Название: Die Macht der Pharaonen
Автор: Peter W.F. Heller
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783954882595
isbn:
Abb. 7: Unter- und Mittelägypten
Der erste wirklich wissenschaftlich arbeitende Ausgräber in Ägypten und damit einer der Väter der klassischen Archäologie war der Brite Flinders Petrie (Abb. 8). Klassisch deswegen, weil er in seiner mehr als zweiundvierzig Jahre dauernden Arbeit die Tradition der modernen Archäologie begründet und mit seiner Grabungstätigkeit noch heute gültige Maßstäbe gesetzt hat.
Abb. 8: W.M. Flinders Petrie in Serabit el-Chadim.
Foto: Hilda M.I. Petrie
Anders als seine Vorgänger und ein Großteil seiner Zeitgenossen ging Petrie bei seinen Grabungen äußerst behutsam und systematisch vor. Statt mit Hacke und Spaten arbeitete er mit Spachteln und Spateln und vor allem mit dem Pinsel. Unter Archäologen geht heute noch die Rede, daß Flinders Petrie einmal eigenhändig mit seinem Rasierpinsel drei Meter tief gegraben habe.
Von den heute zur Verfügung stehenden Untersuchungstechniken konnten die frühen Archäologen nur träumen. Altersbestimmungen mit Hilfe der Messung radioaktiven Zerfalls in organischen Stoffen durch die C-14 Methode oder in keramischen durch die Thermolumineszenz waren nach dem Stand der damaligen Physik gänzlich unvorstellbar. Auch die Dendrologie, die auf den Jahresringen des Holzes basierende Datierung, war noch nicht entwickelt.
Flinders Petrie wurde am 3. Juni 1853 in Charlton, unweit von London, geboren. Schon im Alter von 13 Jahren soll er sein nie mehr versiegendes Interesse an der Ägyptologie entdeckt haben, welche dann sein weiteres Leben bestimmte.
1880 reiste er zum ersten Mal nach Ägypten, allerdings mit dem Vorsatz, die spleenige Meinung seines Vaters zu beweisen, daß bereits die Cheopspyramide nach Zoll und Fuß, den britischen Maßeinheiten, ausgerichtet war. Ein gewisser Piazzi Smyth vertrat damals die in England sehr populäre Ansicht, daß Zoll und Fuß ursprünglich ägyptische Maßeinheiten und damit seit Jahrtausenden bewährt seien. Und Petrie Senior war ein überzeugter Anhänger eben dieser Ansicht. Doch die Messungen an den Pyramiden in Gisa führten zu völlig anderen als den erwarteten Ergebnissen und so verschwand Smyths Theorie sehr schnell dahin, wo sie hingehörte, nämlich in der Versenkung.
Petrie blieb in Ägypten, arbeitete mit anderen Ägyptologen zusammen und lernte in Grabungen vom Delta des Nils bis nach Theben in Oberägypten und den Felsen des Sinai aus ihren Fehlern.
Akademische Grade strebte er nicht an und diese wären ihm auch unter normalen Umständen verwehrt geblieben, da er nie eine reguläre Schule besucht hatte. Er war stets von seinem Vater unterrichtet worden, der als Ingenieur und Landvermesser fast ständig auf Reisen war und den er begleitete. Auch das zur Vermessung der Pyramiden in Gisa notwendige Wissen war ihm von seinem Vater vermittelt worden.
In England hatte inzwischen eine begeisterte Verehrerin der altägyptischen Kultur, Amelia Edwards, eine Stiftung ins Leben gerufen, deren Ziel in der Erforschung des alten Ägyptens lag, den Egypt Exploration Fund. Obwohl Flinders Petrie in seiner Arbeit ein Einzelgänger war, arbeitete er doch gelegentlich im Auftrag dieser Stiftung.
Als 1892 am University College in London ein Lehrstuhl für die wissenschaftliche Erforschung Ägyptens eingerichtet werden sollte, sorgte Amelia Edwards dafür, daß Flinders Petrie zum ersten Professor der Ägyptologie in der britischen Geschichte der Wissenschaft ernannt wurde.
Abb. 9: Ein Toter in seinem Grab aus der Badari-Kultur.
Aus seiner eigenen Erfahrung hatte Petrie die Lehre gezogen, daß eine ordentliche und systematische Feldarbeit nur dann möglich ist, wenn sie auf der Grundlage methodischer archäologischer Kenntnisse beruht. 1894 gründete er daher die heutige „British School of Archaeology“.
