Das Versprechen der Nonne. Robert Storch
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Читать онлайн книгу Das Versprechen der Nonne - Robert Storch страница 8

Название: Das Versprechen der Nonne

Автор: Robert Storch

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783961400874

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СКАЧАТЬ dich fragte.“

      „Ich schwatzte doch nicht!“, rief Michal aus. „Ich wollte jenen Menschen helfen! Wie unser Herr Jesus! Er hütete seine Zunge nicht, als er auf jenen Berg stieg und verkündete, dass unser Licht leuchten soll vor den Menschen. Wie soll denn unser Licht leuchten vor jenen Menschen auf der Lichtung, wenn wir schweigen in jenem Augenblick, da sie unserer Worte dringender bedürfen denn je?“

      Auf Walburgas Stirn kündigte sich ein Gewitter an. „Meine liebe Nichte, dich zeichnet vor allen anderen Schwestern eine hervorragende Begabung im Schreiben und überhaupt in den geistigen Werken aus. Doch du zählst erst achtzehn Jahre, was viel zu jung ist, um die in der Schrift verborgene Wahrheit zu erfassen. Vielmehr sollst du die Regeln des heiligen Benedikts beachten. Allein dies ebnet dir den Weg zum Schleier. Eine dieser Regeln heißt: Stelle eine Wache vor den Mund! Wer diese Regel missachtet, ist des Schleiers unwürdig. Dies gilt für dich als meine Nichte ebenso wie für alle anderen.“

      Michal wollte etwas entgegnen, brachte aber kein Wort heraus. Die Verleihung des Schleiers erwartete sie in Bälde, dies war ihr innigster Wunsch seit den Tagen in der Klosterschule zu Wimborne, wo die bewundernswerten gottgeweihten Jungfrauen ihr den Weg zum tugendhaften Leben gewiesen hatten.

      Walburga sagte: „Du schweigst heute und am morgigen Tag. Öffne Ohr und Herz für die Stimme Gottes!“

      Vom Gießbach her rief eine Stimme: „Verehrungswürdige Walburga!“ Es war der Mann, den Wulfhardt auf der Lichtung mit dem Schwert bedroht hatte, an der Hand hielt er das Mädchen ohne Haarschopf, hinter ihm standen die Bewohner der Lichtung.

      Während Walburga sich zum Gießbach begab, damit sie die Wünsche der Heiden erfahren konnte, ohne dass diese den Bereich der Nonnenklausur betraten, stapfte Michal mit geballten Fäusten zum Nonnenkloster. Wenn sie die in der Schrift verborgene Wahrheit nicht verstand, warum erklärte Walburga sie ihr dann nicht? Was für ein Unrecht, für diese mutige Tat gemaßregelt zu werden! Immerhin hatte sie einen Sieg gegen den Teufel errungen! Michal erschrak. Sie blieb stehen. Sie war zu stolz gewesen. Sie hatte sich selbst anstatt Gott gelobt, der ihr die Kraft für diesen Sieg verliehen hatte. Sie bekreuzigte sich und schickte ein stilles Gebet zum Himmel. „Vergib mir, Herr. Ich drängte mich selbst in den Vordergrund.“

      Mit demütig gesenktem Kopf betrat Michal das Nonnenkloster, das − im Gegensatz zum Komplex der Mönche − nur aus einem Gebäude bestand, schließlich zählten sie nur acht Mägde Christi gegenüber zwanzig Mönchen. Dennoch neidete sie den Mönchen nicht ihre düsteren Häuser, sah das Pfostenhaus der Nonnen doch freundlicher aus: Zwar wurde es durch dunkle Holzpfosten aus Baumrinde getragen, die Räume zwischen diesem Gerüst waren dagegen mit hellen Blockbohlen aufgefüllt. Im Haus war der Boden ausgelegt mit den weißen Fliesen der Römervilla, die einstmals an diesem Ort gestanden hatte, die Räume wurden durch Holzbretterwände voneinander getrennt.

      Michal ging nach dem Eingang durch den Vorraum, in dem Walburga die Besucher empfing, und gelangte in das Refektorium, wo sie stehen blieb, um einen freundlichen Anblick zu genießen: Die Katzenmutter, die sie Mieze riefen, lag auf der Seite, und fünf kleine Kätzchen nuckelten an ihren Zitzen. Mieze hatte ein braunes, von schwarzen Streifen durchzogenes Fell, das sich auf zwei ihrer Kätzchen übertragen hatte, die drei anderen trugen rötliches Fell. Michal riss sich von Mieze und ihrem Wurf los, durchquerte das Dormitorium und öffnete die Tür zum hintersten Raum des Nonnenklosters: der Schreibstube. Sie zog einige Manuskripte aus dem Schrank und legte sie auf das Schreibpult direkt unter dem Fenster, durch das Sonnenstrahlen schienen und kühle Luft zog.

