Rückkehr zu Gott. Jörg Gabriel
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СКАЧАТЬ oder graues. Der dritte Abt, der gebürtige Engländer Stephan Harding (1109 – 1133) verfasste 1119 die Ordensstatuten, die „Carta caritatis“. In ihr wurde strengste Armut gefordert; im Gotteshaus sollte größte Einfachheit herrschen, keine steinernen Türme, keinerlei Schmuck und Prunk im Innern. Darüber hinaus wurde die Bedeutung der Handarbeit betont. Im Gegensatz zu den reicheren Abteien der Benediktiner oder Cluniacenser verzichteten die Zisterzienser auf den Besitz von Eigenkirchen und auf die Verpachtung von Grund und Boden zwecks Zins- und Rentenwirtschaft. Vielmehr nutzten sie den Grundbesitz mit Hilfe von „Conversen“, d.h. von einfachen Laienbrüdern, um sich wirtschaftlich selbst versorgen zu können. Dadurch wurden jedoch die Laienbrüder von den Chorbrüdern deutlicher geschieden.53

      Zu einer neuen Blüte des Ordens führte dann das Wirken des hl. Bernhard von Clairvaux (*1090 +1153). Bernhard gilt als der zweite Gründer des Ordens. Als er 1112 in den Orden eintrat, brachte er gleich 30 gleichgesinnte Adlige mit. Bernhard und seine Gefährten prägten fortan das geistliche Leben des Ordens. Bereits in den folgenden Jahren wurden vier neue Niederlassungen gegründet, La Ferté, Ponitigny, Clairvaux und Morimond. Bernhard selbst wurde 1115 Abt von Clairvaux und leitete dieses Kloster bis zu seinem Tode 1153. Bereits 1174 sprach ihn Papst Alexander III. heilig.

      Dem Wirken des hl. Bernhard ist es zu verdanken, dass der Zisterzienserorden im 12. Jahrhundert der angesehenste Orden der Christenheit wurde. Allein von Clairvaux aus gingen nach Bernhards Tod noch weitere 68 Neugründungen aus. Bis 1300 stieg die Zahl der Männerklöster von 300 auf 700. Diesen schlossen sich im 12. Jahrhundert auch immer mehr Frauen an. Auch zahlreiche Benediktinerinnenklöster suchten Anschluss an den neuen Orden. So entstanden sehr schnell mehr als 1000 neue Zisterzienserinnenklöster. Viele dieser Klöster, deren Zahl höher war als die der Männer, lebten zwar nach der Regel von Citeaux, gehörten aber rechtlich nicht zum Orden.54 Diese hohe Zahl aber wurde zu einem erheblichen Organisationsproblem für die Männerklöster, die für die Seelsorge der Frauenklöster (Cura monialum) zuständig waren. Genauso problematisch war auch die wirtschaftliche Existenzfähigkeit dieser Frauenkonvente. Deshalb versuchten die Zisterzienser und nach ihnen die Prämonstratenser erfolgreich, die Dominikaner und Franziskaner dagegen vergeblich55, sich der Frauenseelsorge zu entledigen.56

       II. Die Bedeutung der Zisterzienser für das geistliche Leben

      Der neue Orden prägte die Mystik des 12. Jahrhunderts maßgeblich.57 Die „signifikanten Neuerungen“58 begünstigten den Erfolg der Zisterzienser und beeinflussten indirekt auch das geistlich-spirituelle Leben des 12. Jahrhunderts59: Durch die „Carta caritatis“, die Ordensverfassung, wurden alle Klöster hierarchisch miteinander verbunden, im Gegensatz zu den Reformklöstern von Cluny, die nur einen losen Verband bildeten. Auch die Äbte der zisterziensischen Klöster trafen sich regelmäßig einmal im Jahr zu einem Generalkapitel in Citeaux, was ebenso den Zusammenhalt förderte.

      Der Förderung einer Laienspiritualität dienlich war der Umstand, dass die Zisterzienser für die Handarbeit und Landwirtschaft statt Leibeigene, wie die übrigen Benediktinerklöster, sog. „Conversen“, d.h. bekehrte Laienmönche aufnahmen. Diese Laienmönche, die aus den armen unteren Schichten der Gesellschaft stammten, waren nicht für den Chordienst vorgesehen, konnten aber dennoch ein spirituelles Leben führen. Darüber hinaus schaffte der neue Orden das Institut der Oblaten ab: Ebenfalls im Gegensatz zu den Benediktinern lehnte der Zisterzienserorden es ab, bereits Kinder, die von ihren Familien zum Ordensleben ausersehen wurden, im Kloster aufzunehmen. Diese veränderte „Personalstruktur“, die Anwesenheit von Menschen, die an einem vertieft geistlichem Leben in Armut und Abgeschiedenheit interessiert waren, wirkte sich auf die monastischen Lehren und auf die Predigt aus.60 Menschen, die ein spirituelles Leben im Kloster führen wollten, benötigten die entsprechend kompetente Begleitung und Ansprache.

