Götterhämmerung & Walkürentritt. Olaf Schulze
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Название: Götterhämmerung & Walkürentritt

Автор: Olaf Schulze

Издательство: Автор

Жанр: Историческая фантастика

Серия:

isbn: 9783944180458

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СКАЧАТЬ der einäugige Odin wie eine, in sicherer Entfernung zu Tale stürzende, Gerölllawine. „Deinen Gruß hatte ich mir nach über tausend Jahren enthusiastischer vorgestellt. Aber ich kann damit leben, mein Sohn.“

      Der so angesprochene Barbarossa, der in Wirklichkeit Odins Sohn und der Donnergott Thor war, zappelte auf seinem Stuhl herum, als gelte es einer Hundertschaft von Skorpionen auszuweichen.

      „Bist du gekommen, mich von dieser Maskerade zu erlösen?“, fragte er vorsichtig. Thor wusste sehr genau, dass dies mit Sicherheit nicht der Grund war, weshalb sein Vater aus Walhalla herabgestiegen war. Wenn ihm der Alte eine Nachricht hätte schicken wollen, so wäre einer seiner Wölfe oder Raben ausreichend gewesen, dachte Thor. Nun hatte der oberste aller Götter aber gleich alle vier Tiere mit in diese Höhle gebracht und trug in seiner Rechten zu allem Überfluss den Speer Grungnir, der sein Ziel niemals verfehlte. Thor schwante nichts Gutes. Wenn sein Vater in vollem Ornat anrückte, dann musste etwas Bedeutendes und sehr Beunruhigendes vorgefallen sein. Huginn, derjenige der Raben, der die Gedanken verkörperte, funkelte Thor aus seinen pechschwarzen Augen feindselig an und Munnin hackte sich gerade genüsslich eine große Spinne von seinem Federkleid, um sie kurz darauf seelenruhig zu verzehren. Der Rabe Munnin wirkte alles in allem eher unbeteiligt. Er stand für die Erinnerung und Thor dämmerte es, dass Erinnerungen wohl nicht das Thema der nächsten Minuten wäre. Aber er brauchte Zeit, sich vom ersten Schock zu erholen und seine grauen Zellen wieder neu zu postieren, auf dass er der Auseinandersetzung mit seinem Erzeuger gewachsen wäre.

      „Natürlich nicht!“, brüllte Odin. „Und du weißt das ganz genau!“

      „Ähem, ich freue mich immer, dich zu sehen, mein Vater, äh, Gott, ich meine – Gottvater“, ruderte Thor hilflos durch das ihm momentan zur Verfügung stehende Vokabular.

      „Lass uns die Sache verkürzen“, schaltete sich Odin wieder ein und Thor stellte für sich fest, dass sein Vater noch immer kein Freund der großen Worte und des langen Herumredens war und deshalb gleich auf den Punkt kommen würde.

      „Du weißt“, sagte Odin, „dass ich noch nie ein Freund der großen Worte und des langen Herumredens war und deshalb immer gleich auf den Punkt komme.“

      „Ja, ich weiß“, sagte Thor wahrheitsgemäß.

      „Ich habe nur eine einzige Frage, mein Sohn.“

      „Und die wäre, ich meine, bitte, ähem, frag ruhig“, versuchte Thor seinen Vater nur sehr halbherzig zu animieren.

      „WO IST DEIN HAMMER?“, schrie der mächtigste aller Götter und betonte die Vokale überaus lange und schrill.

      Thor schaute erschreckt an seiner Bettstatt hinunter und stellte fest, dass Mjöllnir, sein alles zerschmetternder Donnerhammer, nicht mehr an der Stelle lag, wo er hätte sein sollen. Thor registrierte mit einem leichten Anflug von Panik, wie sich seine eben neu formierten grauen Zellen schnell wieder hinwarfen und Deckung hinter den Schädelknochen suchten.

      Sabrina saß an ihrem Arbeitsplatz vor dem PC mit der Layout-Software, in der sie ihre Artikel gleich in der richtigen Länge einfügen konnte. Eine Tasse kalten Kaffees stand neben ihr und der tägliche, obligatorische Polizeibericht flimmerte grünlich auf ihrem Bildschirm, als fürchte er seine eigene Veröffentlichung. Wenn es wenigstens ein ordentliches Zeilenhonorar dafür gegeben hätte.

