Das Abenteuer meiner Jugend. Gerhart Hauptmann
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Читать онлайн книгу Das Abenteuer meiner Jugend - Gerhart Hauptmann страница 26

Название: Das Abenteuer meiner Jugend

Автор: Gerhart Hauptmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Klassiker bei Null Papier

isbn: 9783962818746

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СКАЧАТЬ Hät­te er sie mir re­gel­mä­ßig und dau­ernd zu­ge­wen­det, die An­fangs­grün­de mei­ner Bil­dung wä­ren so­li­der aus­ge­fal­len. So lehr­te er mich zum Bei­spiel durch eine kur­ze, ein­leuch­ten­de Er­ör­te­rung die Zeit von der Uhr ab­le­sen, und so fort.

      Ei­nes Ta­ges war ich ver­zwei­felt, weil ich als der Kleins­te eine Schlit­ten­par­tie zu On­kel Adolf nach Gör­bers­dorf wie­der ein­mal nicht mit­ma­chen soll­te. Ich ließ mich em­pört über die­se Zu­rück­set­zung und über­haupt mei­ne Lage als Jüngs­ter aus. »Ger­hart«, sag­te mein Va­ter, »sei ru­hig, wir wol­len uns schon amü­sie­ren auf un­se­re Art!«

      Wo­rin be­stand die­ses Amü­se­ment?

      Wir sa­ßen ein Stünd­chen in der Vier, und am Ende ei­nes Ge­plau­ders, das mir Auf­merk­sam­keit und Span­nung ab­nö­tig­te, sag­te ich Schil­lers Bal­la­de »Der Tau­cher« von An­fang bis Ende her und habe sie bis heut im Kop­fe be­hal­ten.

      *

      Mein Va­ter schätz­te Frei­mut als eine hohe mensch­li­che Ei­gen­schaft. Wenn das Ein­ge­ständ­nis ei­ner Ver­feh­lung aus Lie­be zur Wahr­heit ge­sch­ah, konn­te es die Schuld in sei­nen Au­gen auf­he­ben. Von Bei­spie­len sol­cher Hand­lun­gen brach­te er im­mer die­ses oder je­nes vor, wenn er im glei­chen Sinn auf uns ein­wir­ken woll­te.

      Groß war der Re­spekt, den mein Va­ter als Lei­ter des Gast­hofs bei den An­ge­stell­ten ge­noss, man darf so­gar von der Furcht des Herrn re­den, die über­all von Kut­scher­stu­be zu Kü­che, von dort zu den Sä­len und Zim­mern vor­han­den war. Hielt er sei­nen Nach­mit­tags­schlaf, so trat eine Atem­pau­se ein. Aber al­les war so­gleich elek­tri­siert bei dem ener­gi­schen Klin­gel­zei­chen aus sei­nem Zim­mer, das sein Wie­de­rer­wacht­sein an­kün­dig­te.

      Sei­ne Re­ser­viert­heit war den meis­ten Ho­tel­gäs­ten un­heim­lich. In der Tat be­saß er nichts von der so vie­len Gast­hof­be­sit­zern ei­ge­nen lie­bens­wür­dig-un­ter­wür­fi­gen We­sen­heit, son­dern trat selbst den Salz­brunn be­su­chen­den ho­hen Per­sön­lich­kei­ten nicht an­ders als gleich und gleich ge­gen­über.

      Da mein Va­ter lan­ge Zeit der ein­zi­ge Sohn des Groß­va­ters Haupt­mann, ei­nes ver­mö­gen­den Man­nes, ge­we­sen ist, der mit Vor­lie­be al­les an ihn wen­de­te, ist er an eine ge­wis­se Le­bens­hal­tung ge­wöhnt wor­den. Nie­mals war er ver­schwen­de­risch, aber ne­ben der Jagd, die er pach­ten durf­te, bil­lig­te ihm der Va­ter ein Reit­pferd zu und re­de­te ihm eben­so­we­nig drein, als er sei­ne sport­li­che Lieb­ha­be­rei mit Ein- und Zwei­spän­nern fort­setz­te.

      Al­les die­ses ver­bot sich ei­gent­lich, als der Groß­va­ter noch­mals hei­ra­te­te und, im Al­ter schon über die Sech­zig hin­aus, den Se­gen ei­nes Zu­wach­ses von drei Töch­tern und ei­nem Sohn ge­noss. Es scheint je­doch, dass mein Va­ter sich von sei­nen no­blen Pas­sio­nen nicht so­gleich tren­nen konn­te. Er setz­te sie so­gar noch wäh­rend mei­ner Kind­heit fort und schob den stän­di­gen Ein­spruch mei­ner spar­sa­men Mut­ter mit Ach­sel­zu­cken bei­sei­te.

