Название: Seewölfe Paket 17
Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
isbn: 9783954397754
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„Endlich“, sagte Gary Andrews, als Smoky auf dem Achterdeck erschien. „Mann, ich kann kaum noch aus den Klüsen gucken und könnte im Stehen einschlafen. Andauernd Böen abfangen, anluven, auf den Kompaß stieren und dann noch Kurs nach Vordermann segeln, das haut einen restlos zusammen.“
„Um die Hundewache von zwölf bis vier bin ich auch nicht gerade zu beneiden“, meinte Smoky.
„Aber du hast wenigstens gepennt.“
„Und du kannst jetzt pennen, das ist noch besser“, erwiderte Smoky. „Liegt noch irgend etwas an?“
„Alles klar. Du mußt nur verdammt auf die Böen achten. Die fallen so schnell ein, daß du meist zu spät reagierst.“
„Das habe ich gerade eben gemerkt. Mir hat es fast die Beine unter dem Leib weggerissen.“
Innerhalb kurzer Zeit trudelten auch die anderen ein, die zur Hundewache eingeteilt waren. Auch Dan O’Flynn erschien, um Ben Brighton abzulösen. Die beiden sprachen leise miteinander, aber dafür hatte Gary kein Ohr mehr. Er war hundemüde und sah nur noch die Koje vor sich. In Gedanken schlief er schon fast.
Smoky peilte auf den Kompaß, dann blickte er zu den Segeln, und schließlich sah er nach der Hecklaterne der „Wappen von Kolberg“, die, über Backbordbug rollend, durch die See zog.
„Dort bei Rixhöft wenden“, sagte Ben Brighton gerade zu Dan. „Ihr könnt euch ganz nach Manteuffels Galeone orientieren, der kennt hier alles wie seine Hosentasche. Unser Ziel ist Rügenwalde, wo die Freiin von Lankwitz zu Hause ist. Danach geht es nach Kolberg.“
„Hat mir Hasard schon gesagt“, erwiderte Dan.
Ben Brighton enterte ab, um seine Kammer aufzusuchen. Auch die anderen verschwanden. Der letzte, der das Achterdeck der alten Wache verließ, war Gary Andrews. Er schlief tatsächlich schon halb im Stehen.
„Ich denke, du bist so hundemüde“, lästerte Smoky, „dann hau dich doch endlich auf die Matte und horch die Koje ab.“
„Das tue ich jetzt auch. Macht’s gut.“
Er gähnte so ausgiebig wie Smoky zuvor, dachte nur noch an seine Koje und enterte ganz langsam ab zum Quarterdeck. Nur noch ein paar Yards, dann konnte er sich langlegen, ein wenig das Geschaukel der Wellen genießen, ohne am Ruder stehen zu müssen, und dann schlafen, nichts als schlafen.
Ist doch verdammt hart, so ein Törn, dachte er. Pete Ballie stand immer wie selbstverständlich da achtern, als hätte er zeit seines Lebens nichts anderes getan.
Aber für einen, der das nicht so oft tat, war das wahrhaftig kein Spaß, den man mit links erledigte.
Er reckte die Arme, drückte die Brust heraus und gähnte wieder. Seine Augen waren vor Müdigkeit schon halb geschlossen.
Er hielt sich auch nicht am Geländer des Backbordniederganges fest, als er abenterte.
In diesem Augenblick holte der Wind kurz Luft. Dann hielt er eine Sekunde lang den Atem an und blies ihn unter fürchterlichem Getöse schlagartig aus. Die einfallende Bö ließ die „Isabella“ von oben bis unten hart erzittern. Gleichzeitig holte sie stark nach Lee über, und über das Schanzkleid der Kuhl stieg an Backbord wild und brüllend die See ein. Für Augenblicke war es durch Schaum und Gischt fast hell an Deck.
Dann erreichte das Wasser Gary Andrews und hob ihn hoch. Durch die starke Krängung des Schiffes verlor er augenblicklich den Halt.