      Sie hatte aber als fest eingestellte Redakteurin kein Zeilenhonorar als Berechnungsgrundlage ihrer journalistischen Arbeit. Und ihre Bezahlung hatte sie sich während des Studiums auch anders vorgestellt. Mit diesen paar Euro konnte sie jedenfalls noch keine Familie gründen. Ihren Eltern gefiel es überhaupt nicht, dass sie mit 28 Jahren noch keine feste Beziehung eingegangen war und wie Sabrina ihre Mutter kannte, machte die sich bestimmt große Sorgen um den Fortbestand der Familie. Doch Sabrina hatte sich erst einmal andere Prioritäten gesetzt und wollte in der Lokalredaktion der Kreisstadt weiterkommen und Karriere machen. Dann, später einmal, wenn sie bei einem renommierten Blatt beschäftigt war, würde sie eine eigene Familie planen. Je mehr sie aber über diesen, ihren Lebensplan nachdachte, desto unsicherer wurde sie, ob er tatsächlich so perfekt war, wie er ihr noch vor wenigen Jahren beim Studium erschienen war. Inzwischen entließen die großen Verlage und Zeitungen reihenweise ihre Redakteure. Und das waren keine schlechten Vertreter ihrer Zunft, die sich nun um die verbliebenen Plätze an der printmedialen Futterkrippe balgten. Manchmal dachte sie, es wäre besser gewesen, sie hätte damals zur Paläographie gewechselt und würde nun in einer heimeligen Forscherstube eines renommierten Museums sitzen und alte Schriftzeichen des Mittelalters entziffern. Stattdessen lief sie jeden Tag in die langweilige Redaktion der einzigen Tageszeitung vor Ort und wertete Polizei- und Feuerwehrberichte aus. Die Masse der Nachrichten beinhaltete Pressemeldung der Stadtverwaltung mit dem Inhalt, wann welche Straße voraussichtlich für wie lange wegen Bauarbeiten vom Straßenverkehr ausgeschlossen sein würde. Die von ihr zu erfassenden Leserbriefe drehten sich inhaltlich um Hundekot auf öffentlichen Plätzen oder Beschwerden darüber, dass die Sperrung einzelner Straßen nicht pünktlich genug in der Zeitung angekündigt worden war.

      Ihr gegenüber saßen ihre Kollegin Henriette Wildt und der junge Fotograf Enrico Neumeister, ebenfalls auf ihren Drehstühlen, und versuchten die morgige Lokalausgabe mit brauchbaren Beiträgen und Fotos zu füllen. Henriette hatte gerade einen Leser am Telefon, der sich offenbar über die schlechte kulturelle Grundversorgung im gesamten Landkreis unter besonderer Berücksichtigung der viel zu dünn gesäten Volksmusikveranstaltungen im Gegensatz zum ewigen Bumbum-Geratter der jungen Generation in diesen grässlich lauten Diskotheken erregte. Am Beginn des Anrufes, der schon einige Minuten zurücklag, hatte Henriette immer laut die wilden Anschuldigungen des Anrufers wiederholt, damit die beiden anderen in der engen Redaktionsstube auch etwas zu lachen hatten. Aber solcherlei Scherze sind kurzlebig und auch Henriettes Gesicht deutete inzwischen nicht mehr auf irgendeine Form von Vergnügen hin. Sabrina sah zum Fenster hinaus, genauer gesagt spähte sie durch einen Schlitz der fast geschlossenen Jalousie und dachte an gar nichts. Ein Zustand, der sich immer dann bei ihr einstellte, wenn sie den Polizeibericht bearbeiten musste. Wie aus weiter Ferne hörte sie Henriette sagen: „Ich bin ganz Ihrer Meinung, das ist wirklich bedauerlich. Ich werde Ihre Anregungen mit in die Redaktionskonferenz nehmen und ganz bestimmt darüber schreiben. Ja, wenn ich es Ihnen doch sage. Verlassen Sie sich auf mich. Nichts zu danken. Wiederhören. Idiot.“

      Sie hatte den Hörer auf die Gabel geknallt und stand ruckartig auf.

      „Was man sich hier alles bieten lassen muss! Was denkt sich denn dieser Blödmann, was wir hier den ganzen Tag über machen? Er hat doch allen Ernstes behauptet, wir würden absichtlich nichts über Volksmusik bringen, weil wir Absprachen mit den örtlichen Diskotheken hätten und uns von denen bezahlen ließen.“

      Henriette war richtiggehend aufgebracht, was ihr nicht oft passierte, denn sie hatte einen eher ausgeglichenen Charakter. Böse Zungen bezeichneten sie als phlegmatisch, ein noch geringerer Teil der Einwohnerschaft hielt sie für schlichtweg faul und desinteressiert. Diese wenigen Leute unterstellten ihr, sie würde in den Redaktionsstuben des Kreisanzeigers nur auf die nahende Rente warten, die in überschaubarer Zeit ihrem journalistischen Treiben ein Ende setzen sollte. So drückte es jedenfalls Henriette selbst aus und wurde nicht müde, ihren baldigen Ruhestand immer wieder ins Gespräch zu bringen. Das hatte zur Folge, dass sie auch in der Redaktion mit keinen großen Sonderaufgaben mehr betraut wurde. Denn sie ging ja ohnehin bald in Rente. Wann genau das war, wusste außer ihr kaum jemand.

      Sabrina konnte Henriette gut leiden, ihr gefiel die bedachte, nichts überstürzende Art der älteren Kollegin und ihr Scharfsinn, wenn es um Falschmeldungen ging. Henriette Wildt ließ sich so leicht nichts vormachen. Sie konnte wunderbar im Stile der Yellow-Press schwadronieren und sich über Nebensächlichkeiten unendlich ausbreiten. Sie sagte dann СКАЧАТЬ