Der König und sein Spiel. Dietrich Schulze-Marmeling
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Название: Der König und sein Spiel

Автор: Dietrich Schulze-Marmeling

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

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isbn: 9783895338465

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СКАЧАТЬ der diesem Ruf folgt, übernimmt damit die Pflicht, sich mit Hilfe aller bekannten Mittel vollständig einzubringen. Sobald er auf seinem Gebiet Gesandter seines Landes geworden ist, hat sein Sport für ihn den Charakter des ‚Spieles‘ verloren; sein Sport ist dann für ihn eine Sache des heiligen Ernstes, eine Mission.“

      Nach der Befreiung und dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird Lotsy sogar zunächst noch mächtiger, denn seine Rolle als Kollaborateur wird erst nach seinem Tod im Jahr 1959 thematisiert. Während sich in vielen Ländern Westeuropas der Profifußball weiter durchsetzt, hält Lotsy noch eiserner als seine Freunde in der DFB-Spitze am „edlen und wahren Geist“ des Amateurwesens fest. Die im Ausland kickenden niederländischen Profis müssen wüste Beschimpfungen ertragen. So ist von „dreckigen Profis“, „Geldwölfen“ und „Vaterlandsverrätern“ die Rede.

      Erst als eine neue Generation von Spielern das Fußballfeld betritt, findet Lotsy zusehends weniger Gehör. Kees Rijvers, der von 1946 bis 1960 das Nationaltrikot trägt: „Lotsy hatte mit seinen Donnerreden über Volk, Flagge und Vaterland in den dreißiger Jahren viel Erfolg gehabt, aber in den Vierzigern hatte sich die Welt verändert. Sie bedeuteten uns nichts mehr. Die meisten Spieler schwätzten miteinander, wenn Lotsy das Wort ergriffen hatte.“

      Seine letzte Missetat datiert aus dem Jahr 1956, als er einer hochkarätigen FIFA-Kommission vorsitzt, die sich mit der Südafrika-Problematik befasst. Im Abschlussbericht spricht sich Lotsy dafür aus, nicht die „multirassische“ South African Soccer Federation in die FIFA aufzunehmen, sondern die konkurrierende South African Football Association, die die Apartheidpolitik unterstützt.

      Inzwischen ist Lotsys Ruf ein anderer. 1997 wird die Amsterdamer Karel Lotsylaan aufgrund seiner Rolle während der Besatzungszeit umbenannt. Seither heißt die Straße nach dem aus einer jüdischen Familie stammenden österreichischen Komponisten Gustav Mahlerlaan.

      Der erste Legionär: „The Flying Dutchman“

      Als erster hochklassiger Kicker war bereits 1930 Gerard Pieter (Gerrit) Keizer ins Ausland gegangen. Allerdings zog es den Ajax-Keeper nicht als Fußballer nach England, vielmehr wollte er seine englischen Sprachkenntnisse verbessern. Seinen Lebensunterhalt verdiente Keizer in einem Gemüse- und Obstladen am Covent Garden in London, doch Fußball spielte er auch: In Margate, Grafschaft Kent, hütete er den Kasten eines Amateurklubs, der Arsenal London zuarbeitete. Als Herbert Chapman, der legendäre Coach der Gunners, Keizer eines Tages zusah, war er so angetan, dass er ihn nach London holte und gleich in die 1. Mannschaft steckte.

      Sein Debüt als Profi-Torwart feierte Keizer am 30. August 1930 gegen Blackpool. Auch in den folgenden elf Meisterschaftsspielen blieb er die Nr. 1 und war zudem dabei, als Arsenal 1930 gegen Sheffield Wednesday das Charity Shield gewann, das alljährliche Kräftemessen zwischen dem englischen Meister und dem FA-Cup-Sieger. Keizer pendelte nun zwischen London und Amsterdam. Samstags spielte er für Arsenal, sonntags lief er für das Ajax-Reserveteam auf, weshalb ihn in England Presse und Mitspieler „The Flying Dutchman“ tauften.

      Aber Keizers Spielstil war für den eher defensiv orientierten Chapman zu flamboyant. Der Niederländer behielt nie eine „weiße Weste“ in der 1. Mannschat der Gunners, weshalb er gegenüber den anderen Arsenal-Keepern, Bill Harper und Charlie Preedy, bald den Kürzeren zog. Bereits im Oktober 1930 musste Keizer seinen Platz im Arsenal-Tor wieder räumen. Im Juli 1931 heuerte er bei Charlton Athletic an und spielte später noch für Queens Park Rangers. Er gilt als einer der ersten Nicht-Engländer im englischen Profifußball, der nicht aus Großbritannien oder Irland kam. Zur Saison 1933/34 kehrte Keizer nach Amsterdam zurück, wo er nun bis zum Ende der Saison 1947/48 die Nr. 1 bei Ajax war.

      Als Ajax nach dem Krieg finanzielle Probleme plagten, flog Keizer nach London und bat Arsenal um Hilfe. Die Gunners spendeten einen Trikotsatz und einige Fußbälle. So bestritt Ajax seine ersten Nachkriegsspiele in Arsenal-Trikots, die aber mit den eigenen von der Farbe und dem Design her nahezu identisch sind. Nur das Wappen der Gunners hatte man entfernt.

