Название: Seewölfe Paket 17
Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
isbn: 9783954397754
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„So schnell gibt man nicht den Löffel ab, wenn man noch vor wenigen Stunden einen gesunden Appetit hatte“, sagte Stenmark spöttisch. „Unser Feldscher ist hier. Er will wissen, was los ist. Hast du plötzlich Pestbeulen gekriegt?“
Der Pole stöhnte erneut.
„Viel Schlimmeres!“ jammerte er. „Vielleicht hat mir jemand Gift ins Essen getan. Ich habe fürchterliche, krampfartige Schmerzen im ganzen Leib, so daß ich mich nicht mehr vom Boden erheben kann. Außerdem bin ich schweißgebadet und habe Fieber. Wenn mir nicht sofort jemand hilft, dann sterbe ich!“
Jetzt legte sich eine steile Falte über die Stirn des Kutschers.
„Stenmark, sag dem Miststück, daß bei uns an Bord noch niemand vergiftet worden ist. Ich selbst habe sein Frühstück hergerichtet, und wenn er noch ein einziges Mal behauptet, es habe ihm jemand Gift reingetan, dann kriegt er die nächsten acht Tage keinen Bissen mehr und kann meinetwegen die Planken annagen.“
Der Kutscher war fuchtig geworden. Schließlich ließ er sich nicht einfach unterstellen, ein Giftmischer zu sein. Das klang ja gerade so, als würde die „Isabella“ von einer heimtückischen Mörderbande bevölkert.
Stenmark übersetzte seine Worte, doch Witold Woyda jammerte lauthals weiter.
„So war das doch nicht gemeint!“ rief er schließlich. „Es war nur eine Vermutung. Es kann ja auch eine andere schlimme Krankheit sein. So helft mir doch!“ Ein lautes Ächzen und Gurgeln rundete seine Worte ab.
„Nun ja“, meinte der Kutscher, „ich will nicht dran schuld sein, wenn der Bursche tatsächlich das Zeitliche segnet, obwohl das für die Welt auch nicht gerade ein schwerer Verlust wäre. Macht auf, ich schaue mal rein. Du, Bob, begleitest mich mit deiner Funzel, damit ich mir den Kerl bei Licht ansehen kann.“
Bill schloß das Schott zur Vorpiek auf und schob den schweren Eisenriegel zurück.
Bob Grey, der in einer Hand eine schußbereite Pistole hielt, hob mit der anderen die Tranlampe hoch. Die Gestalt, die sich auf den Planken krümmte, wurde in trübes Licht getaucht.
Stenmark und Bill postierten sich am Eingang.
„Hilfe, Hilfe!“ wimmerte Witold Woyda, der immer noch seine schmucke Uniform und seine Perükke trug, wie sie meist nur von hochstehenden Offizieren aufgesetzt wurde. Er hatte die Beine angewinkelt und preßte beide Hände gegen den Leib.
Die beiden Männer traten näher. Während sich der Feldscher neben dem Gefangenen niederkniete, um ihn zu untersuchen, hielt Bob die Tranlampe hoch, um die Szene zu beleuchten.
Witold Woyda verzog schmerzlich das Gesicht und rollte mit den Augen, als stehe sein letztes Stündlein bevor.
„Diese Krämpfe bringen mich noch um“, stieß er mit gequälter Stimme hervor. Wie es auf den ersten Blick aussah, hatte es ihn tatsächlich übel erwischt.
Der Kutscher beugte sich über ihn, um zunächst einmal durch Abdrücke festzustellen, wo das Schmerzzentrum lag. Beim ersten Druck seiner Fingerspitzen zuckte der polnische Generalkapitän heftig zusammen und stieß einen kurzen Schrei aus.
Der zweite Druck hingegen schien ihm keineswegs mehr Schmerzen zu bereiten. Im Gegenteil. Sein Oberkörper ruckte schlagartig hoch, und seine rechte Hand fuhr blitzschnell zum Gürtel des Kutschers, in dem ein Messer steckte. Während er den Feldscher mit der anderen Hand am Hemdkragen packte, riß er das Messer heraus und setzte es ihm an die Kehle.
„Laßt eure Waffen fallen!“ brüllte er gleichzeitig. „Wenn ihr nicht gehorcht, ist euer Quacksalber ein toter Mann!“
Stenmark vergaß zunächst vor lauter Verblüffung, die Aufforderung des Polen zu übersetzen. Dennoch wußte jeder auf Anhieb, was mit dem Befehl gemeint war.
