Der König und sein Spiel. Dietrich Schulze-Marmeling
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der König und sein Spiel - Dietrich Schulze-Marmeling страница 13

Название: Der König und sein Spiel

Автор: Dietrich Schulze-Marmeling

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783895338465

isbn:

СКАЧАТЬ bescherte dem niederländischen Fußball seinen eigenen Dammbruch. Schon unmittelbar nach dem Spiel verkündete KNVB-Vorständler Lo Brunt, dass der Profifußball nun auch in den Niederlanden nicht mehr aufzuhalten sei. 1954 wurde der Nederlandse Beroepsvoetbal Bond (NBVB) gegründet, der eine eigene Profiliga aus der Taufe hob, in der sich zehn Profivereine organisierten. Viele der niederländischen Auslandsprofis kehrten nun in die Heimat zurück, um sich einem dieser Klubs anzuschließen. Am 14. August 1954 wurde in Alkmaar erstmals offiziell professionell gespielt, als sich vor 13.000 Zuschauern Alkmaar’ 54 und der Sportclub Venlo gegenüberstanden. Die Spiele der Profiliga mobilisierten deutlich mehr Zuschauer als die höchsten Amateurligen des KNVB. Nach nur elf Spieltagen vollzogen NBVB und KNVB eine Fusion. Die Spiele der beiden Ligen wurde abgebrochen und mit der Kampioenscompetie eine neue nationale Liga gegründet, aus der 1956 die Eredivisie und erste niederländische Profiliga unter Aufsicht des KNVB hervorging.

      Ajax bestritt sein erstes Profispiel am 28. November 1954 und kassierte dabei im vereinseigenen Stadion De Meer gegen VVV Venlo eine 2:3-Niederlage. Die Ajax-Spieler erhielten nun für einen Sieg 30 Gulden, bei einem Remis waren es 20, bei einer Niederlage immerhin noch zehn. Allerdings gingen alle Ajax-Akteure unverändert neben dem Fußball einer Vollzeitbeschäftigung nach.

      In die Nationalmannschaft waren die Profis bereits am 13. März 1956 zurückgekehrt, und am 14. März 1956 besiegte die Elftal Weltmeister Deutschland vor 65.000 Zuschauern im Düsseldorfer Rheinstadion mit 2:1. In der Nationalelf wurden die Profis allerdings weiterhin wie Amateure behandelt – bis Johan Cruyff die Bühne betrat und eine Revolution auslöste.

      Kapitel 3: Ajax, Mokum, Israel

      „Wäre Cruyff ein Jude, dann würde er die Liste der größten jüdischen Sportler anführen.“

      www.jewornotjew.com

      Johannes Hendrik Cruyff, genannt Johan, wächst in einer Umgebung auf, in der sich alles um Fußball dreht. Geboren wird er am 25. April 1947 als zweiter Sohn von Hermanus Cornelis „Manus“ Cruijff und Petronella Bernarda „Nel“ Draaijer. Sein Elternhaus in der Akkerstraat 32/Ecke Tuinbowstraat gehört zur Siedlung Betondorp und liegt unweit von De Meer, der damaligen Heimat von Ajax Amsterdam.

      Das „Betondorf“ befindet sich im Osten Amsterdams, im Stadtteil Tuindorp Watergraafsmeer, einem im 17. Jahrhundert entstandenen Polder. Bis 1921 war Watergraafsmeer eine eigenständige Gemeinde mit etwa 10.000 Einwohnern. Gebaut wurde das „Dorp“ in den frühen 1920ern, als Reaktion auf die nach dem Ersten Weltkrieg herrschende Wohnungsnot in Amsterdam. Insbesondere das traditionsreiche Kleinhändler- und Handwerkerviertel Jordaan mit seinen engen Straßen, wo Johan Cruyffs Großvater lebte und Kartoffeln verkaufte („Cruijffs Aard-appelhandel“) und wo auch die Eltern aufwuchsen, litt unter Überfüllung.

      Betondorp war ein architektonisches Experiment: Zehn Architekten entwarfen 900 Gemeindewohnungen. Ein Teil der Häuser wurde aus Backsteinen gebaut, beim anderen Teil wurden erstmals im großen Stil Fertigbauteile aus Beton verwendet. Viele Häuser erinnern deshalb optisch an Kartons. Die Wohnungen wurden zunächst vorrangig an Beamte und Facharbeiter vermietet. Kirchen und Kneipen gab es in der Siedlung nicht.

      Betondorp wurde auch das „rode Dorp“ genannt, denn viele seiner Bewohner sympathisierten mit den Kommunisten und Sozialisten. Es ist ein einfaches und enges Wohngebiet, aber nicht arm. Ein Haus reiht sich an das andere, nur sehr selten wird diese Kette von unbebauten Lücken unterbrochen. In der Regel sind die Häuser zweistöckig, vereinzelt auch ein- oder dreistöckig. Die Straßennamen suggerieren einen ländlichen Charakter: So gibt es die Graanstraat (Getreidestraße), Oogst-straat (Erntestraße), die Veeteeltstraat (Viehzuchtstraße), die Landbouwstraat (Landbaustraße) und die Akkerstraat (Ackerstraße). Doch freie Flächen gibt es kaum, die Gärten messen, sofern sie überhaupt existieren, nur wenige Quadratmeter. Wer draußen spielt, muss auf die Gehwege und Straßen.

