Название: Viva la carpa! Als die Mafia den Aischgründer Spiegelkarpfen haben wollte
Автор: Werner Rosenzweig
Издательство: Автор
Жанр: Юмористическое фэнтези
isbn: 9783960085430
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»Hör zu, was ich dir sage, denn ich sage es nur ein einziges Mal«, warnte Anna sie. »Du lebst gefährlich. Luigi ist ein hohes Tier in der Mafia-Organisation der Ndrangheta. Er geht über Leichen. Wenn du ihm überdrüssig wirst, lässt er dich fallen wie eine heiße Kartoffel. Ich weiß, wovon ich rede. Ich hätte mein Verhältnis zu ihm fast mit dem Leben bezahlt. Hier, sieh her«, forderte sie Roserl auf, schob ihr T-Shirt über dem Hosengürtel hoch und ließ die Deutsche ihre grausam verstümmelte und vernarbte Bauchdecke sehen.
»Was ist das?«, zuckte Rosi angeekelt zurück.
»Ein Säureanschlag«, erhielt sie zur Antwort, »nur so zur Warnung. Ich kann froh sein, dass er mich nicht umgebracht hat.«
»Was hast du ihm angetan?«
»Ich? Nichts. Ich stand ihm lediglich im Wege. Für eine neue Beziehung. Eine Asiatin aus Hongkong hatte es ihm angetan. Nach sechs Monaten mit ihm zusammen sprach sie von Hochzeit. Zwei Monate später wurde sie von einem Lkw überfahren. Natürlich tot. Der Unfallfahrer wurde bis heute nicht gefunden. Ich kann dir nur raten, hau ab, solange noch Zeit dazu ist.«
Roserl glaubte ihr kein Wort. Aus Anna sprach der blanke Neid. Verletzte Gefühle. Dennoch, ein kleines Gefühl von Misstrauen war in ihrem Innersten gesät. Fortan betrachtete sie das Verhalten ihres Freundes mit einer gewissen Skepsis, ohne sich etwas anmerken zu lassen – wie sie glaubte. Als sich der Arm des Gesetzes nach Luigi ausstreckte, wäre es fast zu spät gewesen. Sie schaffte gerade noch rechtzeitig den Absprung. Dass sie sich bereit erklärte, mit der römischen Justiz zusammenzuarbeiten, rechnete sie ihrem Eigeninteresse zu, mit einem blauen Auge aus der ganzen Scheiße herauszukommen. Was Luigi alles auf dem Kerbholz hatte, nun darüber wusste sie nichts Genaues, aber einige von Luigis Besuchern erkannte sie wieder, als man ihr die Fahndungsfotos und Verbrecherkarteien vorlegte. Und dass Luigi über unerschöpfliche Kokainvorräte verfügte, wusste sie auch. Sie sang wie eine Amsel in der Abendsonne. Erst danach ließen die italienischen Behörden sie ziehen. Nach Bad Tölz wollte sie nicht zurück. So entschied sie sich für das nahe gelegene Wolfratshausen. Das kannte sie, lag ja nicht weit von ihrer Heimatstadt entfernt. Damals überlegte sie, wie es mit ihr weitergehen sollte. »Was beherrschst du am besten?«, fragte sie sich selbst. Sie überlegte intensiv und lauschte ihrer inneren Stimme. »Bumsen«, sagte ihr die Stimme. »Womit kannst du am schnellsten und leichtesten Geld verdienen?« Egal, welche Fragen sie sich stellte, die Antworten waren immer die gleichen: Bumsen. »Außerdem brauchst du genug Kohle, um dir Stoff zu besorgen«, verriet ihr ihre innere Logik.
So stieg sie in das horizontale Gewerbe ein. Von irgendetwas musste der Mensch ja schließlich leben. Auch wenn sie niemandem verriet, dass sie sich in die Stoiber-Stadt flüchtete und später in die Oberpfalz umzog, hatte sie der lange Arm der Behörden doch gleich wiedergefunden. Vor Tagen, als sie Rolfs Nachricht vorfand, lag eine weitere Nachricht in ihrem Briefkasten. Von der Staatsanwaltschaft in Rom. Darin wurde sie informiert, dass das aufwendige Ermittlungsverfahren gegen Luigi Antonelli nunmehr endgültig abgeschlossen sei und ihm ein langwieriger Gerichtsprozess bevorstünde. Sie, Roserl Hinterwimmer, habe damals eine mehrmonatige intime Beziehung zu dem Angeklagten unterhalten, habe Kokain von ihm bezogen und verkonsumiert und werde hiermit als eine wichtige Zeugin der Staatsanwaltschaft berufen. In dem Schreiben wurde sie aufgefordert, sich am 13. August dieses Jahres bei Oberstaatsanwalt Dr. Fernando Vincelli, Via de Campone 3, zu melden. Dieser Vorladung sei unbedingt Folge zu leisten, hieß es. Ansonsten … Es folgten Hinweise auf ein Sammelsurium von Paragrafen, welche Roserl nichts sagten. »So ein Scheiß«, entfuhr es ihr in dem blubbernden Schaumbad, als ihr der Brief der römischen Staatsanwaltschaft wieder durch den Kopf ging, »wie haben die mich bloß gefunden?«
Dass es neben Dr. Fernando Vincelli auch andere Leute gab, welche ebenfalls ein gewisses Interesse an ihrer Person haben könnten, nun auf diese Idee kam Roserl nicht, als der Champagner tief in ihrem Hals prickelte. Il Tedesco, der Deutsche, hatte schon vor Monaten den Auftrag erhalten Roserl ausfindig zu machen. Seitdem klebte er auf ihrer Spur und war ihr näher und näher gekommen. Aber wie gesagt, davon hatte Roserl keine Ahnung. Für sie war die Episode Rom gedanklich längst ad acta gelegt. Bis vor wenigen Tagen eben, als sie den Brief der römischen Justiz in ihrem Briefkasten vorfand. Auch Il Tedesco – alias Rolf – hatte sie gefunden und war auf dem Weg zu ihr. Die Ndrangheta hatte mit ihr noch eine offene Rechnung zu begleichen. Dass die Roserl bald gegen ihren früheren Liebhaber aussagen sollte, gefiel den Clans der Ehrenwerten Gesellschaft überhaupt nicht. Der Auftragskiller war bereits in der Stadt, das Leben von Rosi Hinterwimmer keinen Pfifferling mehr wert. Noch plantschte sie im sprudelnden Whirlpool, dachte an eintausend Euro und an eine Anaconda. Ihre Lebensuhr tickte nur noch eine halbe Stunde.
