Deep Purple. Jürgen Roth
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Название: Deep Purple

Автор: Jürgen Roth

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия:

isbn: 9783854454144

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СКАЧАТЬ Leute – Ian Hansford, inzwischen von HEC als fester Roadie eingestellt, pendelt mit Nick Simper in dessen Jaguar zwischen dem Bahnhof Borehamwood und Deeves Hall hin und her und schleppt immer neue potentielle Sänger an, vier pro Fuhre. „Das war enorm lustig“, erinnert er sich. „Die ganzen Typen hingen da am Bahnhof rum, keiner redete mit dem anderen, aber jeder wußte, wozu sie alle da waren.“ Nick Simper führt die Neuankömmlinge in den Warteraum, kocht ihnen Kaffee und ruft einen nach dem anderen rein.

      Die Vorstellungstermine sind eine enervierende Prozedur für die Kandidaten, mehr noch aber bald für die Band selbst: „Wir probierten Dutzende aus. Wir hörten uns so viele Sänger an, daß wir irgendwann die ganze Sache satt hatten. Als Ashley Holt dran war – für mich einer der besten Sänger im ganzen Land –, hab’ ich nichts davon mitgekriegt, weil ich einfach zu Tode gelangweilt war“, erinnert sich Nick Simper 1983 in einem Interview. „Es war furchtbar. Du kommst zum Bahnhof, und da stehen schon wieder dreißig so Typen rum und wedeln mit dem Melody Maker und der Anzeige. Einer von den Kerlen kam rein, spielte ‚Bill Bailey Won’t You Come Home‘ und zog eine riesige Mundharmonika aus der Hosentasche. Wir dachten, das kann doch nicht wahr sein.“ Weitere Nachforschungen finden in Clubs statt: „Rod Stewart haben wir uns auch angesehen, weil wir dachten, er wäre vielleicht was, aber wir fanden ihn dann ziemlich schrecklich. Er hat gar nicht mitbekommen, daß wir seinetwegen da waren.“

      Mehr angetan sind die Talentsucher von Terry Reid, der allerdings nicht nur singt wie ein junger Gott, sondern auch bereits als „weißer Jimi Hendrix“ ­gefeiert wird, was Kollisionen mit Blackmore befürchten läßt. Reid sagt dankend ab – und zwar nicht nur Deep Purple, sondern ein paar Monate später auch den New Yardbirds, denen er statt seiner den Sänger der nordenglischen Band Hobbs­tweedle empfahl, einen gewissen Robert Plant – und unterschreibt lieber einen Solovertrag bei dem Produzenten Mickie Most. Ein anderer Vorschlag kommt von Nick Simpers Freund Tony Tacon: Er kenne da einen Typen namens ­Gillan, der bei Episode Six singt. Simper hat ihn selbst schon ein paarmal bei gemeinsamen Auftritten von Episode Six und seiner alten Band The Bergeracs getroffen, aber mehr als „Wie geht’s?“ war nie gesprochen worden. Simper bittet Tony Edwards, Gillan anzurufen, aber dessen Antwort ist eindeutig: Er hat kein Interesse, weil Episode Six kurz vor dem großen Durchbruch stehen und aus Round­about seiner Meinung nach sowieso nichts wird.

      Der hoffnungsvollste Annoncenbewerber kommt aus Slough und heißt Mick Angus. Nick Simper hat das Zuhören inzwischen aufgegeben, sitzt vor dem Fernseher und nickt nur wortlos, als Blackmore und Lord meinen, Angus sei der richtige Mann. Er erzählt ihnen von einer Band aus seiner Gegend, mit deren Sänger und Schlagzeuger er befreundet ist, und letzterer sei viel besser als Bobby Woodman. Ritchie Blackmore weiß, wovon Angus spricht: Er hat The Maze in Hamburg gesehen und war von dem jungen Burschen namens Ian Paice, mit dem er ein paar Tage bei Boz zusammengespielt hat, so beeindruckt, daß er ihn schon damals für Mandrake Root haben wollte. Angus gibt Blackmore die Telephonnummer von Paice, für alle Fälle.

      Angus’ Freundschaft mit den beiden von The Maze wird danach auf eine harte Probe gestellt: „Als ich nach Slough zurückkam, erzählte ich [dem Maze-Sänger] Rod und Ian, daß ich den Job so gut wie sicher hätte. Ich war total unter Strom deswegen. Dann hab’ ich fünf Tage lang nichts von Rod gehört. Das war sehr ungewöhnlich, normalerweise sahen wir uns täglich. Nach drei Tagen hab’ ich geschnallt, was passiert war: Er hatte selbst auf die Anzeige im Melody Maker geantwortet.“ Und Rod Evans bekommt den Job, dank einer eindrucksvollen Demonstration seiner Qualitäten als Balladensänger mit dem nur von Jon Lord am Klavier begleiteten Vortrag des West Side Story-Songs „Tonight“ – fehlerlos über zwei Oktaven, „eine Mischung aus Tom Jones und Engelbert Humperdinck“ (Lord). Nick Simper, der wieder vor dem Fernseher sitzt, nickt auch diesmal.

