Götterhämmerung & Walkürentritt. Olaf Schulze
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Название: Götterhämmerung & Walkürentritt

Автор: Olaf Schulze

Издательство: Автор

Жанр: Историческая фантастика

Серия:

isbn: 9783944180458

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СКАЧАТЬ Lehmann angestrengt. „Da hast du was verpasst.“

      „Ach, verpiss dich“, brummelte Kindler, trank einen Schluck Bier und beobachtete Lehmann aus den Augenwinkeln.

      „Na, nun sag schon was mit der Alten war“, ermunterte er Lehmann schließlich.

      Aber Lehmann schwieg und tat so, als wäre er beleidigt. Er spielte das nicht gut, denn obwohl er so gern ein Schauspieler geworden wäre, hatte er stets ein sehr mangelhaftes Talent bewiesen. Er war ein Übertreiber, der immer gleich ins Melodramatische abrutschte und den Anschein erweckte, als wäre er eben einem Courts-Mahler-Roman entsprungen.

      ‚Edel sei der Mensch, hilfreich und gut’, musste Kindler auf einmal denken und wusste überhaupt nicht, warum. Wahrscheinlich aber, weil dieser Lehmann wieder große Oper spielte. Und als hätte der seine Gedanken gelesen, platzte Lehmann heraus: „Ich gehe jedenfalls am Mittwoch mit ihr in die Oper. Und überhaupt ist sie die interessanteste und spannendste Frau, die mir je begegnet ist.“

      Kindler machte sich auf einen langen Nachmittag gefasst und wog die Chancen ab, das eine oder andere Bier spendiert zu bekommen, wenn er nur so tat, als höre er diesem dicken Spinner geduldig zu.

      Unter dem Tisch träumte ein kleiner Hund von einem großen, weißen, mehrere Zentimeter langen, röhrenförmigen Teil mit Verdickungen an beiden Enden. Im Traum versuchte er sich zu erinnern, was er damit anfangen könnte. Warum er es vergraben und nach einer Woche wieder ausbuddeln würde. Es wollte ihm einfach nicht einfallen.

      Das Eichhörnchen hatte sich von dem Schock erholt und schaute jetzt neugierig durch das Loch, das der Stein in den morschen Stamm geschlagen hatte. Wer hatte ihm diesen Schrecken eingejagt? Es waren Zweibeiner! So, wie sie die Alten manchmal noch beschrieben hatten. Zweibeiner, die früher hier alles umgekrempelt hatten, die Wälder abgeholzt, die Auen trockengelegt, die Wiesen mit hartem, stinkenden Zeug zugeschmiert hatten. Nun waren also zwei von denen, die seit vielen Generationen nicht mehr gesichtet worden waren, wieder da. In der letzten Zeit hatten die Erinnerungen an ihre Gräueltaten nur den Jungtieren als schreckliche Drohung bei ungebührliches Verhalten gedient. Der eine der beiden Aufrechten war riesengroß. Er hatte einen mächtigen, metallischen Kopf mit zwei Hörnern dran, aus seinem Gesicht ragten lange, gelbe Haare, die ihm bis auf die Brust reichten, die auch aus Metall war. Vom Hals her breitete sich über den ganzen Rücken ein flügelähnlicher Körperteil aus, der fast bis auf den Boden reichte. Beim kleineren der beiden, dem rote Haare aus dem Gesicht wuchsen und wallendes Kopfhaar unter dem Metall hervorquoll, reichte der weiche Körperteil wirklich bis auf den Boden. Das schien ihm nicht zu gefallen, denn mit einer Vorderpfote versuchte er es immer wieder anzuheben. Die andere Vorderpfote hielt einen großen, länglichen Gegenstand, der in der Sonne silbern glitzerte. Der große Mensch hatte ein ganz ähnliches Ding in der Pfote, aber das war noch gewaltiger, als der Stock vom Rothaarigen. Der besaß auch zwei Hinterpfoten aus dickem Fell, das aussah, als sei es ihm gar nicht selbst gewachsen. Jähes Entsetzen durchzuckte das Eichhorn, als es begriff: Die Zweibeiner hatten Vierbeiner getötet und gehäutet. Oder hatten sie die Tiere vielleicht gar nicht getötet und gleich gehäutet? Ein eiskalter Schauer ließ den Leib und vor allem den buschigen Schwanz des Nagers vibrieren. Um die Mitte ihres Körpers hatten die schauderhaften Wesen ein schlangenartiges Ding gewunden. Dort hinein hatten sie ihre schrecklichen, spitzen Totschläger gesteckt. Der obere Teil ihrer Hinterpfoten steckte in irgendetwas, was bei genauerer Betrachtung auch ein ehemaliges Tier sein konnte. Alles, was die Alten erzählt hatten, stimmte also. Bis auf den Geruch, der war anders, als das kleine Nagetier es gelernt hatte. Das kalte Grauen kletterte zum Eichhörnchen in den Baum, packte es am Hals und überredete es, sich nicht weiter um die Zweibeiner zu kümmern und stattdessen einen längeren Waldlauf im gestreckten Galopp zu unternehmen. Und zwar entgegengesetzt der Richtung, die von den Zweibeinern eingeschlagen worden war.

