Kultur unterm Hakenkreuz. Michael Kater
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Название: Kultur unterm Hakenkreuz

Автор: Michael Kater

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783806242027

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СКАЧАТЬ Monate später sprach er sich erneut gegen »Kitsch« in der Filmindustrie aus und forderte »mehr Kunst«.169

      Ende 1934 wurde ein Film fertiggestellt, der ästhetische Qualität mit wirkungsvoller Propaganda für das Regime verband. Allerdings kam Triumph des Willens, der 1935 in den Kinos gezeigt wurde, nicht aus Goebbels’ Haus. Es war kein Spiel-, sondern ein Dokumentarfilm, der einzig durch seine Bilder und die Hintergrundmusik wirkte. Regie führte, im Auftrag Hitlers, die ehemalige Tänzerin und Schauspielerin Leni Riefenstahl, damals 32 Jahre alt. Die NS-Presse lobte den Film in höchsten Tönen, und Goebbels musste eingestehen, dass es sich in jeder Hinsicht um ein Meisterwerk handelte. Wie seine Tagebücher zeigen, bedauerte er sehr, Leni Riefenstahl nicht in seinem Machtbereich zu haben.170 Der Film feierte Hitlers Aufstieg zur Macht und, zwischen den Zeilen, die erfolgreiche Unterdrückung eines angeblich geplanten Putsches von Hitlers langjährigem Kampfkomplizen, dem SA-Führer Ernst Röhm.171 Aufgrund diverser Eigenheiten ist der Film bis heute ein Klassiker geblieben, nicht zuletzt durch die einfallsreiche Weise, mit der Wagner-Themen in die vom begabten Komponisten Herbert Windt komponierte Hintergrundmusik eingearbeitet sind.172 Die amerikanische Medienkritikerin Susan Sontag hielt sich zwar 1975 mit einer Gesamtwürdigung für Riefenstahl zurück, äußerte sich aber zu der brillanten Kameraführung: »In Triumph des Willens ist das Dokument (das Bild) nicht mehr nur einfach die Aufzeichnung der Realität, vielmehr wird ›Realität‹ konstruiert, um dem Bild zu dienen.«173 Auch in ihrem Film über die Olympischen Spiele in Berlin war Riefenstahl innovativ, und Goebbels konnte erkennen, was »Kunst« im Film bedeuten konnte. Gleichwohl blieb Olympia (1938) hinter dem Erfolg des Vorgängers zurück.174

      Der Schlag gegen Röhm entzog weiteren SA-Filmen den Boden und gab Goebbels so die Gelegenheit, sich von reinen Parteiinhalten abzuwenden, um andere Themen zu finden, in denen sich, wenn auch nicht wie bei Riefenstahl, Popularität mit politischer Propaganda und gelungener Ästhetik (in jeweils wechselnder Gewichtung) verbinden ließ. Der in allen drei Bereichen erfolgreichste Film dürfte zweifellos Der Herrscher von 1937, unter der Regie von Veit Harlan und mit Emil Jannings in der Titelrolle, gewesen sein. Allein schon durch Jannings war der Erfolg gesichert. Anlässlich eines kurzzeitigen Engagements in Hollywood hatte er 1928 als erster Schauspieler überhaupt den Oscar erhalten und war 1929, als sein deutscher Akzent mit dem neu entstehenden Tonfilm nicht vereinbar war, nach Deutschland zurückgekehrt, um im Dritten Reich als hellster Stern am Zelluloidhimmel zu strahlen. Der Herrscher beruhte auf Motiven eines Stücks von Gerhart Hauptmann und war ein Lobgesang auf einen Industriemagnaten, der als Witwer seine Familie tyrannisiert, welche nach seinem Tod – oder bei vorheriger Entmündigung – ein Vermögen zu erben hofft. Der Industrielle aber verliebt sich in seine Sekretärin und vermacht seine Fabrik dem Staat.175 Die Parallelen zwischen ihm und Hitler sind augenfällig: Schließlich haben beide, so hat es den Anschein, nur das Wohl der Gemeinschaft im Auge.176 Hatten die für den Film Verantwortlichen hier im vorauseilenden Gehorsam gehandelt? Goebbels jedenfalls bekannte bei der Endabnahme, er bewundere den Film sehr, und fühlte sich erwartbar geschmeichelt, als Hitler das genauso sah.177

      Es gab noch einige weitere Filme mit propagandistischem Inhalt. Der Herrscher beschäftigte sich mit innerdeutschen Verhältnissen, andere Streifen widmeten sich, was ebenso wichtig war, dem äußeren Feind. Bereits 1933 war Flüchtlinge in die Kinos gekommen, der das Elend der Wolgadeutschen in der Sowjetunion dramatisierte. Derartiger Unterdrückung, so wollten die Nazis damit beweisen, sehe sich eine reine ethnische Minderheit – die Deutschen – durch die Sowjetführer ausgesetzt; zudem gab der durch und durch »arische« Hans Albers, wie Jannings im Herrscher, eine charismatische Führungsfigur ab.178 Um die Botschaft in den Köpfen zu verankern, folgte Anfang 1935 der Film Friesennot, der ebenfalls die Wolgadeutschen als Opfer thematisierte. Während des Zweiten Weltkriegs, als zu den Wolgadeutschen neue deutsche Siedler auf der Krim stoßen sollten, wurde dem Film »eine durchgreifende politische und erzieherische Wirkung« bescheinigt.179 1935 hatte Hitler die Wiederbewaffnung verkündet, und 1938 wurde Pour le mérite fertiggestellt, ein Film über desillusionierte Piloten des Ersten Weltkriegs, die nach der Machtergreifung sehnsüchtig die Wiedergeburt der Luftwaffe erwarten, um die deutschen Grenzen verteidigen zu können.180

