndem Glanz? Dauernd, sage ich, denn sie sind die Stätte und das Fundament der Dauer. In der Seele kann ja nur dann ein Platz für dauerndes und glückseliges Leben sein, wenn in ihrem Innersten die Tugenden eingepflanzt sind.“83

      Die Tugenden, die in der Nachfolge Christi gelebt werden, sind die Voraussetzung für die Vermählung mit Christus.

      Bernhard vergleicht die Liebesgeschichte zwischen der Seele des Menschen und Christus immer wieder mit Formen der Geschlechterliebe, gleichsam Vorstufen für die Vereinigung von Braut und Bräutigam: „Es ist die Liebestrunkenheit, die Liebeskrankheit und der Liebesschlaf.“84 Die Trunkenheit beschreibt den Zustand der nach dem Bräutigam schmachtenden Seele, das Verlangen nach dem Kuss des Geliebten.85 Wie der Liebesrausch, die Trunkenheit die Anwesenheit des Geliebten zum Ausdruck bringt, so führt die Abwesenheit des Bräutigams zur Liebeskrankheit:

       „Als sich der Bräutigam nach all dem seiner Gewohnheit folgend zurückzieht, sagt sie, sie sei durch Liebe krank, das heißt vor Liebe. Je beglückender sie seine Anwesenheit erfahren hat, desto bedrückender empfindet sie nachher seine Abwesenheit.“86

      Der Liebesschlaf ist schließlich die Vollendung der Vermählung von Braut und Bräutigam, von Seele und Christus:

       „Doch ist dieser Schlaf der Braut auch kein angenehmes Entschlummern des Leibes, das die Sinne des Leibes für eine Zeitlang sanft betäubt, noch das erschreckende Einschlafen, das gewöhnlich das Leben vollständig wegnimmt. Noch mehr unterscheidet es sich von jenem Entschlafen im Tod, wenn einer in einer Sünde, die zum Tod führt (1 Joh 5,17), unwiderruflich verharrt. Vielmehr erleuchtet dieser lebendige und wache Schlummer dagegen den inneren Sinn und verleiht durch die Vertreibung des Todes das ewige Leben. Er ist nämlich ein wahrer Schlaf, der dennoch den Sinn nicht betäubt, sondern entrückt.“87

      Der „Liebesschlaf“ ist weder mit dem Tod noch mit einer Art von Betäubung zu vergleichen, sondern er entspricht im Gegenteil einer größeren Wachsamkeit und Aufmerksamkeit der Sinne. Es ist ein wachsames Ruhen im göttlichen Frieden.

      2. Vom „geistigen Adel“ des Menschen

      In der 80. Predigt zum Hohenlied fragt Bernhard nach den Bedingungen im Menschen für die Hochzeit zwischen Seele und Christus, dem Wort: „Was ist der Seele und dem Wort gemeinsam?“88 Für Bernhard ist die Seele des Menschen „ein geschaffenes Nachbild“ der „Imago dei“, des göttlichen Wortes (Christus):

       „Erstens besteht eine solche Verwandtschaft der Naturen dadurch, dass das Wort Urbild („imago“, „Ebenbild“) ist (Kol 1,15), die Seele nach dem Urbild („ad imaginem“, „Nachbild“) geschaffen ist (Gen 1,27). Zweitens wird die Verwandtschaft durch die Ähnlichkeit (similitudo) bezeugt. Denn nicht nur nach dem Ebenbild, sondern nach der Ähnlichkeit wurde die Seele geschaffen.“89

      Die Seele des Menschen ist ein nach dem Urbild geschaffenes Ebenbild des göttlichen Wortes, Christus. Deshalb ist die Seele des Menschen mit Gott „verwandt“; der Mensch hat seinen Ursprung in Gott. Diese ursprüngliche Verbundenheit, d.h. Ebenbildlichkeit, zwischen Gott und Mensch ist jedoch eine der Ähnlichkeit (similitudo). Wie ist das gemeint? Für Bernhard ist die Wahrheit des Wortes, seine Weisheit und Gerechtigkeit, die Wahrheit, Weisheit und Gerechtigkeit selbst90: „Dieses Ebenbild ist nämlich Gerechtigkeit von der Gerechtigkeit, Weisheit von der Weisheit, Wahrheit von der Wahrheit, geradeso wie es Licht vom Licht, Gott von Gott ist.“91 Das Wort als Ebenbild ist also „eines Wesens mit Gott, und alles, was diesem seinem Ebenbild mitgeteilt zu werden scheint, ist beiden wesenhaft, nicht zufällig eigen.“92 Das Wort als Ebenbild ist mit Gottes Wesen, der Wahrheit, Weisheit und Gerechtigkeit ist, identisch.

      Anders steht es um die Seele des Menschen. Sie ist nicht Ebenbild, sondern Abbild Gottes.93 Als solches ist sie nicht identisch mit Gott; sie ist nicht, wie das Wort, „Wahrheit von der Wahrheit, ... Licht vom Licht, Gott von Gott“94:

       „Nichts davon ist die Seele, weil sie nicht Ebenbild ist („imago“). Sie besitzt aber Fassungskraft („capax“, empfänglich für...) und Streben („appetens“) nach all dem: und daher ist sie wohl nach dem Ebenbild geschaffen.“95

      Die Seele des Menschen ist deshalb ein geschaffenes, nicht natürliches Ebenbild, weil sie nach Gott strebt, nach dessen Wahrheit, Weisheit und Gerechtigkeit. Der Mensch trägt durch diese Empfänglichkeit für das göttliche Leben das „Siegel der Majestät“96 Gottes in sich. „Urbild“ (Ebenbild) und Nachbild (geschaffenes Ebenbild) sind zwar nicht identisch, doch sie entsprechen einander:

       „Es gehört sich nämlich, dass das, was nach dem Bild ist, mit dem Bild übereinstimmt und dass es nicht ohne Grund den Namen des Bildes teilt, genauso wie auch das Bild nicht bloß СКАЧАТЬ