Название: Der König und sein Spiel
Автор: Dietrich Schulze-Marmeling
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783895338465
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Das erste Fußballspiel auf niederländischem Boden soll allerdings schon 1865 stattgefunden haben. Eine rein britische Angelegenheit, bei der sich englische Botschaftsangestellte aus Den Haag und in Enschede beschäftigte Textilarbeiter gegenüberstanden.
Das Spiel erfuhr einen kräftigen Schub, als in der Boomphase der niederländischen Textilindustrie Arbeitskräfte aus der englischen Grafschaft Lancashire, einer Hochburg des Fußballs und Wiege des professionellen Fußballs, im Raum Enschede angeworben wurden.
Im Dezember 1889 wurde im Café Central in Den Haag der Nederlandse Atletiek- en Voetbalbond (NAVB) aus der Taufe gehoben. Es ist erst der zweite nationale Fußballverband auf dem Kontinent. Einige Monate zuvor, im Mai 1889, war in Dänemark bereits die Dansk Boldspil Union (DBU) gegründet worden. 1895 trennten sich Fußballer und Athleten in Nederlandse Voetbalbond (NVB) und Nederlandse Atletiek Bond (NAB). 1929 wurde aus dem NVB der Koninklijke Nederlandse Voetbalbond (KNVB.)
1904 gehörte der NVB zu den sieben Gründungsmitgliedern des Weltfußballverbands Féderacion Internationale de Football Association (FIFA). Beim Gründungsakt in einem Hinterhaus der Pariser Rue de St. Honoré wurde der NVB durch den Bankier Carl Anton Willem Hirschmann vertreten, der der FIFA von 1906 bis 1931 als ehrenamtlicher Generalsekretär diente. Hirschmann war maßgeblich verantwortlich für die Revitalisierung des Weltverbands nach dem Ersten Weltkrieg und gehörte später auch zu den Pionieren des Projekts Fußball-Weltmeisterschaft.
Kleine Erfolge am Anfang
Die ersten olympischen Fußballturniere dokumentieren den Entwicklungsvorsprung von Dänen und Niederländern. Beim ersten offiziellen Turnier 1908 in London drang Dänemark bis ins Finale vor, wo man dem Fußball-Mutterland England mit 0:2 unterlag, während sich die Niederlande mit einem 2:0-Sieg über Schweden Bronze sicherten.
In Stockholm 1912 herrschte das gleiche Bild: Den Sieger spielten England und Dänemark aus, wobei die Engländer mit 4:2 die Oberhand behielten. Das „kleine Finale“ ging erneut an die Niederlande, die Finnland mit 9:0 rasierten. In Antwerpen 1920 wurden die Niederlande Vierter, ebenso in Paris 1924, wo die Schweiz olympisches Gold holte und sich anschließend als erster „Europameister“ feiern ließ.
Das 5. Olympische Fußballturnier 1928 wurde auf heimischem Boden in Amsterdam gespielt und endete für den Gastgeber mit einer großen Enttäuschung. Die Niederlande hatten das Pech, dass sie sich bereits in der ersten Runde dem späteren Turniersieger Uruguay mit dem Superstar José Leandro Andrade stellen mussten. Uruguays Celeste gewann mit 2:0. Zwei Jahre später wurden die Südamerikaner auch erster Fußball-Weltmeister.
Deutschland musste 14 Jahre auf seinen ersten Sieg über den kleinen Nachbarn warten. Erstmals maß man sich am 24. April 1910 in Arnheim, wo die Elftal, wie die niederländische Fußballnationalmannschaft genannt wird, die Auswahl des DFB mit 4:2 besiegte. Im Oktober 1910 sah man sich auf der anderen Seite der Grenze in Kleve wieder, wo die Niederlande mit 2:1 erneut die Oberhand behielten. Und auch die dritte Begegnung vor dem Ersten Weltkrieg endete mit einem Sieg der Elftal, die 1912 in Leipzig mit 3:2 gewann. Es folgten zwei torreiche Remis: 1912 in Zwolle (5:5) und 1914 in Amsterdam (4:4).
Die erste Nachkriegsbegegnung am 10. Mai 1923 in Hamburg endete torlos. Erst am 21. April 1924 bzw. beim siebten Aufeinandertreffen durften die Deutschen ihren ersten Sieg über den kleinen Nachbarn feiern. In Amsterdam gewann die DFB-Elf durch ein Tor des Fürthers Karl Auer mit 1:0.
Als sich auch auf dem Kontinent der Professionalismus durchsetzte, gerieten die Niederlande mehr und mehr ins Hintertreffen, bis sie auf den Status einer bestenfalls zweitklassigen Fußballnation gesunken waren. Allerdings schaffte diese Situation auch Freiräume für Experimente und Lernprozesse.
