Kunstmord. Petra A. Bauer
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Название: Kunstmord

Автор: Petra A. Bauer

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

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isbn: 9783897730106

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СКАЧАТЬ kümmern und ihm die ganze Stadt zeigen. Victor hatte sich schließlich erbettelt, alleine durch die Umgebung streifen zu dürfen, und sein Vater hatte ihm mit ernstem Blick seine Uhr umgelegt und ihn ermahnt, nur ja wieder in der Unterkunft zu sein, wenn der große Zeiger auf der Zwölf und der kleine auf der Sechs stünde.

      Nachdem dies am ersten Tag wunderbar geklappt hatte, war der Vater beruhigt. Offensichtlich kam der kleine Victor trotz der Sprachbarriere alleine zurecht, nachdem er ihm eingeschärft hatte, sich beim Gehen stets umzublicken und sich markante Häuser oder andere Orte für den Rückweg zu merken.

      So konnte der kleine Victor den lieben langen Tag den Malern am Place du Tertre auf die Finger schauen, wie sie mit kräftigen Pinselstrichen ihre Gemälde bearbeiteten oder einfach neben ihren Werken saßen, die an die Bäume auf dem Bürgersteig gelehnt waren. Den einen oder anderen Namen schnappte er auf, mit dem er nichts anzufangen wusste, doch er hatte Zeit, also prägte er sich die Namen gut ein. Heute wusste er, welche Berühmtheiten oft dort gesessen und zwei Straßen weiter in einem Künstleratelier gewohnt hatten. Pablo Picasso und Georges Braque waren nur zwei von ihnen.

      Ach, könnte er doch die Zeit zurückdrehen! Damals war er zum ersten Mal seit dem Tode seiner Mutter wieder glücklich gewesen.

      Noch heute klangen ihm die Sprache und die Melodie der Stadt in den Ohren. Paris war voller Musik gewesen, wenn man nur darauf hörte. Doch es gab eines, das ihn traurig stimmte: Er würde die Künstler von damals dort sicher nicht mehr antreffen. Doch wer wusste schon, welcher der Künstler und Bohemiens des heutigen Paris der nächste Picasso werden könnte? Und er, Victor Reimer, könnte mit ihm reden, von ihm lernen!

      Wenn er nur endlich genügend Geld beisammen hätte, um sich die Reise und den Aufenthalt dort leisten zu können! Zurück wollte er nicht mehr. Berlin war ebenfalls eine aufregende Stadt, das war unbestritten, doch es besaß nicht den Zauber, den er suchte.

      «Die schaffen das doch sowieso wieder nicht!» Kappe nippte am Bureaukaffee und wünschte nicht zum ersten Mal, dass Gertrud Steiner, die Sekretärin, endlich lernen würde, den Kaffee weniger stark zu brühen. Er hatte seinen mit Wasser verdünnt, weil sein Löffel sonst senkrecht darin stehengeblieben wäre. Das hatte jedoch den Geschmack nicht gerade verbessert.

      «Hast du ’ne Ahnung! Diesmal musset einfach klappen, da jibs keene Ausreden mehr! Viermal war unsre Hertha Vizemeister – diesmal tragen se den Pokal nach Hause, so wahr ick Gustav Galgenberg heiße!»

      Von Grienerick nickte bekräftigend dazu. «Die sind sooo dicht dran!» Er deutete mit Daumen und Zeigefinger eine Lücke an, in die gerade drei Formulare gepasst hätten.

      Kappe war erstaunt über die plötzliche Fußballbegeisterung im Präsidium. Galgenberg war zwar schon in früheren Jahren hin und wieder bei einem Herthaspiel gewesen, aber so fanatisch wie in diesem Jahr hatte er ihn und von Grienerick noch nicht erlebt. Die Begeisterung schien beinahe sämtliche männlichen Kollegen angesteckt zu haben, doch Kappe war das Ganze nicht geheuer.

      Seine eigenen Fußballerfahrungen lagen lange zurück, und die Erinnerung daran war von Schmerz und Demütigung geprägt. Mehr als einmal hatte er mit der Nase im Dreck gelegen, und blaue Flecke am Schienbein waren an der Tagesordnung gewesen. Irgendwann hatte er das Spielen lieber den anderen überlassen. Sein Sohn Hartmut traf sich hin und wieder mit den Kindern aus der Nachbarschaft zum Fußball, doch Kappe war froh, dass der Kleine nicht auf die Idee kam, in einem Verein spielen zu wollen.

      «Wir können ja eine Wette abschließen.» Von Grienerick riss Kappe aus seinen Gedanken. «Ich setze darauf, dass Hertha den Meistertitel gewinnt.»