      Gerade gegen Ende der Friedensperiode kamen einige Filme in die Kinos, bei denen sich Propaganda in einer scheinbar harmlosen Handlung verbarg – eine Kunst, welche die deutschen Filmemacher damals offenbar zu beherrschen gelernt hatten. Dieser Trend fiel mit dem Aufstieg der schwedischen Schauspielerin Zarah Leander zusammen, die der neue Stern am deutschen Filmhimmel wurde, ein Ersatz für Marlene Dietrich, die sich weigerte, aus den USA nach Deutschland zurückzukehren. In einer Zeit zunehmender internationaler Spannungen musste die Unterhaltungsindustrie selbst attraktiven und privilegierten Frauen einen verantwortlichen Platz in der Volksgemeinschaft zuweisen, um ihnen zu bedeuten, dass Emanzipation oder Privatvergnügen à la Weimar der Vergangenheit angehörten. In physischer Hinsicht hatte Zarah Leander, eine Brünette, gewisse Ähnlichkeit mit der erfolgreichen Filmschaffenden Leni Riefenstahl, die seit 1936 allerdings in den Hintergrund rückte.181

      In den neuen Filmen agierten die Frauen zunehmend als Helferinnen des Mannes, als Sexualpartnerinnen einzig mit dem Ziel der Mutterschaft und als Hausfrauen am heimischen Herd – nicht als Berufstätige oder als Gespielinnen. 1937 nahm Zarah Leander in Babelsberg ihre Arbeit auf. In La Habanera, dem ersten von drei Filmen, in denen sie auftrat, spielte sie eine junge Schwedin, die Don Pedro, den Gouverneur von Puerto Rico, heiratet, die Insel aber nach dessen Tod mit ihrem kleinen Sohn und dem schwedischen Liebhaber wieder verlässt. Der Liebhaber, ein Arzt, erinnert sie an ihre Heimat im schneereichen europäischen Norden. Dort gehört sie samt Sohn hin, nicht in die schwüle Karibik.182 Ähnlich geht es zu in Heimat (1938). Hier spielt Zarah Leander eine berühmte Sängerin, die aus den USA in die deutsche Provinz zurückkehrt, um in einer Kirche Bachs Matthäus-Passion zu singen und sich hinterher mit ihrem Vater, einem Oberst a. D., zu versöhnen. Sie hat ein Kind, eine außereheliche Tochter, gezeugt von einem deutschen Vater vor langer Zeit, die nun auch ins Vaterland zurückkehrt. Der Film beschwört zum einen, ganz nach NS-Geschmack, den vermeintlichen »Ruf des Blutes«, zum anderen die Überlegenheit der deutschen Musik – Bach ist zu wertvoll für das kulturlose Amerika.183

      1938 gab es noch zwei weitere Filme, in denen Frauen auf ihren Platz verwiesen wurden. In Die vier Gesellen spielt Ingrid Bergman – ihre einzige Rolle in einem deutschen Film – eine Geschäftsfrau, die gerade noch rechtzeitig erkennt, dass ihre wahre Bestimmung nicht in einem Büro, sondern an der Seite des entschlossenen Mannes zu finden ist, den sie liebt. Kompromisse werden lächerlich gemacht.184 In Die Frau am Scheidewege ergibt sich eine Ärztin in jeder Hinsicht einem männlichen Kollegen als Assistentin und Ehefrau.185 Und in Frau am Steuer werden 1939 die ehelichen Beziehungen dergestalt geradegerückt, dass Mann und Ehefrau erwiesenermaßen nicht miteinander in einem Büro arbeiten können, sondern die Frau in den Haushalt gehört.186 Während des Krieges sollte Hitler die Frauen auch dann noch zu Hause lassen, als Albert Speer und Goebbels es für angeraten hielten, sie in der Rüstungsindustrie zu beschäftigen.

      Der für seine erotischen Eskapaden berüchtigte Propagandaminister war der autokratische Herrscher über die Filmwelt, in der er die Gunst von rollenversessenen Schauspielerinnen auf der »Besetzungscouch« zu erlangen suchte. Im Dezember 1938, als Hitler Goebbels’ Affäre mit der tschechischen Filmschauspielerin Lída Baarová beendet hatte, verglich der ewig neiderfüllte Alfred Rosenberg Goebbels’ Verhalten mit dem von jüdischen Filmmagnaten der Vergangenheit, »die ihre Angestellten sexuell zwangen«.187 Es dürfte ein geringer Trost für den prüden Parteiideologen gewesen sein zu erfahren, dass Goebbels in seiner Funktion als oberster Bühnenwächter sexuell weniger Erfolg beschieden war. Hier wurde konventioneller gearbeitet als am Filmset, und die Darsteller, darunter einige Filmschauspieler, waren teils längst etabliert und daher nicht so leicht zu korrumpieren. Goebbels’ Herrschaft stieß in diesem Bereich ohnehin an Grenzen; Theater, die dem Preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring unterstanden – allen voran das Staatstheater in Berlin –, sowie einige weitere unter Rosenbergs Ägide waren seinem Zugriff entzogen.

      Auch wenn die Theaterbühnen für Goebbels daher weniger interessant waren, mussten auch sie sich den neuen Vorgaben СКАЧАТЬ