      Der zweite Auslandslegionär der Niederlande war Elisa Hendrik Bakhuijs, besser bekannt als Beb Bakhuys, der bis zur Ankunft von Johan Cruyff als bester Stürmer der niederländischen Fußballgeschichte galt. Die „Legende mit den großen Ohren“ stammte aus Pekalongan in Niederländisch-Ostindien. Bakhuys, der in den Niederlanden als Erfinder des Flugkopfballs gehandelt wird, spielte in der Heimat für ZAC Zwolle und VVV Venlo. Im Trikot der Elftal traf der Torjäger bei 23 Auftritten 28-mal und nahm auch an der WM 1934 teil.

      In Venlo eröffnete er mit Hilfe seines Klubs einen Zigarrenladen, aber als er mit dem Verkauf einer Sonderedition versuchte, aus seiner fußballerischen Prominenz ein wenig Kapital zu schlagen, grätschten ihn die Funktionäre des Nationalteams ab. Bakhuys wurde sogar von der Polizei vernommen, und der Verband drohte mit dem Verlust des Amateurstatus. Der Torjäger packte daraufhin seine Sachen und ging nach Frankreich zum FC Metz, wo er nun der erste Niederländer war, der im Ausland einen richtigen Profivertrag unterschrieb.

      Der prominenteste Auslandslegionär vor der Legalisierung des Professionalismus aber war der Stürmer Faas Wilkes, das Idol des jungen Johan Cruyff, der 1949 25-jährig von Feyenoord Rotterdam zu Inter Mailand wechselte, wo die „fliegende Tulpe“ an der Seite von Stefano Nyers, einem Franzosen ungarischer Herkunft, und dem Schweden Lennart „Nacka“ Skoglund stürmte. In der Saison 1950/51 schoss ein angriffsfreudiges Inter-Team in der Meisterschaft 107 Tore, stand aber am Ende Saison trotzdem mit leeren Händen da, was einen Taktikwechsel hin zum Catenaccio zur Folge hatte. Als Inter 1952/53 mit nur 46 Toren Meister wurde, spielte Wilkes bereits beim AC Turin. Für Inter hatte Wilkes in drei Jahren und 95 Spielen 47-mal getroffen. Nach einem Jahr bei Juve verbrachte er noch drei Jahre in Spanien beim FC Valencia. Erst 1965, der Professionalismus war mittlerweile auch in den Niederlanden legalisiert, kehrte er in die Heimat zur VVV Venlo zurück, für die er noch zwei Jahre spielte.

      In der Elftal bildete Wilkes mit Abe Lenstra und Kees Rijvers den legendären „goldenen“ Innensturm, dem aber nur wenige Auftritte vergönnt waren. Schuld war der KNVB-Amateurismus, der die Auslandsprofis von der Nationalelf aussperrte.

      Kees Rijvers war 1950 von NAC Breda zum AS Etienne gewechselt. Als Mitgift brachte der nur 1,65 Meter große Spielmacher eine Kiste mit 100 Kilo Schraubstollen mit, die man bis dahin in Frankreich nicht kannte. 1953 wechselte Rijvers in die Hauptstadt zu Stade Francais Paris. Nach dem Abstieg des Hauptstadtklubs 1955 ging es zurück zum AS Etienne, mit dem Rijvers in der Saison 1956/57 französischer Meister wurde. Anschließend wurde der Niederländer auch noch mit der Étoile D’Or geehrt, eine Auszeichnung der Zeitschrift „France Football“ für den beständigsten und besten Spieler der Liga.

      Der berühmteste der drei Innenstürmer blieb im Lande: Abe Lenstra, den einige Niederländer für einen noch besseren Fußballer halten als Johan Cruyff. Lenstra war in einer sozialistisch geprägten Familie groß geworden, was auch der Grund war, warum er den zahlreichen Angeboten aus dem Ausland eine Absage erteilte. Lenstra, der in 47 Elftal-Einsätzen 33-mal traf, spielte von 1932 bis 1950 für den friesischen SC Heerenveen, dessen Stadion heute seinen Namen trägt. In der Saison 1932/33 hatte der Österreicher Otto Pinter das Training beim Friesen-Klub übernommen. Der ehemalige Rapidler wies seinen Kader in den „Donaufußball“ ein, dessen Basis das schottische Flachpass- und Kombinationsspiel war und der einen von Jimmy Hogan geprägte Gegenentwurf zum englischen „kick-and-rush“ bildete. Der junge Lenstra wurde zu einem Bewunderer dieser Spielweise: „Ich hatte das Talent, aber ich habe auch viel gelernt, vor allem von Otto Pinter.“ Der Lehrmeister selbst verglich Lenstras Spielintelligenz und Technik mit der von Matthias Sindelar, der zentralen Figur des österreichischen „Wunderteams“.

      1937 buhlte Huddersfield Town um Lenstras Dienste. Der AC Mailand bot 60.000 Gulden für einen Dreijahresvertrag und 325 Gulden Gehalt ohne Prämien. Auch Lokalrivale Inter bemühte sich um den Niederländer. Der AC Florenz lockte СКАЧАТЬ