      Noch heute wirkt Betondorp wie ein Dorf in der Stadt, eingekapselt vom Middenweg im Osten, der A10 und dem Gooiseweg mit ihren hohen Böschungen im Süden bzw. Westen und einem Kanal im Norden. Rund 3.000 Menschen leben heute in dem sternförmig angelegten Viertel mit dem Platz de Brink als Mittelpunkt. Am Brink 24 liegt die legendäre Slagerij Korrel, die 1946 eröffnete. Auch die Cruyffs kauften dort ein.

      Der Fußballstar Johan Cruyff ist nicht der erste und einzige Betondorper, der es zu Prominenz bringt. Der Schriftsteller Gerard Kornelis van het Reve (1923-2006), der zu den Großen der modernen niederländischen Literatur gezählt wird, der Fotograf und Filmemacher Ed van Elsken (1925-1990), der u. a. in zahlreichen renommierten Museen wie der Museum of Modern Art in New York, dem Art Institute of Chicago und dem Amsterdamer Stedelijk Museum ausstellte und 1971 den Staatspreis der Niederlande für Film erhielt, der ehemalige KLM-Manager Leo van Wijk (Jg. 1946), der mit Cruyff in der Ajax-Jugend kickte, als Baseballspieler aber erfolgreicher war, der langjährige Ajax-Assistenz- und Jugendtrainer Bobby Haarms (1934-2009), die Klublegende schlechthin, und die Schauspielerin Willeke van Ammelrooy (Jg. 1944), u. a. in der Komödie „Antonias Welt“ (1995) und dem Filmdrama „Das Haus am See“ (2006) zu besichtigen, stammen ebenfalls aus Betondorp.

      Nachbar Ajax

      Vom Ajax-Stadion De Meer trennt Betondorp nur der Middenweg, der aus Richtung Diemen ins Herz der Stadt führt. Das Haus der Cruyffs in der Akkerstraat 32 befindet sich nur wenige hundert Meter Luftlinie vom Anstoßpunkt im De Meer entfernt. Im Herbst 1959 zieht die Familie innerhalb Betondorps in die Weidestraat 37 um und rückt damit noch näher an die Ajax-Spielstätte.

      Bereits 1907 war Ajax aus dem Norden der Stadt in den Osten nach Watergraafsmeer umgezogen. Für den neuen Standort sprach, dass er sich vom Stadtzentrum aus gut mit der Straßenbahn erreichen ließ. Am Middenweg entstand nun das „Holzstadion“, dass aber mit der Zeit zu klein wurde. Die Zuschauer standen häufig bis an die Außenlinien und beeinträchtigten den Spielbetrieb.

      Am 9. Dezember 1934 nahm Ajax am Middenweg das vereinseigene Stadion De Meer in Betrieb. Architekt des Stadions ist der Ajaciede Dan Rodenburgh. Der Stadionbau kostet Ajax 100.000 Gulden. Für einen Amateurverein war das damals eine enorme Summe und eine mit erheblichen Risiken verbundene Investition. Zur Eröffnung der zunächst 22.000 Zuschauer fassenden Spielstätte kam Stade Francais Paris und wurde mit 5:1 abgefertigt.

      Es gibt eine Karte, auf der die Stammvereine der Amsterdamer Fußballprofis verzeichnet sind. Diese Amateurklubs sind über die gesamte Stadt verteilt, aber um das mittlerweile abgerissene ehemalige Ajax-Stadion De Meer ballen sie sich. Die Ajax-Scouts konnten einen großen Teil ihrer Arbeit zu Fuß erledigen. Einschließlich Ajax sind 14 der 39 aufgeführten Klubs in Amsterdam Oost bzw. Watergraafsmeer beheimatet, wo die Sportparks Middenmeer, Voorland und Drieburg zahlreiche Fußballplätze beherbergen. In keiner anderen Gegend Amsterdams gibt es eine derartig große Ansammlung von Fußballplätzen.

      Bei Ajax begann nur Cruyff mit dem Fußballspielen. Ruud Gullit, Europas Fußballer des Jahres 1987, startete bei den Meerboys, Wim Kieft bei Madjoe, Louis van Gaal bei De Meer, Sjaak Swart und Rob Rensenbrink beim 1994 aufgelösten OVVD, Bennie Muller bei TDW, der Keeper Stanley Menzo und neun andere bei Zeerburgia, Dennis Bergkamp bei Wilkskracht SNL, der heutige Hoffenheimer Ryan Babel bei Fortius, Piet Keizer bei Amstel, Mbark Boussoufa bei Middenmeer. Seit den 1950ern absolvierten fast 40 namhafte Profis ihre ersten fußballerischen Gehversuche in einem Radius von gut 500 Metern.

      Bei Ajax

      Johan Cruyffs Vater Manus betreibt einen kleinen Gemüsehandel und nennt sich „Hofleverancier van Ajax“ (Hoflieferant von Ajax). Er arbeitet hart und verdient wenig. In Betondorp gibt es zwei Schulen, eine öffentliche und eine protestantische. Johan Cruyff besucht bis zum zwölften Lebensjahr СКАЧАТЬ