      ‚Die wollen auch nicht weiter auf der Evolutionsleiter hochklettern‘, dachte der kleine Krieger, der die Gedanken des Eichhorns belauscht hatte. Es war müßig, sich um die spirituelle Vervollkommnung der Tiere zu kümmern. Sie waren einfach nicht entwicklungsfähig oder sie stellten sich bewusst blöd. Vermutlich letzteres, das war schön bequem und man musste sich nicht für den Weltenlauf verantwortlich fühlen, dachte er und stapfte betrübt über so viel mangelndes Pflichtbewusstsein hinter dem Großen her. Sie hatten eine Lichtung erreicht und beide untersuchten den Erdboden mit ihren Schwertern nach Spuren menschlicher Siedlungen.

      „Heiliger Donner aller Götter!“, brüllte der Große plötzlich. „Es ödet mich an, wie ein tumber Bauer durch den Wald zu latschen und jeden Meter baumlosen Bodens umzuwühlen wie ein wildes Schwein. Wo bei Wotan sind wir hier gelandet?“

      „Ich denke mich an diese Stelle zu erinnern“, warf der Kleine beschwichtigend ein.

      „Hier war die Thingstelle in früheren Zeiten, ich spüre es bis in die Knochen, dass hier die Götter angebetet wurden.“

      „Bei aller Hochachtung für deinen außergewöhnlichen Spürsinn“, sagte der große Krieger sichtlich um Fassung ringend, „sag mir doch einfach, wann hier eine Thingplatz war. Dann können wir uns gemütlich ausrechnen, in welchem Jahr wir gelandet sind. Wenn wir wenigstens ein paar Spuren von Steinkreisen gefunden hätten, aber hier erinnert nichts mehr an uns und kaum etwas an das ganze Menschengeschlecht. Also Bruder, befleißige dich doch gefälligst mir zu verraten, wann und wo wir sind.“

      „Wie ich dir sage, an das wo habe ich deutliche Erinnerungen. Einstens war hier ein Thing, später kamen die Slawen, noch später die Franken und Sachsen. Die Götter wissen, was noch für Horden hier durch sind, schlussendlich kamen die Christen vom anderen Rand dieser Berge und bauten in der Nähe eine Burg. Dann entstand eine Stadt, von hier aus wurden deutsche Könige berufen, sogar Kaiser. Ein gewisser Barbarossa hatte ganz in der Nähe eine Pfalz und soll der Sage nach in einem Berg liegen und schlafen“, erklärte der rothaarige Kämpfer jetzt.

      „Was heißt hier der Sage nach!“, brauste der große Krieger auf und sein blonder Bart wehte im aufkommenden Lüftchen. „Wir sind hier der Mythos. Wir machen ihn und wir sind er. Wer hat diese Sage von dem schlafenden Kaiser erfunden?“

      „Das ist eine lange Geschichte“, seufzte der andere abwehrend. „Gut, dann erzähl sie mir“, knarrte der Große und setzte sich auf einem Mooskissen zurecht.

      „Was, jetzt? Muss das sein?“, nörgelte der Rotschopf.

      „Wir haben ja sonst nichts Besseres vor“, erwiderte der große, blonde Recke. „Und verlaufen haben wir uns auch, machen wir eben eine Pause.“

      „Na schön“, seufzte sein Begleiter und fing an, die ganze lange Geschichte des Stauffenkaisers zu erzählen, von seiner Jugend, seiner Heirat, seinen Feldzügen, seiner Diplomatie in Italien und anderswo und schließlich von seinem Auszug nach Jerusalem zum dritten Kreuzzug.

      „Wir hatten damals große Hoffnungen in den Kaiser gesetzt“, fuhr der Erzähler fort. „Er schien uns die letzte Möglichkeit zu sein, das ganze germanische Göttergeschlecht in den Herzen der Menschen am Leben zu erhalten. Nur wenn es uns gelungen wäre, ihn vom Christentum abzubringen, dann hätte Walhalla eine Chance als Weltreligion gehabt. Unsere Sache stand auch nicht schlecht, denn der Kaiser hatte andauernden Streit mit den Vertretern der christlichen Kirche. Mehrere Päpste hätte er am liebsten auf sein langes Schwert gespießt, aber letztendlich war er doch zu festgelegt in seinem Glauben. Odin persönlich leitete damals die Operation und hatte seinen Sohn Thor ausgeschickt, den Kaiser mit dem roten Bart zu bekehren. Leider war der große Donnerer wenig erfolgreich und Friedrich I., wie der Barbarossa in Wahrheit hieß, hing nach wie vor an diesem jammervollen Gott, dessen Sohn sich kampflos ans Kreuz nageln hatte lassen. Er glaubte uns nicht und hielt uns für Scharlatane СКАЧАТЬ