Auch Bob Grey war völlig überrascht worden. Woyda hatte unglaublich schnell gehandelt und zudem noch den richtigen Augenblick abgepaßt, so daß es ihm unmöglich geworden war, seine Pistole abzufeuern. Er hätte damit unweigerlich den Kutscher erwischt, da dieser sich über den Polen gebeugt hatte.
„Du Hundesohn!“ rief Stenmark nun wutentbrannt. „Damit wirst du keinen Erfolg haben. Das einzige, was du mit diesem heimtückischen Trick erreichst, ist, daß dir unser Kapitän den Hals an der Rah langziehen läßt!“
Witold Woyda stieß ein heiseres Lachen aus.
„Niemand hängt mich an die Rah, solange dieser Mann hier in meiner Gewalt ist. Gleich, was ihr unternehmt, ich zögere nicht, sofort zuzustoßen! Los, laßt eure Waffen fallen, sonst ist es soweit!“
Zähneknirschend gehorchten die Seewölfe.
Zuerst polterte Bobs Pistole auf die Planken der Piek, sein Messer, mit dem er so meisterhaft umzugehen verstand, folgte. Auch Stenmark und Bill, die mit verkniffenen Gesichtern am Schott standen, warfen ihre Waffen auf den Boden.
„Aufstehen!“ befahl Woyda, und dem Kutscher blieb nichts anderes übrig, als der Aufforderung Folge zu leisten. Langsam erhob er sich von den Planken, und der Pole folgte ihm.
Der Kutscher kochte innerlich vor Wut. Verdammt, warum war er nur auf diesen Kerl hereingefallen? Was würde Hasard dazu sagen? Es war noch gar nicht lange her, seit der räuberische Finne Matti Hakulinen Mac und den Profos durch einen üblen Trick als Geiseln genommen hatte. Sollte sich das jetzt in ähnlicher Form wiederholen? Dem Kutscher wurde abwechselnd heiß und kalt. Er empfand seine Situation als schreckliche Blamage, jawohl! Schließlich waren sie in der Überzahl gewesen, trotzdem waren sie auf diesen Gauner hereingefallen.
„Eins schwöre ich dir, Woyda“, sagte er mit gepreßter Stimme und ohne den Kopf zu bewegen. „Wenn ich dir jemals wieder eine Muck oder Kumme zu füllen habe, dann kannst du dessen sicher sein, daß ich mir ein hochwirksames Gift besorgen werde, aber eins, das dich langsam zu einer Kakerlake zusammenschrumpfen läßt. Und dann zertrete ich dich mit meinem Stiefelabsatz!“
Stenmark übersetzte diese Worte, doch Woyda stieß abermals ein trokkenes Lachen aus.
„Dazu wirst du keine Gelegenheit mehr haben, du Bastard! Im übrigen folgt ihr mir jetzt an Deck, und dann wollen wir mal sehen, wer hier am längeren Hebel sitzt. Wenn euer Kapitän kein Feigling ist, läßt er sich sogar gegen diesen Hund hier austauschen.“
Die Seewölfe hatten längst begriffen, was dieses Schlitzohr von Generalkapitän beabsichtigte. Wie er den Seewolf einschätzte, würde der keinen von seinen Männern über die Klinge springen lassen, sondern sich notfalls selber als Geisel zur Verfügung stellen. Damit hätte sich das Blatt für ihn entscheidend gewendet. Ohne Zweifel wollte Woyda sein ehemaliges Flaggschiff, die jetzige „Wappen von Kolberg“ zurückhaben und ebenso seine geraubten Schätze, die sich noch immer an Bord befanden.
„Ihr geht jetzt schön brav vor mir und eurem Quacksalber her!“ befahl der Pole. „Und vergeßt nicht: eine falsche Bewegung, und er stirbt!“
Bob, Bill und Stenmark blieb nichts anderes übrig, als dem Generalkapitän zu gehorchen. Keiner von ihnen wollte den Kutscher unnötig gefährden, also setzten sie sich in Bewegung.
Witold Woyda schob den Kutscher vor sich her, das Messer direkt an dessen Hals.
„Du hältst dich mit der Lampe direkt vor uns“, forderte СКАЧАТЬ