      «Ick ooch! Wat is mit dir, Kappe?»

      «Wer wetten will, hat Lust zu betrügen», zitierte dieser einen Spruch seiner Mutter.

      «Wie? Meinste, wir bestechen den Schiedsrichter, damit du deine fuffzich Pfennje verlierst?» Galgenberg lachte dröhnend. «Det wär ja noch schöner! Aba wat nützt ’ne Wette, wenn keener dajejenhält?»

      «Na gut.» Kappe kapitulierte.

      Galgenberg kramte eifrig in seiner Schreibtischschublade, bis er eine Streichholzschachtel zutage gefördert hatte. «Jeder legt hier fuffzich Pfennje rein. Jewinnt Kappe, kricht er die janze Penunze, wird Hertha doch Meister, teilen Grienerick und icke. Allet klar?»

      «Vielleicht machen ja noch ein paar andere Kollegen mit. Dann lohnt es sich. Und wir könnten ja auch darauf setzen, auf welchen Platz die Hertha kommt, wenn sie nicht Meister wird.»

      «Ach, das wird doch zu kompliziert», sagte Kappe.

      «Was höre ich von Komplikationen, meine Herren?» Unvermittelt stand Brettschieß in der Tür. «Ich hoffe doch, dass alles seinen gewohnten Gang geht!»

      Kappe verdrehte innerlich die Augen. Der Brettschieß hatte ihm gerade noch gefehlt. Sein Vorgesetzter war in Kappes Augen ein Störfaktor, und er wusste, dass er mit seiner Meinung nicht alleine dastand. Außerdem sympathisierte Brettschieß mit der zehn Jahre zuvor gegründeten NSDAP, und das war ihm wirklich ein Dorn im Auge. Von so jemandem ließ er sich nur ungern etwas sagen.

      «Wir reden grade über ’ne neue Beobachtungstaktik», sagte Galgenberg und grinste, was Dr. Brettschieß jedoch nicht sehen konnte, weil dessen Aufmerksamkeit Kappe galt.

      «Alles muss so einfach und effektiv wie möglich laufen. Komplizierte Vorgehensweisen beeinträchtigen das Ermittlungsergebnis. Merken Sie sich das stets, mein lieber Kappe!», dozierte Brettschieß.

      Kappe fragte sich, wieso er sich diesen Sermon anhören musste. Immerzu redete Dr. Brettschieß geschwollen daher und sagte damit leider rein gar nichts. Heiße Luft aus einer Dampfmaschine war aussagekräftiger. Leute, die keinen Durchblick hatten, sich stattdessen aber gerne wichtig machten, waren Kappe zuwider.

      Nachdem sein Vorgesetzter noch einen prüfenden Blick auf Kappes Schreibtisch geworfen hatte – Kappe fragte sich, was er dort zu finden hoffte –, ging er grußlos wieder hinaus.

      «Welche Laus ist dem denn über die Leber gelaufen?»

      Von Grienerick äffte ihn nach: «Alles muss so einfach und effektiv wie möglich laufen.» Dabei stand er stocksteif und schnitt die dümmste aller Grimassen, die er in seinem Repertoire hatte – und das waren so einige, wie Kappe wusste.

      «Grienerick, meist steht der Veräppelte hinter einem, wenn man so wat macht. Hat dich das die Erfahrung nich jelehrt?» Galgenberg lachte, als von Grienerick sich erschrocken umdrehte. Doch da war niemand.

      «Sollten wir uns nicht lieber unseren Akten zuwenden?», fragte Kappe in die Runde, bevor die beiden wieder mit ihren Fußballgesprächen anfangen konnten.

      «Ick wusste ja schon immer, dass du ’n Spielverderber bist, Kappe, aber die fuffzich Pfennje zahlste trotzdem.» Galgenberg hielt ihm die Streichholzschachtel hin.

      Kappe zog seufzend seine Geldbörse hervor. «Ihr macht mich arm!»

      «Wieso, wenn Hertha verliert, biste doch reich!» Galgenberg gluckste.

      «Kindsköpfe!», dachte Kappe, musste dabei aber schmunzeln. Er ging hinüber zum Aktenschrank und starrte auf die Ordner und Aktenzeichen. Mit einem Mal hatte er vergessen, was er eigentlich heraussuchen wollte, stattdessen ging sein Blick durch die Ordnerrücken hindurch, und er befand sich wieder mit Klara am Frühstückstisch. Wieso nur wollte ihm Klaras Vorschlag so gar nicht aus dem Kopf gehen? Er hätte froh sein müssen, dass sie sich mit dem Gedanken trug, seinen Arbeitsweg СКАЧАТЬ