      Bernhard von Clairvaux (1090 - 1153) kam den Ansprüchen und dem religiösen Sehnen seiner Zeit entgegen. Seine Spiritualität wirkte inspirierend auf die Frauenmystik.

      „Bernhard ist die alles überragende Gestalt der Mystik im zwölften Jahrhundert. ... Unter den lateinischen Autoren des Mittelalters findet sich keiner, der Bernhard übertrifft.“61

      Der Eintritt Bernhards in den Zisterzienserorden markiert deshalb einen Wendepunkt in der Geschichte der Zisterzienser. Mit Bernhard begann die Blüte des Ordens. Sein Wirken beeinflusste den Verlauf der europäischen Geschichte62 und die geistige Entwicklung des Abendlandes.63

       III. Die Spiritualität des heiligen Bernhard von Clairvaux

      Bernhards Spiritualität ist eine „Liebes- und Brautmystik“. Sie war „so bestürzend neu“64 und beeinflusste das religiöse Leben von Mönchen wie auch Laien maßgeblich.65 Vor allem sprach Bernhard die Frauen an, deren Seelen sich mit Christus vereinigen wollten, wie die Braut mit dem Bräutigam.66 Von dorther ist es nicht verwunderlich, dass die nach Religiosität strebenden Frauen die Nähe zu den Zisterziensern suchten.67

      1. Bernhards Predigten über das „Hohelied“

      Bernhard sah sich zuallererst als Prediger. Er benutzte die Predigt, um seine Theologie zu lehren. Genauso dachten auch Meister Eckhart und Tauler.68 Bernhards wichtigstes Hauptwerk für das neue religiöse Leben im Mittelalter sind seine Predigten über das „Hohelied“.69 Diese 86 Predigten70 haben, wie Ruh betont, die „aszetisch-mystische Literatur seines Jahrhunderts und der folgenden Jahre, sehr früh auch das volkssprachliche Schrifttum befruchtet und genährt.“71

      „In seiner Auslegung des alttestamentlichen Liebesliedes bricht der Abt mit der traditionellen frühmittelalterlichen Deutung der Braut als Personifikation der Kirche.“72

      Stattdessen identifiziert er die Braut mit der Seele des Menschen. Die Geschichte Gottes mit den Menschen ist damit nicht mehr nur die Geschichte der Kirche, sondern sie verlagert sich „in den Bereich der seelischen Erfahrung des Einzelnen.“73

       „Hört nun, was wir gestern aufgeschoben haben, hört von der großen Freude, die ich erfahren habe. Sie soll nun auch die eure sein: hört also voll Freude! Bei einem Wort der Braut habe ich sie empfunden. Ich habe sie gleichsam eingeatmet und verborgen, um sie heute desto artiger vorzutragen, je besser die Zeit gewählt ist. Die Braut sprach und sagte, der Bräutigam neige sich ihr zu. Wer ist die Braut, und wer ist der Bräutigam? Es ist unser Gott, sie dagegen, wenn ich es auszusprechen wage, sind wir.“74

      Die Seele des einzelnen Menschen dürstet nach Gott. Die Seele, die Braut Christi, spricht: „ ‚Er küsse mich mit dem Kuss seines Mundes‘ (Hld 1,1).“75 Wer aber den Kuss eines Geliebten begehrt, der liebt:

       „Wer Sklave ist, fürchtet sich vor dem Antlitz des Herrn, der Tagelöhner hofft auf die Hand des Herrn, der Jünger macht sein Ohr dem Meister bereit, der Sohn ehrt den Vater; die aber einen Kuss begehrt, liebt.“76

      Wer ist es, der liebt? Wer ist diese Braut? „Die Seele, die nach Gott dürstet.“77 Wie aber kann die Seele den Kuss des Geliebten, seine Liebe, erlangen? Der Vers Hld 1,7 gibt die Antwort:

       „ ‘Wenn du dich nicht kennst, du Schöne unter den Frauen, so geh hinaus und folge den Spuren der Herden deiner Gefährten und weide deine Böcklein neben den Hütten der Hirten.‘ “ 78

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