Kultur unterm Hakenkreuz. Michael Kater
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Название: Kultur unterm Hakenkreuz

Автор: Michael Kater

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783806242027

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СКАЧАТЬ sehen wollte, wurde den Redaktionen diktiert. Ein Beispiel dafür ist eine Richtlinie vom Dezember 1935, frisch veröffentlichte Goebbels-Reden positiv zu rezensieren, weil das Buch auf dem freien Markt bis dato wenig Resonanz gefunden hatte.119 Als 1937 die Stadt Guernica im Spanischen Bürgerkrieg von der deutschen Legion Condor bombardiert worden war, erfuhr die deutsche Öffentlichkeit, spanische Flugzeuge seien dafür verantwortlich.120 Im Herbst 1938 verschärften die Deutschen im Kampf um das Sudetenland das Vorgehen gegen die Tschechoslowakei. Als dabei der sudetendeutsche Politiker Wilhelm Baierle ermordet wurde, erhielten die deutschen Zeitungen die Anweisung, darüber auf der Titelseite zu berichten und die wahrscheinliche Komplizenschaft deutscher Emigranten ins Spiel zu bringen (die ja niemals eine Gelegenheit auslassen würden, NS-Politiker zu verleumden).121

      Wie gut diese Anweisungen in der Alltagspraxis funktionierten, zeigt eine Bemerkung in Goebbels’ Tagebuch. Am 10. November 1938, einen Tag nach den vom Propagandaministerium reichsweit initiierten antisemitischen Pogromen, sollten die Zeitungen die Ereignisse herunterspielen. Stattdessen, überlegte Goebbels, könnten sie schreiben, dass hier und dort Fenster eingeschlagen worden seien und »Synagogen sich selbst entzündet« hätten oder »sonstwie in Flammen aufgegangen« seien. Auf der Titelseite solle gar nicht oder nur sehr zurückhaltend und ohne Fotos berichtet werden. Kommentare dürften sein, sollten sich aber auf »eine begreifliche Empörung der Bevölkerung« und darauf konzentrieren, dass »eine spontane Antwort auf die Ermordung des Gesandschaftsrates« Ernst vom Rath in Paris gegeben worden sei. Goebbels’ Anordnungen wurden befolgt, und er notierte erfreut: »Die deutsche Presse leistet prachtvolle Hilfestellung. Sie weiß, worum es geht.«122

      Haben sich aber alle Zeitungen im Dritten Reich diesen Anordnungen in gleichem Maße unterworfen? Es gibt Hinweise darauf, dass die Frankfurter Zeitung dazu am wenigsten bereit war. Sie besaß eine lange bürgerlich-liberale Tradition, war für manche Schriftsteller und Redakteure der Rettungsanker, weil sie der Zensur eine Zeit lang Widerstand leistete, zudem hielt Goebbels es für angebracht, für das Ausland ein Organ von traditionellem Anstrich als Aushängeschild zu behalten.123 Sieburg etwa gab sich eher erzkonservativ als nazistisch, und zwei wichtige Redakteure hatten allen Grund, den Nationalsozialisten zu misstrauen: Benno Reifenberg hatte einen jüdischen Elternteil und Dolf Sternberger eine jüdische Frau.124 Vormals hatte die Zeitung deutschen Juden gehört und über eine bedeutsame Anzahl jüdischer Beiträger verfügt. Erst als die prominenten Autoren Walter Benjamin und Siegfried Kracauer nicht mehr für die Frankfurter Zeitung arbeiteten, erlaubte Goebbels das weitere Erscheinen. Gegen Hitler allerdings, der die Zeitung immer verabscheut hatte, kam auch er nicht an: 1943 wurde sie verboten.125

      Es gab noch einige – weniger widerstandsfähige– bürgerliche Zeitungen, die in Städten wie Köln, Hamburg und Berlin weiter erscheinen durften: die Deutsche Allgemeine Zeitung, die Berliner Zeitung und die Neue Rundschau.126 Wie weit diese Zeitungen bereits, freiwillig oder erzwungen, der NS-Ideologie erlegen waren, zeigt sich u. a. daran, dass Organe wie die Deutsche Allgemeine Zeitung im Juli 1937 die Ausstellung »Entartete Kunst« positiv besprachen oder die Frankfurter Zeitung Hitlers Einmarsch in Österreich im Frühjahr 1938 feierte.127 Sie druckte als erste Zeitung Hitlers bombastische Proklamation, um dann den »Anschluss« in einem langen Artikel zu würdigen, dessen Höhepunkt diese Sätze bildeten: »Ohne große Umschweife, mit ebenso großer Offenheit wie Entschlossenheit zeigt die Proklamation des Führers und Reichskanzlers, was in der letzten Nacht in Österreich vorgegangen ist. Die getroffenen Entscheidungen haben sich in der Sicherheit des Handelns vollzogen, die den Weg einer ruhigen und geordneten Lösung nicht verließ.«128 Am 20. April 1939, Hitlers 50. Geburtstag, verglich Sternberger des »Führers« historische Größe mit der von Caesar, Barbarossa und Napoleon.129 Weitere positive Artikel zu Hitler gossen Öl ins Feuer der Aggression gegen Polen.130