„Urväter“ des „holländischen Spiels“: Jimmy Hogan…
Dordrecht ist eine knapp 120.000 Einwohner zählende Stadt und Gemeinde in der niederländischen Provinz Südholland. Um die Stadt herum teilt sich der Rheinarm Beneden Merwede in den Kanal Noord, die Oude Maas und den Dordtse Kil. Schon 1220 erhielt Dordrecht seine Stadtrechte und ist damit die älteste Stadt im ehemaligen Holland. Am 15. Juli 1572 war Dordrecht Ausgangspunkt des niederländischen Unabhängigkeitskampfes, als im Gebäude „Het Hof“ Repräsentanten der meisten Stände der Niederlande zusammenkamen, Wilhelm von Oranien zu ihrem Führer kürten und ihre Unabhängigkeit von Spanien erklärten.
338 Jahre später ist Dordrecht Ausgangspunkt des niederländischen Passspiels.
1910 bemüht sich der 1883 gegründete FC Dordrecht um einen englischen Lehrmeister. Es bewirbt sich der 28-jährige Jimmy Hogan, Sohn eines irisch-katholischen Fabrikarbeiters aus Nelson in der bereits erwähnten Grafschaft Lancashire. Hogan kennt Dordrecht. Ein Jahr zuvor hat sein Klub, Swindon Town, eine Kontinentaltour unternommen und dabei auch in Dordrecht vorgespielt. Der Ex-Profi Hogan ist ein Novize im Trainergewerbe und verfügt über keinerlei Übungsleiter-Erfahrungen. Doch der FC Dordrecht ist nur Hogans erste Station auf dem Kontinent, dessen Fußball er nun wesentlich beeinflussen wird. (Hogan ist nicht die einzige Trainerlegende, die beim FC Dordrecht arbeitet. Der Klub ist 1939 bis 1942 die letzte Station des Ungarn Arpád Weisz, der 1930 34-jährig Inter Mailand zur Landesmeisterschaft geführt hat und bis heute der jüngste Meistertrainer in der Geschichte der Serie A ist. Im August 1942 wird der Jude Weisz von den deutschen Besatzern verhaftet und ins Durchgangslager Westerbork verschleppt. Wenige Wochen später wird Weisz nach Auschwitz deportiert und dort im Januar 1944 ermordet.)
Schon in Dordrecht zeigt sich, wofür Jimmy Hogan später Berühmtheit erlangen wird. Der Trainer legt allerhöchsten Wert auf Ballkontrolle und Passgenauigkeit. Er ist zwar Engländer, aber kein Vertreter der englischen Fußballphilosophie. Vielmehr neigt Hogan, wie viele andere englische Entwicklungshelfer auf dem Kontinent, eher zur schottischen Schule. Schottland ist das Geburtsland des Kurzpassspiels, was auch mit den dortigen Boden- und Wetterverhältnissen zu tun hat.
Bald wird der niederländische Verband auf Hogan aufmerksam und verpflichtet ihn für das bereits erwähnte Länderspiel gegen die Deutschen in Kleve. Fußballgeschichte schreibt Jimmy Hogan allerdings vor allem in Budapest und Wien. In Budapest betreut er MTK (1916-18, 1925-28), das zeitweise beste Team auf dem Kontinent. 1932/33 unterstützt er Hugo Meisl vor Spielen des österreichischen „Wunderteams“ gegen England und Schottland. In Deutschland, wo man ihn vor dem Ersten Weltkrieg als Verbandstrainer verpflichten wollte, trainiert er vier Jahre den Dresdner SC.
Hogan zählt heute zu den wichtigsten Pionieren des kontinental-europäischen Fußballstils. Gusztáv Sebes, der Trainer des ungarischen „Wunderteams“ der Jahre 1950 bis 1954, erzählt später: „Er brachte uns alles bei, was wir über Fußball wissen müssen.“
…und Jack Reynolds
1912 betritt Hogans Landsmann Jack Reynolds den Kontinent. Als Spieler trat der 1881 in Manchester geborene Reynolds vornehmlich für Vereine aus dem industriellen Norden Englands vor den Ball: Manchester City, Burton United, Grimsby Town, Sheffield Wednesday, AFC Rochdale. Reynolds war nur ein mittelmäßiger Kicker, seine beste Saison erlebte er 1904/05 beim Zweitdivisionär Grimsby.
1912 wird Reynolds Trainer des FC St. Gallen, der am 19. April 1879 gegründet wurde СКАЧАТЬ