      Evans’ Engagement hat aber noch einen zweiten Hintergrund. „Ritchie wollte ständig so seltsame Stücke und Gitarreninstrumentals einüben, und ich fragte ihn, wieso wir nicht ein paar Rock-’n’-Roll-Nummern spielen, weil wir wie eine Zirkusband klingen, wenn wir nur diesen Scheiß spielen“, sagt Bobby Woodman, und da trifft er einen Nerv. Es ist aber nicht nur seine Ablehnung jeglicher „progressiver“ Spielweise, die sich als Keil in die erst ein paar Wochen alte Band schiebt, und es sind nicht bloß die Timing-Probleme, die ihm Lord später unterstellt, sondern auch unterschiedliche Lebensgewohnheiten: Woodman trinkt keinen Alkohol, die anderen hingegen sitzen fast noch lieber in der Kneipe als im Übungsraum. Er wiederum raucht einen Joint nach dem anderen und geht auch mal ganz gern auf LSD-Trips, was der Rest der Band strikt verweigert. Ein seltsamer Konflikt: bodenständige Männer mit musikalischen Visionen auf der einen Seite, auf der anderen ein zeitgemäß Ausgeflippter, der bodenständige Musik machen will.

      Die Folge ist absehbar. Als Evans mit dem Vorsingen fertig ist, fragt Black­more, wie es eigentlich seinem Drummer geht und was der in nächster Zeit so vorhat, wo doch jetzt mit The Maze nichts mehr läuft. Evans verspricht, ihn ein paar Tage später zum Vorspielen mitzubringen. Ian Paices erste gemeinsame Probe mit Roundabout etabliert ein System der peinlichen Verschwiegenheit und Klandestinität, das das Unternehmen in den folgenden Jahren wie eine chronische Krankheit begleiten wird. Während die Band auf Vorschlag von Rod Evans eine noch langsamere Version von „Help“ probt, an der Woodman wenig Interesse zeigt, wartet Paice im Nebenraum. Dann versteckt jemand Woodmans Schachtel Gitanes. Da er andere Zigaretten nicht mag, muß er wohl oder übel nach London fahren, um sich im Speakeasy eine neue Schachtel zu besorgen.

      Kaum ist der Schlagzeuger draußen, sitzt Paice an seinem Instrument. Die erste Nummer ist „Watermelon Man“, und Mick Angus, der sich inzwischen mit Evans versöhnt, seine Freunde zur Probe begleitet und sich als Roadie ins Spiel gebracht hat, schwärmt noch Jahre später: „Ian baute sein Zeug auf, und statt einfach mit der Band zu spielen, drehte er vollkommen durch, spielte Wirbel, drosch in die Becken, zeigte alles, was er kann. Er war phantastisch.“ Als Bobby Woodman vom Zigarettenholen zurückkommt und erstaunt vor der neuen Situa­tion steht, sind weitere Erklärungen eigentlich überflüssig. „Damals war ein Job ein Job“, meint Ian Paice. „Man tat, was man konnte, um ihn zu kriegen.“

      Aber die Sache bleibt erst einmal verschwommen. Paice sei nur zufällig da, zum Spaß; vielleicht hat Woodman auch schon einen Joint zuviel geraucht, um zu wissen, was die Stunde geschlagen hat. Am nächsten Abend beruft Jon Lord eine Geheimversammlung ohne Woodman ein und fragt Nick Simper, der mit dem Trommler inzwischen gut befreundet ist, ob er, wenn man Woodman rauswürfe, auch gehen würde. Simper spielt den Ahnungslosen, und Lord wird deutlicher: Man wolle Ian Paice in der Band haben. Simper sagt, er werde auch in diesem Fall dabeibleiben, empfehle den anderen aber, mit Bobby keinen Schabernack zu treiben, schließlich sei der Mann extra aus Frankreich, wo er jahrelang gelebt habe, angereist. Wenn Lord, Blackmore, Evans, Tony Edwards oder sonstwer ihn loswerden wolle, solle man Klartext mit ihm reden und nicht hinter seinem Rücken Verschwörungen anzetteln.

      Es hat aber, zumindest Simper zufolge, keiner den Mut dazu. Statt dessen wird das Managerduo vorgeschickt. Tony Edwards sagt zu Woodman: „Hör zu, Bobby, wir wollen den Vertrag kündigen und geben dir zwanzig …“ – Coletta stößt ihm den Ellenbogen in die Rippen und zischelt: „Vierzig! Vierzig!“ – „… vierzig Pfund für deine Auslagen.“ Einige Zeit herrscht bedrücktes Schweigen, dann sagt Woodman: „Ich finde das überhaupt nicht nett. Es ist wegen Black­more, oder? Er mag mich nicht, oder?“ Jon Lord versucht zu beschwichtigen: „Bobby, ich bin doch dein Freund.“ Aber Woodman hat die Schnauze voll und keine Lust auf weitere Diskussionen. Er packt seinen Koffer und verschwindet. Dafür ziehen Ian Paice und Rod Evans ein.

      In den folgenden Wochen bis Mitte April 1968 nimmt das musikalische Programm erste, noch diffuse Formen an. „Wir bedienten uns beim Jazz, bei alt­modischem Rock ’n’ Roll, bei der Klassik“, beschreibt Jon Lord die Vorgehensweise. „Wir waren so was wie musikalische Elstern, und mir machte das große Freude. Ritchie und ich machten Sachen, die direkt auf den Stil des modernen Jazz zurückgingen, musikalische Witze und gegenseitige Angriffe. Er spielte irgendwas, und ich mußte zusehen, daß mir was dazu einfiel. Das gab der Band Humor und Spannung. Was um alles in der Welt wird СКАЧАТЬ