Название: Viva la carpa! Als die Mafia den Aischgründer Spiegelkarpfen haben wollte
Автор: Werner Rosenzweig
Издательство: Автор
Жанр: Юмористическое фэнтези
isbn: 9783960085430
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»Um dir eine ungefähre Zahl zu geben, wir setzen derzeit weltweit ungefähr dreiundfünfzig Milliarden Euro um, aus dem Kokaingeschäft allein circa neun Millionen Euro pro Tag.«
»Wahnsinn. Was ist mit möglichen neuen Geschäftsfeldern, die du erwähnt hast? Ich meine, das ganze Geld muss doch gewaschen, muss sauber werden. Das geht doch, wie du sagst, am einfachsten über Investitionen.«
»Mein lieber Schwiegersohn«, lächelte Calippo Antonelli, »ich bewundere deinen Scharfsinn. Du hast genau den Punkt getroffen. Genau dafür brauchen wir dich. Wir haben beschlossen, unser Geschäft nach Nordbayern auszudehnen. Die Gegend ist gut, ländlich abgelegen. Genau die richtige für uns, sie hat eine hohe Kaufkraft und die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Für unser geplantes Vorhaben benötigen wir einen intelligenten und geschickten Unternehmertyp, Finanzverwalter und Führer vor Ort. Jemand, der unser Geld in großem Rahmen reinwäscht und in neue Geschäfte investiert. Jemand, der Kontakte zur Regionalpolitik aufbaut und unterhält. So manche deutsche Staatsbeamte sind nicht minder korrupt als italienische Politiker. Wenn das nicht so wäre, wären wir nicht in Deutschland. Geldwaschen ist in Deutschland viel einfacher als bei uns.«
»Und warum ist das so?«, wollte das neue Mitglied der Ndrangheta wissen. »Wo liegen da die Unterschiede?«
»Schau«, klärte ihn sein Schwiegervater auf, »in Italien haben wir das System der Beweislastumkehr. Das bedeutet, du musst nachweisen woher das Geld stammt, welches du investieren willst. Das macht die ganze Angelegenheit etwas kompliziert. Ihr in Deutschland habt da ein ganz anderes System. Bei euch gilt die sogenannte Unschuldsvermutung. Der deutsche Staat ist da viel toleranter. Ich würde sagen, etwas blauäugiger.«
»Das habe ich auch verstanden. Und in welche neuen Geschäfte wollt ihr in Nordbayern investieren?«
»Kannst du dir das nicht vorstellen?«, stellte ihm sein Schwiegervater amüsiert die Gegenfrage. »Du selbst hast uns auf die Idee gebracht.«
*
Am 17. August hieß es Abschied nehmen. Frühmorgens, bevor die Sonne über den östlichen Horizont kroch und der Lkw-Verkehr auf den engen Straßen die Pkw-Fahrer zur Weißglut bringen konnte, setzte sich Il Tedesco in seinen Audi. Er hatte eine lange Rückfahrt nach Franken vor sich. Er wollte die Dinge, welche er mit seinem Schwiegervater besprochen hatte, sofort angehen, und er freute sich darauf, die geplanten Renovierungsarbeiten an der alten Mühle endlich in Angriff zu nehmen. In zwei Wochen würden Francesca und die Kinder nachkommen. Nicht mal zwei Flugstunden und sie erreichten Frankfurt am Main.
Das neue Mafia-Mitglied kam auf seinem Weg nach Norden gut voran. Zweimal legte er unterwegs zum Pinkeln und Essen knappe Pausen ein. Die Rückfahrt war langweilig und ermüdend. Er freute sich auf den Stopp in Malcesine am Gardasee. Im Hotel Majestic Palace, fast am Ende der Straße, welche an der Seilbahnstation zum Monte Baldo vorbeiführte, hatte er für die Nacht ein Luxuszimmer gebucht. Knapp einhundert Kilometer hatte er bis dorthin noch vor sich. In seinen Gedanken sah er bereits den riesigen Biergarten der Tiroler Speckstube, welcher nur einen kurzen Spaziergang vom Hotel entfernt lag. Er wusste, heute würde er sündigen. Er würde sich die knusprige Schweinshaxe vom Buchenholzgrill ohne jegliche Gewissensbisse schmecken lassen. Er sah auf sein Navi. Die Schweinshaxe war noch dreiundneunzig Kilometer entfernt, da fielen ihm die Worte seines Schwiegervaters wieder ein, als er ihn gefragt hatte, in welches neue Geschäftsfeld die Ndrangheta in Nordbayern investieren wolle.