      Wie ich rich­tig ge­ahnt hat­te, lieb­te Groß­va­ter Straeh­ler mei­nen Va­ter nicht, und die­ser, zu­rück­hal­tend von Na­tur, brauch­te sich kei­ne Mühe zu ge­ben, ge­gen­über dem Schwie­ger­va­ter den glei­chen Man­gel zu be­schö­ni­gen. Und doch hat­te mein Va­ter ein war­mes Herz, was sich nicht nur uns Kin­dern ge­gen­über hie und da of­fen­bar­te, son­dern viel­fach an sei­nen Halb­ge­schwis­tern und neu­er­lich noch an Freun­den er­wies.

      *

      Sei­nen Freund Ben­in­de, den er mit ei­nem ge­wis­sen En­thu­si­as­mus lieb­te, hat­te er sich als Kur­haus­di­rek­tor her­an­ge­holt, als er die­ses Ho­tel durch Ver­mitt­lung des Schwie­ger­va­ters vom Fürs­ten ge­pach­tet hat­te. Von die­sem On­kel Ben­in­de, wie wir Kin­der ihn nann­ten, mag hier kurz die Rede sein.

      Es war tiefer Win­ter, als ich klei­ner Jun­ge un­ver­mit­telt Ben­in­de in ei­nem Zim­mer des Kur­hau­ses ge­gen­über­stand. Das Ho­tel war ge­schlos­sen und bis auf die Zim­mer Ben­in­des un­be­wohnt. Wer die­se auf­räum­te und sei­ne Ver­pfle­gung in der Hand hat­te, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich einen schö­nen und vor­neh­men Mann wie ihn und Wohn­räu­me wie die sei­nen nicht ge­kannt hat­te. Vor al­lem aber setz­te mich sei­ne Be­schäf­ti­gung in Ver­wun­de­rung, da sie mir mit ei­nem sol­chen Ka­va­lier un­ver­ein­bar schi­en. Er sti­chel­te näm­lich an ei­ner Sti­cke­rei, die mit schö­nen Far­ben und Bil­dern, so­weit sie vollen­det war, sei­ne Knie be­de­ckend zur Erde fiel.

      Die war­men Räu­me aber und zu­nächst der, in dem er saß, wur­den von mir so­fort in ih­rer woh­li­gen Ei­gen­art und als Neu­heit ge­fühlt. Der ei­gen­sin­nig-fei­ne Ge­schmack ei­nes künst­le­risch be­gab­ten und ver­wöhn­ten Jung­ge­sel­len hat­te sie ein­ge­rich­tet. Den Bo­den be­deck­ten Tep­pi­che, aus­ge­such­te ori­en­ta­li­sche Stücke, wie ich spä­ter er­fuhr. Das Meuble­ment vor den mit wein­ro­ten Bro­ka­ten ver­klei­de­ten Wän­den, Spie­gel, Vi­tri­nen, Tisch und Fau­teuils, hat­te ein Samm­ler und Ken­ner zu­sam­men­ge­stimmt. Ich spür­te ge­nau, dass bei dem al­lem eine mir neue Fä­hig­keit im Spie­le war und der Aus­druck be­son­de­rer An­sprü­che.

      Da er Carls und mei­ne Ge­sell­schaft in sei­ner von ihm be­vor­zug­ten, fast völ­li­gen Zu­rück­ge­zo­gen­heit ge­le­gent­lich nicht als stö­rend zu emp­fin­den schi­en und sich manch­mal mit uns be­fass­te, ver­dan­ken wir ihm al­ler­lei Spiel­werk, das, weil er es selbst er­sann und auch her­stell­te, mit dem sonst üb­li­chen nicht ver­gleich­bar war. So schnitz­te er uns einen Fit­sche­pfeil, den wir mit­tels ei­ner Art Peit­sche in un­end­li­che Höhe schie­ßen konn­ten. Er fer­tig­te kunst­ge­rech­te Wurf­spie­ße, die ei­nem Po­ly­ne­si­er Ehre ge­macht hät­ten. Und im­mer wie­der von Zeit zu Zeit be­schenk­te uns un­ter dem Wohl­klang sei­ner wei­chen, gut­tu­ra­len Stim­me des schö­nen Ein­sied­lers kunst­rei­che Hand.

      On­kel Ben­in­de schwand, wie er auf­tauch­te. Der im­mer­hin wohl klei­ne Som­mer­ho­tel­be­trieb be­deu­te­te für einen Mann sei­nes Schla­ges kei­nen ge­nü­gen­den Wir­kungs­kreis. Er wur­de spä­ter bei dem großen Bor­sig Pri­vat­se­kre­tär und ist es bis an sein Ende ge­we­sen.

      Die Vor­stel­lung Ben­in­des ist für mich mit den nack­ten, win­ter­sturm­be­weg­ten Bäu­men auf den Pro­me­na­den ver­knüpft, auf die man durch sei­ne Fens­ter blick­te. Sei­ne Zim­mer wa­ren СКАЧАТЬ