      Das erste Manuskript stammte aus Lucca im fernen Italien, zu dem Wynnebald auf seinen Pilgerreisen Kontakte geknüpft hatte. Seine Nachfolgerin Walburga hatte die Manuskripte ungeordnet vorgefunden, deshalb sollte Michal ein Register anlegen, in dem sie alle Schriftstücke verzeichnete. Und so studierte sie Tag für Tag die schwarzen Pfade der Blätter, immer mehr lernend über Gottes unerschöpfliches Wirken in der Welt. Jetzt nahm sie das Manuskript aus Lucca, das gerade vor ihr lag, und legte es auf ihre Knie. Es enthielt die Psalmen 66 und 50, die sie zu Beginn der Laudes sangen. Sie trug es in das Register ein, ebenso wie die folgenden Manuskripte, den Federkiel über das Pergament aus der Haut von Schafen führend, nur unterbrochen vom Eintunken in das Tintenhorn, das zu ihrer Rechten stand. Ab und an quietschte der Federkiel, doch nie griff sie zum Radiermesser, dafür nach jedem Absatz zum Holzlineal, um die nächsten Zeilen zu ziehen.

      Eben nahm Michal ein weiteres Manuskript in das Register auf, als zur Non gerufen wurde. Sie legte den Federkiel zur Seite und zog mit ihren Schwestern zur Kirche. Vor dem Portal angekommen, kam ihnen Walburga von der Rückseite der Kirche entgegen, wo der Wynnebaldsbrunnen stand, so genannt, weil Wynnebald dort die Einwohner von Heidenheim getauft hatte. Ihr folgten, tropfnass, die Heiden, begleitet von misstrauischen Blicken der Mönche. Die Nonnen warteten auf Walburga, sodann folgten sie ihr durch das Portal. Ehrfurcht ergriff Michal, als sie das Holzkreuz über dem Altar erspähte. Sie bekreuzigte sich und bat den Herrn um Vergebung. Nicht für die Worte, die sie auf der Lichtung gesprochen hatte, sondern für ihren Stolz, der sie Gott hatte vergessen lassen.

      Mea culpa, mea culpa!

      Michal schritt durch das Langhaus auf das Holzkreuz zu. Sie und die anderen Nonnen blieben vor der Holzschranke stehen, hinter der sich das Langhaus zum Quadrat des Altarraums hin öffnete. Die Mönche trotteten an ihnen vorbei, die Blicke auf den Altar gerichtet, schlüpften unter der Schranke durch und betraten das Allerheiligste. Dort, rund um den Altar, waren noch weiße Fliesen der Römervilla zu erkennen, wohingegen die Nonnen auf Lehmboden standen. Prior Goumerads Halbglatze löste sich aus den Reihen der Mönche, seine Augen wurden von weit hervorspringenden Augenbrauenbogen beschattet. Fehlerfrei und mit verdrießlichem Gesichtsausdruck führte er durch Vers, Hymnus, Psalmen, Lesung, Versikel und Kyrie eleison.

      Nach der Non, vor der Mahlzeit, fasste Walburga im Kreis der Nonnen zusammen, was inzwischen mit den Heiden geschehen war: Bis auf eine alte Frau hatten alle Heiden die Lichtung verlassen, sodann hatten sie gebeten, mit der Taufe in die Gemeinschaft Jesu aufgenommen zu werden und sich in Heidenheim niederlassen zu dürfen, da sie sich auf der Lichtung nicht sicher fühlten.

      Daraufhin hatte Walburga Goumerad ersucht, die Heiden zu taufen. Dieser hatte jedoch Bedenken geäußert: Sie könnten Blut an den Händen haben, fernerhin bestehe der Verdacht, sie wollten die heilige Taufe nur empfangen, um sich in Heidenheim einzunisten, obgleich sie heimlich im Heidentum verharrten. Es sei deshalb nicht geraten, das heilige Sakrament der Taufe vorschnell zu spenden, vielmehr müsse die Sache von allen Seiten geprüft werden, folglich werde er sich morgen zum Grafenhof begeben. Dort werde er die Meinung des Grafen einholen.

      Nachdem Walburga den Heiden diese betrübliche Nachricht überbracht hatte, hatten diese nachdrücklich ihren Beistand verlangt. Daher war sie mit ihnen zum Wynnebaldsbrunnen gepilgert und hatte mit ihnen gebetet. Daraufhin waren sie, vom Gebet ergriffen, einer nach dem anderen ins Wasser getaucht, trotz Walburgas Einwand, nur ein Priester könne sie taufen. Alsdann hatte sie die Heiden in den Wirtschaftsgebäuden des Klosters untergebracht.

      Nach der Mahlzeit unterdrückte Michal nur mit Mühe einen Seufzer, während sie sich in die Schreibstube begab. Sie hätte sich gerne mit Aebbe unterhalten, doch die Regel des heiligen Benedikts verlangte Schweigen. Sie war fest entschlossen, die Regel zu befolgen, um zu dem Ziel zu gelangen, das sie von Kindesbeinen an sehnsuchtsvoll erstrebte: den Schleier der heiligen Jungfrau. Dennoch: Etwas in ihr wehrte sich gegen diese Regel, deren Sinn sich ihr nicht erschloss. Und tief in ihrem Innern zweifelte sie zum ersten Mal, ob Gott sie für das Leben im Kloster erschaffen hatte. Sie erschrak ob dieser Erkenntnis, verbissen widmete sie sich ihrer Arbeit. Sie schrieb, unterbrochen von der Vesper, bis zur Komplet.

      Nach der Komplet entzündete Goumerad wie jeden Abend eine Kerze am Altar und trug sie, vor den Nonnen einherschreitend, bis zum Nonnenkloster, wo er sie Walburga übergab. Das Licht erhellte die Nacht im Dormitorium.

      Am СКАЧАТЬ