»Du hast mir so oft von euren Spiegelkarpfen aus dem Aischgrund vorgeschwärmt«, hatte Calippo geantwortet. »Von einem der bedeutendsten Fischzuchtgebiete in Deutschland hast du gesprochen. Hast mir erzählt, was für ein Run von September bis April auf die dortigen Gaststätten alljährlich stattfindet, nachdem die Karpfensaison eröffnet ist. Ich habe dies mit den anderen Familienoberhäuptern diskutiert und wir haben Erkundigungen eingezogen, haben uns schlau gemacht. Dann haben wir eine Entscheidung getroffen und die ersten Schritte eingeleitet. Wir investieren in das Fischzuchtgeschäft in eurem Aischgrund.«
»Aber …«, versuchte Il Tedesco zu intervenieren.
»Hör mich erst an«, unterbrach ihn sein Schwiegervater. »Wir haben in Franken einen seit Jahren leer stehenden Supermarkt gekauft. Ein Projekt, das einen deutschen Investor in der Nähe von Stuttgart vor Jahren in die Insolvenz getrieben hat. Dazu gehört ein zweites, nebenstehendes Gebäude, eine riesige Lagerhalle. Wir haben beides gekauft.«
»Wo stehen die Gebäude?«, hatte er Calippo gefragt.
»in einem kleinen Kaff. Müsstest du eventuell kennen. Liegt gar nicht so weit von eurer Mühle entfernt. Röttenbach. Schon mal gehört? Liegt auch im Karpfenland Aischgrund. Na ja, schon etwas abseits.«
»Röttenbach?«, hatte er amüsiert nachgefragt, um sich zu vergewissern, dass er seinen Schwiegervater auch richtig verstanden hatte, »meinst du das Röttenbach zwischen Erlangen und Höchstadt an der Aisch?«
»Du kennst das Dorf?«, kam es aus Calippos Mund.
»Na klar, wer kennt Röttenbach nicht? Die Fischküche Fuchs, zum Beispiel. Da gibt es die besten gebackenen Aischgründer Spiegelkarpfen in der Region. Der Wirt züchtet sie in eigenen Weihern. Wenn du da am Wochenende einkehren willst, ohne reserviert zu haben … Kannst du vergessen, sage ich dir.«
»Verrückt!«, war das Einzige, was sein Schwiegervater dazu bemerkte. »Die Welt ist doch wirklich klein. Hör zu, der Supermarkt und die Lagerhalle werden derzeit umgebaut. Auf den ehemaligen Verkaufsflächen des Supermarkts errichten wir ein Restaurant der Spitzenklasse. Mediterrane Küche. Sonnenterrasse, künstliche Teichanlage mit Springbrunnen und sonstigen, exklusiven Schnickschnack. Eine Wohlfühloase. Nichts für den kleinen Geldbeutel. Ende September ist Eröffnung.«
»Wow! Verstanden. Und was habt ihr mit der Lagerhalle vor?«
»Die Umbauarbeiten werden bereits in den nächsten Tagen abgeschlossen. Darin züchten und verarbeiten wir Kokapflanzen. Aber das ist noch nicht alles. Ich denke auch an die Herstellung von Kokatee. Wie gesagt, wir wollen in großem Stil in die Karpfenzucht in eurem Aischgrund investieren. In der Gegend gibt es ungefähr siebentausend größere und kleinere Fischteiche, das hast du mir so oft erzählt. Mehr als dreitausend Hektar sollen es sein. Na schön habe ich mir gedacht und habe mich über die Karpfenzucht im Aischgrund informiert. Alles sehr ländlich verträumt, in dieser Gegend. Eigentlich ideal für unsere Geschäfte. Na ja, die anderen Clan-Oberhäupter sehen das genauso. Wir haben noch so viel Geld in Deutschland gebunkert, das wir rein waschen wollen und müssen. Ergo ist ein Großprojekt genau das, was wir jetzt brauchen. Dann, nach langen Diskussionen, haben wir beschlossen, dass das Karpfengeschäft der richtige Ansatz für uns ist. Nichts Aufregendes, es ist eher unauffällig, wenn wir uns dort beteiligen. Schritt für Schritt, aber insgesamt mit einem hohen Investitionsvolumen. Niemand wird damit rechnen, dass wir in die Fischzucht einsteigen.«
»Aber die Karpfenteiche befinden sich alle in Privatbesitz«, brachte Calippos Schwiegersohn nun seine Einwände an. »Mehr als eintausend Teichwirte sollen es sein, sagt man.«
»Das ist richtig«, bestätigte ihm sein Schwiegervater, »aber nach eigenen Recherchen betreiben sehr viele die Fischzucht nur als Nebenerwerb. Hier müssen wir ansetzen. Wenn wir denen einen anständigen Preis bieten …?«
»Und wenn sie dennoch nicht verkaufen wollen?«
»Dann hilfst du nach und unterbreitest ihnen ein Angebot, das sie nicht ablehnen können. Das wird dir sowieso nicht erspart bleiben, denn die großen Teichwirte, die, welche ausschließlich von der Fischzucht leben, werden ihre Weiher bestimmt nicht so leicht abgeben wollen. Egal, kauf alles auf, was du СКАЧАТЬ