      Da die Nationalsozialisten viel Wert darauf legten, im Volk verwurzelt zu sein, vor allem im Landvolk, brachten sie auch auf dem Land und in der Provinz die Zeitungen auf Linie (oder eliminierten sie ganz).131 Um sie schwach und abhängig zu halten, durften nicht mehr sie, sondern nur noch die Parteipresse Verlautbarungen der Regierung veröffentlichen. Außerdem musste sich das Regime mit kleinen bis mittelgroßen katholischen Blättern ins Benehmen setzen, was trotz des im September 1933 mit dem Papst geschlossenen Konkordats ein heikles Problem blieb.132

      Doch insgesamt war die Presse ein ideales Medium für Goebbels’ Propagandazwecke. Zum einen konnte er die Bevölkerung per Mitteilung administrativer Verfügungen oder durch speziell zugeschnittene Nachrichten kontrollieren, zum anderen sie unterhalten und so dem Regime gewogen halten. Folglich wurden auch Handels-, Familien- und Hobbyzeitschriften in den Dienst des Staates gestellt. Im März 1938 würdigten beispielsweise nicht nur ein Technikerjournal, sondern auch das illustrierte Familienmagazin Der Rundblick und die Schlesischen Monatshefte den »Anschluss« Österreichs. Eine Imkerzeitschrift setzte »Ein Volk! Ein Reich! Ein Führer!« auf die Titelseite und erklärte das Ereignis dann zum »Wendepunkt auch der deutschen Imkergeschichte«.133

      Die NSDAP verbot viele Zeitungen und erwarb viele, sicherte aber ihren eigenen Blättern eine bevorzugte Position. Die drei wichtigsten waren der Völkische Beobachter, Der Angriff und Das Schwarze Korps. Nach dem Modell des Völkischen Beobachters gab es überdies regionale Ableger wie den Westdeutschen Beobachter in Köln. Der Völkische Beobachter, gegründet in der Frühzeit der Bewegung mit erst Dietrich Eckart und dann Alfred Rosenberg als Hauptschriftleitern, wurde als das offizielle Parteiorgan der NSDAP schließlich von Hitler herausgegeben.134 Er erschien täglich in zwei Hauptausgaben – Berlin und München – und druckte Parteikommuniqués sowie Berichte aus dem Alltag aus nationalsozialistischer Perspektive. Er war ein totalitäres Instrument zur Deutung der Welt nach totalitären Kriterien und zugeschnitten auf die totalitäre Herrschaft. Jedes Parteimitglied sollte die Zeitung abonnieren, und auch Nicht-Mitglieder taten gut daran, um keinen Verdacht zu erregen. Der Inhalt war einfach und massenwirksam aufbereitet, ebenso die Sprache. Auch im Feuilleton wurde die NS-Ideologie verbreitet: Die Aufklärung war, als französische Erfindung, verabscheuungswürdig, die schönste Musik war die romantische – und hier war Deutschland meisterlich –, der Expressionismus dagegen war »entartet«. Insgesamt schlug sich im Völkischen Beobachter die Phantasielosigkeit des Chefideologen Alfred Rosenberg nieder, der das Blatt bis zum Ende 1945 verantwortete.135 Im Februar 1932 betrug die verkaufte Tagesauflage 41 000 Exemplare und stieg danach immens.136

      Die Wochenzeitung Der Angriff hatte Goebbels 1927 in seiner Funktion als Gauleiter Berlins gegründet. 1929 erschien Der Angriff zwei Mal wöchentlich, danach wieder im Wochentakt. In der Weimarer Zeit war das Blatt häufig verboten; es brachte, inhaltlich und formal auf die SA ausgerichtet, vorwiegend Lokalnachrichten. »Knapp, klar, scharf und radikal redigiert und dem Berliner Geist angepasst«, so Goebbels, richte es sich an die arbeitende Bevölkerung. 1928 wurden 30 000 Exemplare verkauft, 1934 mehr als das Doppelte. Der Ton war sehr viel rüder als im Völkischen Beobachter, und das Blatt konzentrierte sich stärker auf die angeblich von den Juden ausgehenden Übel.137 Das Schwarze Korps war die Zeitung der SS und unterstand nicht Goebbels, sondern Himmler. Propagandistisch war sie folgenreicher als der Angriff, weil die Journalisten dort gebildeter waren und das Blatt daher besser gemacht. Außerhalb der SS war es nicht so verbreitet wie der Angriff, aber man konnte es ohne Schwierigkeiten abonnieren oder am Kiosk kaufen. Die Artikel waren häufig geistreich und die Fotografien ansprechend. Es war ein Blatt für die Gebildeteren unter den überzeugten Nazis. Was im Reiche Himmlers vor sich ging, kam nicht zur Sprache, denn das unterlag für gewöhnlich strengster Geheimhaltung. Nur sehr selten ging es um Wesen und Ziele der nationalsozialistischen Herrschaft hinsichtlich der totalitären Beschränkungen und imperialistischen Ambitionen, und wenn, dann nur verbrämt.138 Ein gutes Beispiel dafür ist eine Reportage über KZs. Offensichtlich machte man sich Sorgen wegen Berichten jüdischer Exilanten, und so versuchte Das Schwarze Korps, die Dinge geradezurücken. So hieß es dann 1936 in Heft Nr. 7 über die Insassen eines KZ: »Es ist dies eine Kollektion von Rasseschändern, Notzüchtern, sexuell Entarteten, Gewohnheitsverbrechern, die den größten Teil ihres Lebens hinter Zuchthausmauern verbrachten, und anderen Individuen, die sich durch ihr Verhalten außerhalb der Volksgemeinschaft gestellt haben.« Die Zeitung bot jedem interessierten Land diese СКАЧАТЬ