Название: Die jüdisch-christlich-islamische Kultur Europas
Автор: Wilhelm Kaltenstadler
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783957440730
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Der berühmte italienische Architekt Benvenuto Cellini (1500-1571) berichtet in seiner Autobiographie, “how he created vases which were declared as antique”.218 Natürlich gab es auch im 19. und 20. Jahrhundert erfolgreiche Fälscher, wie z.B. Israel Rouchomovsky und Aleco Dessena. Ihnen gelang es, antike Kunstwerke herzustellen, welche selbst von Experten als echt akzeptiert und sogar an Museen verkauft worden waren.219
Fälschungen bleiben aber nicht auf die griechische und römische Antike beschränkt. Selbst die ägyptische Geschichte ist dagegen nicht gefeit. Vogl und Benzin, die sich intensiv mit der Medizin der alten Ägypter auseinandersetzen, stellten bei der Auswertung zahlreicher Pharao-Mumien fest, dass „das ungefähre Sterbealter eines Leichnams … recht oft nicht mit den aus geschichtlichen Quellen erschlossenen Regierungsjahren übereinstimmt.“ Beide Autoren ziehen aus dieser Inkongruenz den Schluss, dass „alle Herrscherlisten [im alten Ägypten] große Mängel aufzeigen“.220 Da stellt sich natürlich die Frage, ob die Herrscherlisten der Antike (nicht nur des alten Ägypten, worauf Heinsohn immer wieder hinweist) bewusst gefälscht oder nur das Produkt einer fehlerhaften antiken Chronologie sind.
Ein Musterfall einer lange nicht erkannten neuzeitlichen Fälschung ist die Büste der Nofretete. Der Schweizer Kunst- und Architekturhistoriker Henri Stierlin stellt deren Echtheit in Frage:
„Die Nofretete sei während der Ausgrabungen 1912 als Experiment der deutschen Grabungsmannschaft entstanden und somit erst knapp 100 Jahre alt“, meint Stierlin. Dieser begründet seine These folgendermaßen: „Bei einem Grabungsbesuch sei die von dem Bildhauer Gerhardt Marks geschaffene Skulptur Vertretern des regierenden sächsischen Königshauses aufgefallen und fotografisch festgehalten worden. Anschließend habe man sich nicht mehr getraut, ihre Echtheit zu dementieren, um die Hoheiten nicht lächerlich zu machen.“221
Der Innsbrucker Althistoriker Raoul Schrott bringt sogar gute Argumente dafür, dass Troia mehr als ein Jahrhundert lang am falschen Platz erforscht und ausgegraben wurde. Schrott verlegt Troja in den Südosten der heutigen Türkei und vermutet in Homer keinen Griechen, sondern einen mit dem Griechischen vertrauten Schreiber des assyrischen Herrschaftssytems. Es scheint die griechische Sprache sehr alt zu sein, wohl älter als Hebräisch, Arabisch und wohl älter auch als Assyrisch. Diese Erkenntnis ist das Ergebnis der jahrelangen Forschungen von Joseph Yahuda, welche weiter unten näher erörtert werden.
Die israelischen Althistoriker Arye Edrei und Doron Mendels vertreten die Auffassung, dass das Griechische erstaunlicher Weise nicht nur in Alexandria, sondern sogar im Westen des Römischen Reiches in der Spätantike und im frühen Mittelalter die am meisten gebrauchte Verkehrssprache der Juden war.