Er war so überrascht, daß es ihm den Mund verschloß und kein einziger Ton über seine Lippen drang. Wild suchte er nach einem Halt, doch da war nichts, er griff nur in die Luft und spürte, daß er über die Backbordseite in die See flog.
Es ging alles so schnell, daß Gary Andrews im ersten Moment regelrecht verblüfft war und es noch gar nicht fassen konnte, was ihm da widerfuhr.
Er fühlte mehr, als er sah, daß er mit dem Körper fast auf der Backbord-Besanrüste landete, und streckte erneut abwehrend die Hände aus, um sich nicht die Knochen zu brechen.
Dann wollte er überrascht schreien, doch auch dazu blieb ihm keine Zeit mehr. Er klatschte in die See und ging sofort unter. In seinen weit geöffneten Mund drang ein Schwall kalten Salzwassers, das er vor Schreck prompt schluckte.
Er wußte nicht mehr, ob er oben oder unten war, ob er dem Meeresgrund entgegenschwamm oder an die Oberfläche geriet. Der „Hinauswurf“ war so überraschend erfolgt, daß er sich nicht orientieren konnte.
Um ihn herum war ein Wirbel aus schaumigem Wasser, ein Sog, der ihn mitriß, und ein Kochen und Brodeln, das ihn weiter in einen Strudel schleuderte.
Zum zweitenmal schluckte er Wasser und begann wie ein Irrer nach oben zu paddeln. Er hustete, würgte und spie Wasser aus, das ihm teuflisch in den Lungen brannte.
Aber seine Müdigkeit war schlagartig verflogen, denn was ihm nun bevorstand, das wußte er. Gary verfiel nicht in Panik – er hatte tausend gefährliche Situationen heil überstanden —, er versuchte nur, sich blitzschnell zu orientieren, was ihm ungemein schwer fiel.
Als er den Schädel über Wasser hatte, drückte ihn eine zweite Welle augenblicklich wieder nach unten, und erneut begann er aufgeregt zu paddeln und wollte durch einen Schrei auf seine Lage hinweisen. Die Männer auf dem Achterdeck mußten ihn doch noch hören.
Aber sie hörten ihn nicht, denn auch dieser Schrei wurde durch das kalte Salzwasser erstickt.
Zum zweiten Male tauchte er auf, und dann sah er die schreckliche Wahrheit deutlich und plastisch.
Die Heckpartie der „Isabella“ zog davon wie ein gigantischer drohender Schemen, riesig groß und mächtig wie ein Ungeheuer.
Ein milchiger Schein ergoß sich über das Wasser, ein Anflug von schützender und anheimelnder Helligkeit, der rasch verflog und in der Finsternis der Nacht gleich darauf unsichtbar wurde.
Entsetzt starrte Gary Andrews dem dunklen Gebilde nach, und in einer Art von Galgenhumor dachte er: Aus der Traum von der Koje, endgültig aus! Jetzt geht es ums nackte Überleben. Er versuchte, ganz ruhig zu bleiben, und diesmal gelang es ihm auch, einen Schrei auszustoßen, doch den drückte der Wind zurück, und er verhallte wiederum ungehört.
Jetzt schwamm er allein in der Ostsee, dem Meer, das sie immer so verächtlich als Pißrinne für Schwäne und Enten bezeichnet hatten.
Er wußte, daß ihm ein harter Kampf bevorstand, der letzte und längste vermutlich in seinem Leben, es sei denn, sie hätten auf der „Isabella“ seinen Schrei noch gehört.
In diesen höllischen Augenblicken war er der einsamste Mann auf der ganzen Welt. Er rechnete sich auch keine große Chance zum Überleben aus.
Aus, dachte er nüchtern, das ist das Ende!
Ein paar Augenblicke vorher:
Als die „Isabella“ hart überkrängte, griff Smoky zwar noch blitzschnell und hart nach den Ruderspeichen, um anzuluven, doch der Griff erfolgte zu spät. Zu schnell war die Bö eingefallen, und so konnte er sich am Ruder nur noch festhalten.
Sam Roskill, der ebenfalls auf dem Achterdeck erschienen war, bemerkte auch nichts. СКАЧАТЬ