Rückkehr zu Gott. Jörg Gabriel
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СКАЧАТЬ Vgl. Grundmann 1977, 15: „Die monastische Reformbewegung hat zwar bei ihrer Erneuerung des benediktinischen Mönchtums auch den Verzicht auf Privateigentum in aller Strenge gefordert, keineswegs aber sich zu einem ‚Armutsideal‘ und zum Eigentumsverzicht der Klostergemeinschaft bekannt, sondern im Gegenteil nach machtvollem Reichtum der Klöster gestrebt.“

      35 Grundmann 1977, 15.

      36 Norbert von Xanten (1082 – 1134), begann als Wanderprediger. Zur gleichen Zeit wanderte auch Robert von Arbrissel (+1177) predigend durch Frankreich und sammelte zahlreiche Anhänger um sich, die sich die „Armen Christi“ nannten.

      37 Norbert gründete zunächst ein Doppelkloster für Frauen und Männer (Prämonstratenser). Auch Robert gründete ein Kloster für die „Armen Christi“, das sich allerdings nach seinem Tod wieder auflöste.

       Zweites Kapitel

      Neue Mönchsorden

      Bei der Umsetzung der gregorianischen Reform nahm die monastische Lebensform eine bedeutende Rolle ein.38 Diese beeinflusste die neuen religiösen Bewegungen maßgeblich. Denn die Anhänger der gregorianischen Reform, vielfach selbst Mönche, schöpften ihre Vorstellungen

      „aus ihrem monastischen Ethos und aus der Übertragung der monastischen Lebensformen – z.B. des Zölibats – auf den gesamten Klerus. Ihr Eintreten für das Mönchtum förderte die Frömmigkeit und die Lebensweisen, die der affektiven Vereinigung dienten. Der stetige Austausch zwischen dem Mönchtum und den Laien brachte eine Umgestaltung der Laienfrömmigkeit mit sich.“39

      Die Kraft der gregorianischen Reform zur Umgestaltung der Kirche und des geistlichen Lebens im 11. und 12. Jahrhundert kam aus den drei monastischen Grundformen:

      „Die koinobitische (Gemeinschaften mit gemeinsamer Lebensführung nach dem Vorbild der benediktinischen Klöster), die eremitische (Gemeinschaften, die ein Leben der Einsamkeit führten), und die Kollegiate (Gemeinschaften, die das gemeinsame Leben in einer halbkoinobitischen Weise lebten nach dem Beispiel der Regularkanoniker).“40

      Die monastische Lebensform bot eine Praxis an, das eigene religiöse Leben zu vertiefen:

      „Zahllose Einzelübungen verbanden sich mit körperlichen und geistigen Strengheiten: Verleugnung des Eigenwillens unter den Regeln des Gehorsams, den täglichen und jährlichen Zyklus der Liturgie, besondere Andachten (z.B. zur seligsten Jungfrau Maria), Gebet und Schriftmeditation.“41

      Besonders wichtig war das Ziel dieses tiefen geistlichen Lebens: „Solche Übungen sollten ... vor allem das Gefühl erwecken, an der Armut und dem Leiden Christi teilzunehmen.“42 Angeregt von diesem Ideal, das sie in der Urkirche verwirklicht sahen, wie es im 4. Kapitel der Apostelgeschichte beschrieben wird43, gaben viele Kleriker und Laien ihren persönlichen Besitz auf, bildeten Gemeinschaften oder zogen als Wanderprediger umher, um in apostolischer Armut das Evangelium zu verkünden. Die „reformierten“ Priester und Ordensleute wurden nun

      „die Seelenführer der Laien, Männer und Frauen; in Fragen der Moral gaben sie ihnen Rat, verfassten Texte, um ihnen in ihrem Gebetsleben zu helfen, und waren ihre Lehrer für ein vertieftes Andachtsleben.“44

      Auf diese Weise suchten Laien und Kleriker, Priester und Mönche nach gemeinsamen Wegen, wie man dem Ideal des Evangeliums entsprechen könne, um „zur ursprünglichen ecclesia apostolica et evangelica“45 zurückzukehren.46 Wir werden sehen, dass die Wege zum Ziel sehr unterschiedlich verlaufen.

