Kunstmord. Petra A. Bauer
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Название: Kunstmord

Автор: Petra A. Bauer

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

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isbn: 9783897730106

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СКАЧАТЬ waren zufällige Berührungen hinzugekommen, die sie anfangs erschreckt hatten, die sie jedoch nach einiger Zeit als durchaus angenehm registrierte. Er benutzte ein ganz besonderes Rasierwasser. Es gefiel ihr, denn es roch so männlich.

      Bald war die regelmäßige Begleitung auf ihren Spaziergängen zum festen Ritual geworden, und als er eines Tages ihre Hand nahm, zog sie sie nicht weg, obschon sie sich augenblicklich umschaute, ob jemand sie sah. Aber sie waren weit weg von ihrer Wohngegend.

      Nachts lag sie wach, von Gewissensbissen geplagt. Was tat sie da? Was setzte sie aufs Spiel? War es das wert? Gleichzeitig beruhigte sie sich mit dem Gedanken, dass sie nichts Verbotenes tat. Harmlose Spaziergänge, nicht einmal ein Kuss. Ein guter Freund war er ihr mittlerweile geworden, weiter nichts.

      Immer öfter ließ sie den kleinen Karl-Heinz bei einer Nachbarin und schob wichtige Erledigungen vor, bei denen sie den Kleinen nicht mitnehmen konnte. Das Hand-in-Hand-Laufen wurde intensiver. Er streichelte sie dabei mit seinen Fingern. Und eines Tages, in einer verschwiegenen Stelle im Park, ein Kuss, erst zart, dann leidenschaftlich und immer fordernder. Ein lange verloren geglaubtes Gefühl machte sich in ihrem Unterkörper breit und ließ sie alle Vorsicht vergessen. Sie war wild entschlossen, sich ihm auf der Stelle hinzugeben, doch dann hörte sie in der Ferne Kinderlachen, und das holte sie auf den Boden der Tatsachen zurück.

      «Ernst», sie schob ihn von sich, «wir können so nicht weitermachen. Ich darf dich nicht mehr sehen.» Fluchtartig verließ sie den Park und musste sich die rotgeweinten Augen mit Brunnenwasser kühlen, bevor sie in die Wohnung zurückkehrte.

      Doch zum Glück war niemand zu Hause, und sie konnte sich wieder in einen einigermaßen passablen Zustand versetzen. Allerdings nur äußerlich. In ihr drin, ganz tief, wüteten Lust und Verzweiflung, und die Erinnerung an den Kuss ließ ihre Hand in den Schoß wandern, wo sie sie beließ, bis sie sich Erleichterung verschafft hatte. Noch nie hatte sie Derartiges getan, und sie war mehr als erschrocken über sich selbst. Im Spiegel überprüfte sie, ob man ihr den Frevel ansah, den sie soeben begangen hatte. Hektisch rote Wangen strahlten ihr entgegen. Sie schrubbte ihre Hände mit Seife und begann dann, energisch Kartoffeln zu schälen, zerteilte sie, als gälte es, jemandem die Kehle durchzuschneiden. Was hatte sie nur getan?

      KAPPE saß im Bureau und konnte es nicht fassen. Da hatte er zum Einschlafen an etwas Schönes denken wollen und war ausgerechnet bei Brettschieß gelandet! An so viel konnte er sich zumindest noch erinnern. Und daran, dass er sich Sorgen gemacht hatte, was aus ihm und seiner Familie werden würde, wenn die Zustände sich hier weiter änderten.

      Er versuchte, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, um wenigstens etwas zu den Akten legen zu können. Zum Beispiel den Fall Paula Krauß, geborene Saenger. Sie waren gerufen worden, weil die Frau des Schauspielers Werner Krauß tot in ihrer Dahlemer Villa aufgefunden worden war. Werner Krauß war selbst dem kulturell eher wenig interessierten Kappe bekannt, weil Klara ihn vor rund zehn Jahren ins Kino geschleppt hatte, als Das Cabinet des Dr. Caligari lief. Krauß spielte in dem Film die Hauptrolle, die ihm schließlich zum Durchbruch verholfen hatte. Jetzt – so ganz ohne Filmschminke – hätte Kappe den Mann beinahe nicht wiedererkannt. Außerdem stand er unter Schock, was ihn noch älter erscheinen ließ.

      «Wieso hast du mir denn kein Autogramm mitgebracht?», war Klaras erste Reaktion gewesen, als er davon berichtete. So war sie, seine Klara. Kappe seufzte bei dem Gedanken daran, wie pietätlos sie sein konnte. Wo sie doch selbst gerne etwas Besseres gewesen wäre.

      Aber ob sie dann glücklicher wäre? Paula Krauß war sicher «etwas Besseres» in Klaras Sinne, doch die Ermittlungen hatten ergeben, dass die Dame eindeutig Hand an sich selbst gelegt hatte. So etwas tat kein glücklicher Mensch. Was hatte sie von all dem Glanz, in dem sie sich dank ihres Mannes sonnen konnte? Wer wusste schon, ob nicht gerade das die Depression ausgelöst hatte, die dieser Selbsttötung vermutlich zugrunde lag?