Petrie wäre nicht Petrie gewesen, wenn er seine Forschungen nur auf das Land am Nil beschränkt hätte. Er folgte den ägyptischen Spuren bis nach Palästina. Am 28. Juni 1942 starb Sir William Matthew Flinders Petrie in Jerusalem.
Zwischen 1922 und 1925 wurde in der Nähe des mittelägyptischen Dorfes Badari von britischen Archäologen unter der Leitung von Flinders Petrie gegraben, die an ungewöhnlicher Stelle auf neue und bisher unbekannte Zeugnisse des Pharaonenreiches hofften. Doch was sie fanden war nicht nur einer der ältesten Beweise zivilisierten Lebens auf ägyptischem Boden, sondern gleich eine völlig neue und eigenständige Kultur, die nach ihrem Fundort als Badari-Kultur bezeichnet wird.
Schon vor nahezu 8000 Jahren bestatteten die Menschen dieser Kultur Rinder, Schafe und Ziegen wie ihre eigenen Toten (Abb. 9), welche sie in Matten eingehüllt, in linksseitiger Hockstellung mit Blick nach Westen in ovalen Gruben beisetzten (Abb. 10). Eine Töpferscheibe kannten sie noch nicht, doch erreichte ihre Keramik eine bemerkenswerte Vollkommenheit; die rot polierten und teilweise schwarz geschmauchten Gefäße sind mit diagonalen Rillen verziert und mit höchster Sorgfalt hergestellt (Abb. 11). Sie verarbeiteten Elfenbein zu Vasen und Statuetten und bearbeiteten Holz, Horn, Knochen sowie Schildpatt zu den kleinen Nützlichkeiten des täglichen Lebens. Aus Speckstein formten sie Perlen, die blau emailliert und als Schmuck getragen wurden.
Etwa 80 Kilometer nördlich von Luxor liegt am westlichen Nilufern die Stadt Naqada, auch Negade genannt, Namensgeberin für die Kultur, deren materielle Hinterlassenschaften von Flinders Petrie als erstem Ausgräber 1894 freigelegt wurden.
Die Naqada-Kultur überschneidet sich in ihren Anfängen mit der Badari-Kultur, sie existierte zwischen etwa 4500 und 3000 v. Chr., und teilt sich in drei Perioden:
Naqada I, etwa 4500 bis 3500 v. Chr. Ursprung im Gebiet zwischen Luxor und Abydos.
Naqada II, etwa 3500 bis 3200 v. Chr.Wird nach der Stadt Girza auch als Girza-Kultur benannt. Gebrauchsgegenstände werden nicht mehr nur für den Eigenbedarf, sondern auch als Tauschobjekte gefertigt; Kupfer wird in zunehmendem Maße verarbeitet.
Naqada III, etwa 3200 bis 3000 v. Chr.Besiedelung der Gebiete in und um Buto und Minschat Abu Omar. Unterscheidet sich von Naqada II. vor allem durch die kostbaren Grabbeigaben hochgestellter Personen, die erste Ansätze zu einem Königtum vermuten lassen.
Die Funde bewiesen den Forschern, daß die Badari-Menschen nicht mehr in der Steinzeit gelebt hatten, nämlich Nadeln, Perlen und Beile aus Kupfer, hergestellt im 5. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung.
Aus Elfenbein geschnitzte Kämme und Nadeln zählten wahrscheinlich zu den Luxusgütern dieser Perioden.
Noch ist nicht abschließend geklärt, wo diese Kultur ihren Ursprung hat, doch geht die Wissenschaft davon aus, daß sie überwiegend einer inneren Evolution entstammt, die starken asiatischen Einflüssen ausgesetzt war.
Kupfer wurde im ariden Sinai gefunden, wo es an manchen Stellen im Süden der dreieckigen Halbinsel offen an der Felsoberfläche zutage trat. Doch weder gehörte in dieser Epoche der Sinai zu Ägypten noch gab es ein Ägypten zu dem er hätte gehören können, vielmehr war das Staatsgebiet des späteren Reiches von einigen wenigen Kulturen, wie eben zum Beispiel der Badari-Kultur, spärlich bevölkert. Badari befindet sich in Mittelägypten und so sollte man annehmen, daß die Kupferlieferungen aus dem Sinai den direkten Weg über das östliche Nildelta und dann den Fluß aufwärts genommen hätten.
Daß dem nicht so war beweist die Tatsache, daß nördlich von Badari bisher kein einziger Hinweis auf die zeitgleiche Verarbeitung von Kupfer gefunden wurde. Es wird daher СКАЧАТЬ