      Zunächst aber wollen wir bei den Mönchsorden bleiben. Obwohl die traditionellen Orden in gutem Ruf standen47, genügte es vielen Menschen nicht mehr,

      „dass der einzelne Mönch zwar nichts besitzen, die Klostergemeinschaft dagegen über große Einkünfte verfügen dürfe. Für sie bedeutete Armut den möglichst vollständigen Verzicht auf irdische Sicherungen.“48

      Deshalb zogen sich manche Anhänger dieser neuen Armutsbewegung in abgelegene Gegenden zurück, um allein oder mit Gefährten ganz für Gott frei zu sein. Den notwendigen Lebensunterhalt erwarben sie sich durch Handarbeit, indem sie je nach Bedarf Ackerbau betrieben. Diese Eremiten – obwohl zurückgezogen lebend – standen dennoch im regen Kontakt zu den Laien:

      „Gerade die Eremiten und die zönobitischen Vertreter strenger Askese standen in einem viel engeren Kontakt mit breiten Massen des Volkes als die Klosterkonvente älterer Ordnung. Sprachen doch ihre Ideale in steigendem Maße die in gärende Unruhe geratenden Laien an.“49

      Aus diesem Grund kann man die Eremiten-Bewegung als wichtigen Impulsgeber für die Wanderpredigt sowie als Vorläufer für die aus der Wanderpredigt ausgehenden Neugründungen, u.a. die Prämonstratenser, ansehen.50

       I. Kartäuser und Zisterzienser

      Aus der Eremitenbewegung gingen zwei für das Mittelalter und für die religiösen Bewegungen bedeutsame Orden hervor51: die Kartäuser und die für die religiösen Bewegungen wichtigeren Zisterzienser.

      Die Kartäuser, La Grande Chartreuse, gehen auf das Wirken des aus Köln stammenden Weltpriesters Bruno (+ 1101) zurück, „der um 1056 an der Reimser Domschule die Leitung der philosophisch-theologischen Studien übernommen hatte, zu Erzbischof Manasses von Reims sowie zu dessen Nachfolger in Gegensatz geraten und dadurch in seinem Wunsch, die Welt zu verlassen, bestärkt worden war. Für kurze Zeit verweilte er in Molesme bei Abt Robert [der Gründer des Zisterzienserordens], ging dann mit Gefährten in die Einöde von Lêche-Fontaine, verließ sie jedoch bald, von sechs Freunden begleitet, und begann um 1084 im Talgrund von Chartreuse von neuem als Eremit zu leben. Eine Ordensgründung oder dergleichen war nicht beabsichtigt; die Gemeinschaft hätte sich sogar fast aufgelöst, als Bruno 1090 dem Ruf Urbans II., seines früheren Schülers, folgen und nach Rom ziehen musste. Bereits im Jahr darauf gestattete ihm der Papst, in Süditalien wiederum den Eremus aufzusuchen. Er errichtet im Waldgebiet von La Torre (Bistum Squillace) die Einsiedelei S. Maria dell´Eremo, der er 1097/99 für kränkliche Gefährten die zönobitisch ausgerichtete Filiale S. Stefano in Bosco angliederte. Dass sich die Spur seines Erdenwirkens nicht verlor (er starb 1101), ist weniger den Eremiten von La Torre als jenen von Chartreuse zuzuschreiben, besonders dem bedeutenden Prior Guigo de Chastel (+ 1137), der 1128 die von Bruno gegründete und wohl weiterentwickelte Lebensweise durch eine Regel [„consuetudines“] festlegte. Was den langsam und in bescheidenem Umfang sich ausbreitenden Kartäuserorden auszeichnete, waren die eigenartige Verbindung von anachoretischer und zönobitischer Form, eine äußerste, aber mit gesundem Sinn für das Tragbare gepaarte Strenge und endlich eine zweckentsprechende Organisation, bei der die beiden Errungenschaften jener Zeit: das Institut der Laienbrüder und die Ordensverfassung der Zisterzienser, verwendet worden sind. Hier hat der Geist, von dem die Armutsbewegung des 11. Jh. beseelt war, einen zwar partikulären, aber so gültigen Ausdruck gefunden, dass er in seiner ursprünglichen Strenge ohne wesentliche Milderung bis zum heutigen Tag den Kartäusern verblieb und, einmaliges Faktum in der Ordensgeschichte, niemals eine Reform erforderte.“52

      Die Zisterzienser gehen aus der Suche nach einem vollkommenen christlichen Leben hervor: 1098 gründete der Benediktinerabt Robert von Molesme (*1028 +1111) in der Einöde von Cîteaux bei Dijon (Burgund) ein neues Reformkloster. Dort sollte die Benedictus-Regel ihrer ursprünglichen Strenge gelebt werden. Bereits 1099 musste Robert jedoch, auf Veranlassung СКАЧАТЬ