Die oben erwähnten Beispiele aus der ägyptischen, griechischen und römischen Geschichte zeigen, dass nicht nur literarische, sondern auch Sachquellen Fälschungen sein können. Auf welchen dubiosen und fragwürdigen Quellen – vielfach aus zweiter und dritter Hand – unser Wissen über die antike Geschichte gebaut ist, zeigt Roman Landau in seinem Kapitel „Ungelöste Rätsel der Antike“ in seinem Buch von 2006.222
Die Möglichkeit, dass also auch sachliche Quellen der Antike gefälscht oder falsch datiert sein können, sollte aber die Historiker der Antike und des Mittelalters nicht dazu verleiten, die literarische Überlieferung allzu einseitig in den Vordergrund zu stellen und auf den Primat der schriftlichen Quellen zu pochen. Die ausschließliche Auswertung literarischer Quellen zur Beschreibung und Beurteilung der Antike würde also, als Quintessenz meiner obigen Betrachtungen, nicht nur zu einem verzerrten, sondern sogar zu einem einseitigen Bild der Antike und nicht zuletzt der ägyptischen Geschichte führen. Es gibt nämlich einige technische Funde, welche auf die technologische Dominanz von Ägypten, vor allem seiner Hauptstadt Alexandria, gegenüber Italien bzw. Rom sowie anderen Regionen des Römischen Reiches hindeuten. Es hat sich ja inzwischen nicht nur bei Technikhistorikern herumgesprochen, dass die Ingenieure Ktesibios und Hieron in Alexandria im 3./2. Jahrhundert funktionsfähige Automaten entwickelten und die Weltstadt Alexandria, wo zahlreiche Juden lebten, nicht nur ein hohes technologisches, sondern auch ein hohes kulturelles Niveau (z.B. Bibliothekswesen) erreichte. Durch einen ausgeklügelten Automatismus öffneten sich in Alexandria die Türen des Tempels, nach Abkühlung der Luft schlossen sich diese wieder. Die Gläubigen mussten annehmen, dass ihr Gott „eine hydropneumatische Maschine war“. Nur ein kleiner „eingeweihter Kreis der schlauen Priester“ wusste, wie diese Technik wirklich funktionierte.223 Es gibt aber noch weitere Techniken, welche nicht in das von uns gelernte Schulwissen passen, z.B. der „Mechanismus von Antikythera“. Dieses Gerät, welches man heute als „Mechanismus von Antikythera“ bezeichnet, entdeckten Schwammtaucher Ende des 19. Jahrhunderts in rd. 60 Meter Tiefe vor der kleinen Südägäisinsel Antikythera. Ob das hier gefundene Gerät etwas mit Alexandria, welches auf den östlichen Mittelmeerraum ausstrahlte, zu tun hat, ist nicht erwiesen, aber doch wahrscheinlich. Dieser bisher noch nicht geklärte Apparat, aufbewahrt im Archäologischen Museum von Athen, ähnelt „nach Beschreibungen von Archäologen einer Art Computer der Antike“ und könnte nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen „ein Zeitrechner und Orientierungsgerät für Seefahrer“ gewesen sein. Das Gerät „stammt nach Angaben der Forscher aus dem ersten vorchristlichen Jahrhundert und ist vermutlich auf der Insel Rhodos vom Astronomen Poseidonios konstruiert worden.“224 Das Gerät soll nach dem neuesten Stand der Forschung (Mike Edmunds von der Universität Cardiff in Wales) etwa 150 bis 100 Jahre vor Christus gebaut worden sein. Hier der neueste Stand der Erkenntnisse aus dem Internet:
„Mit einer überraschend komplizierten astronomischen Rechenmaschine haben die alten Griechen den Lauf der Himmelskörper berechnet. Der Mechanismus von Antikythera, eine im 2. Jahrhundert vor Christus gebaute Zahnradapparatur, ist weit komplexer als alle bekannten technischen Geräte, die in den folgenden tausend Jahren entwickelt wurden. Das berichtet ein internationales Forscherteam im Journal ‘Nature’ nach einer erneuten Untersuchung der Apparatur.“225
Diese umwerfende Entdeckung auf dem Meeresgrund könnte nicht nur dazu beitragen, dass neue archäologische Quellen der Antike nicht bloß eine Ergänzung der literarischen Quellen sind, sondern auch dazu führen, unser Bild von der Antike zu revolutionieren.
Griechische Quellen
Noch schwieriger als für das Römische Reich ist die Quellenlage im Bereich der griechischen Antike. Selbst Ferdinand Gregorovius226 ist höchst verwundert, dass über Athen, die einst die größte und bedeutendste Stadt des antiken Hellas gewesen sein soll, so wenig überliefert ist. Bezeichnenderweise waren, wie Ferdinand Gregorovius feststellen musste, die Originalnamen der Mehrheit der antiken Monumente von Athen vergessen. Von ihnen hatten sich ohnehin meist nur spärliche Ruinen erhalten. Auch die antiken Landschaftsbezeichnungen waren durch moderne Namen ersetzt worden. Man reiste z.B. nicht mehr zum Peloponnes, sondern nach Morea. Auf dem Peloponnes lebten seit dem frühen Mittelalter so gut wie keine Griechen mehr. Diese wurden in der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts angeblich durch hellenisierte „jüdische Skythen“ in Kooperation mit den Slawen nach Sizilien verjagt.227 Der gesamte Balkan wurde durch die slawische Expansion besiedelt. Diese „slawische Infiltration“ führte schließlich dazu, dass griechische Sprache und Kultur so gut wie vollständig verdrängt wurden.228 Das gilt auch für die griechischen Namen.
Nach der Befreiung Griechenlands vom sog. osmanischen Joch musste in der antiken griechischen Überlieferung nach den ursprünglichen Namen gesucht werden bzw. nach den Namen, welche nach Auffassung der antiken Autoren die ursprünglichen gewesen sein sollen. Die Monumente bekamen also die Namen verpasst, welche man in der altgriechischen Literatur gefunden bzw. neu entdeckt hatte. Sehr seltsam, dass die nichtgriechischen ausländischen Forscher über die Denkmäler und historischen Relikte besser Bescheid wussten als die Bewohner von Athen in der Neuzeit. Auch СКАЧАТЬ