*
Mit großen Schritten brach die Nacht endgültig über Amberg herein und schlich sich in die historische Altstadt. Die Seminargasse war menschenleer. Die Hitze staute sich noch immer in der schmalen Straße. An Abkühlung war nicht zu denken. Der Mörder legte seinen mit einem Tempotaschentuch umwickelten Daumen auf den Klingelknopf des Eh’häusls. Drinnen ertönte ein helles Ding-Dong. Dann rührte sich etwas im Haus. »Ich komme«, hörte er eine weibliche Stimme rufen. Sekunden später öffnete sich die Tür.
»Hallo, ich bin der Rolf«, hörte er sich sagen.
»Komm rein, ich habe schon auf dich gewartet«, antwortete der attraktive, rothaarige Wuschelkopf, in ein transparentes schwarzes Nichts gekleidet. Deutlich stemmten sich zwei rosafarbene Brustwarzen gegen den leichten, durchsichtigen Stoff. »Wie geht es deiner Anaconda?«
»Die ist gerade aufgewacht und windet sich hin und her«, antwortete er, dann schloss sich hinter ihm die Tür.
Roserl musterte den Fremden mit Interesse. Was sie so sah, gefiel ihr. Sie schätzte den Mann mit dem markanten, kantigen Gesicht, den dunkelblauen Augen und dem weiblich geschwungenen Mund auf Mitte dreißig. Schlank, muskulös wirkend und geschätzte einen Meter fünfundachtzig groß. Sie konnte sich nicht an ihn erinnern und haderte erneut mit ihrem unvermögenden Langzeitgedächtnis. »Wie wär’s mit einem erfrischenden, prickelnden Entspannungsbad zur Begrüßung?«, gurrte sie. »Bei einem Gläschen Schampus? So weit mir bekannt ist, lieben Anacondas das Wasser.«
»Keine schlechte Idee«, lächelte Rolf sie offen an. Eine sympathische junge Frau. Gut aussehend, sexy und irgendwie hyperaktiv. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen schienen ihr nicht zu fehlen und sexuelle Hemmungen hatte sie sowieso nicht.
»Ich gehe schon mal vor. Ganz oben unter dem Dach wartet unser Schaumbad. Ich habe das Wasser schon eingelassen. Zieh dich doch aus. Ich warte auf dich und deine Würgeschlange, dann können wir uns darüber unterhalten, was wir die nächsten Stunden so alles treiben«, kicherte Rosi und ließ dabei ihr transparentes Nichts von der Schulter gleiten. Mit dem nackten Po wackelnd stieg sie lasziv Stufe um Stufe empor und schnalzte dabei mit der Zunge. Keine Minute später drangen dumpf blubbernde Geräusche von oben in das Kaminzimmer herab.
Der Mörder ließ sich Zeit. Er stand vor dem künstlichen Kamin und sah sich um. Dann schraubte er den Schalldämpfer auf seine Colt 1911 A1 und vergewisserte sich, dass das Magazin auch geladen war. Er entsicherte die Pistole, zog den Schlitten zurück und ließ eine Patrone in die Patronenkammer gleiten. Auf der gläsernen Tischplatte vor dem Kamin bemerkte er feine Reste eines weißen Pulvers. »Sieh an, sieh an«, murmelte er. Dann zog er seine Schuhe aus und machte sich lautlos auf den Weg nach oben. Die Schusswaffe in der Rechten hielt er hinter seinem Rücken verborgen. Irgendwie tat ihm diese lebenslustige Nutte leid. Sympathisch attraktiv und zum Sterben viel zu jung. Schade um sie. Er hatte keine Ahnung, was sie verbrochen, was sie angestellt hatte, um sich den Zorn der Ndrangheta zuzuziehen. СКАЧАТЬ