      Kappe lochte die Papiere und heftete sie in den Ordner, der für Selbstmörder reserviert war. Fall abgeschlossen, Deckel zu. Was blieb von einem Menschenleben?

      Das brachte ihn erneut dazu, darüber nachzudenken, welches Schicksal ihm und den Seinen beschieden wäre, wenn Brettschieß’

      «anderer Wind» erst einmal durch die Gänge des Polizeipräsidiums am Alexanderplatz wehen würde.

      Als er 1910 nach Berlin gekommen war, hatte er noch hochfliegende Träume gehabt. Kriminaler hatte er werden wollen, und dieser Traum hatte sich auch erfüllt, nachdem er maßgeblich an der Aufklärung des Falles um eine verkohlte Leiche in Moabit beteiligt gewesen war.

      Er hatte seine Arbeit gut gemacht und sich wohl gefühlt in der Gemeinschaft des Präsidiums am Alexanderplatz. Selbstverständlich war er nicht mit allen gleich gut ausgekommen. Da war beispielsweise der alte Oberregierungsrat von Canow. Waldemar von Canow hatte so manche Fehlentscheidung getroffen, und Kappe war öfter mit ihm aneinandergeraten. Aber wenigstens hatte «die größte Schlaftablette Berlins», wie von Grienerick ihn nannte, sich nicht in ihre tägliche Arbeit eingemischt. Als Dr. Brettschieß sein Nachfolger geworden war, war es mit der Gemütlichkeit vorbei gewesen. Alles wollte er reglementiert wissen, überall steckte er seine Nase hinein, egal, ob ihn die Angelegenheit etwas anging oder nicht.

      Von Canow hatte auch taktische Entscheidungen getroffen, mit denen er bei den Herrschenden möglichst nicht aneckte, und das hatte ihm wieder und wieder Kappes Zorn eingetragen. Doch Kappe fürchtete, dass von Brettschieß noch viel Schlimmeres zu erwarten war. Der war in Kappes Augen eine falsche Schlange. Das würde Kappe natürlich niemals laut sagen, zumindest nicht hier im Präsidium. Er hatte Familie und somit Verantwortung. Er konnte seinen Arbeitsplatz nicht aufs Spiel setzen. Doch irgendwann musste er sich seine Bedenken wenigstens mal von der Seele reden.

      Er würde sich gerne mal wieder mit seinem alten Freund Gottlieb Lubosch treffen. Mit Liepe, den er seit Kindertagen kannte, hatte er bisher immer über alles reden können. Doch leider hatte dieser sich zwei Jahre zuvor als Hotelbesitzer in Bad Saarow niedergelassen, da konnte Kappe nicht mal eben auf einen Sprung nach Dienstschluss vorbeischauen.

      Trotzdem wollte er es gerne einmal einrichten. Vielleicht konnte er Klara mit einem Wochenendausflug überraschen? Kappe bekam kurzfristig gute Laune, bis er sich bewusst machte, dass Klara schon mehrmals die Nase gerümpft hatte, weil ihr die Beschreibung, die Liepe vom Hotel geliefert hatte, nicht vornehm genug gewesen war. Außerdem – wer sollte denn die Kinder nehmen? Mitnehmen wollte und konnte er sie nicht, sonst wäre das Wochenende keine Erholung.

      Andererseits, wenn Klara dabei war, konnte er auch nicht offen mit Liepe über das reden, was ihn bedrückte. Genaugenommen konnte er dann überhaupt nicht reden. Wenn Liepe und er, manchmal auch noch Theodor Trampe und Ludwig Latzke, in Männerrunde zusammensaßen, passte keine Frau dazwischen. Männergespräche waren eben manchmal deftiger, und nicht alles war für Frauenohren bestimmt. Außerdem wollte er mit seinem besten Freund auch über Klara reden. Also war die ganze Expedition eine Schnapsidee – es sei denn, er konnte sich unauffällig alleine auf den Weg machen.

      Sofort packte ihn das schlechte Gewissen. Klara hatte doch so schon genügend mit den Gören zu tun, wie Kappe die Kinder insgeheim nannte. Wenn er jetzt auch noch am Wochenende verschwand, ohne dass er dienstlich gebraucht wurde … Moment – ob das die Lösung war? Er könnte einen Einsatz vortäuschen.

      Diese Überlegungen machten das schlechte Gewissen nicht besser. Doch er kam auf andere Gedanken, als Gertrud Steiner ihm eine Akte hereinreichte.

      Kappe warf einen Blick darauf. «Was soll ich denn damit?», rief er ihr hinterher. «Da ist doch niemand umgekommen!»

      Aber Bockwurst-Trudchen, СКАЧАТЬ