Название: Kultur unterm Hakenkreuz
Автор: Michael Kater
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783806242027
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Das Wesen dieser Freikorps erfasste Zöberlein in seinem Roman Der Befehl des Gewissens (1937). Dort geben die Truppen ihrer Enttäuschung darüber Ausdruck, von der republikanischen Regierung nach dem Waffenstillstand vom November 1918, dessen Bestimmungen ihre Illegalität vorsah, verraten worden zu sein. Nun warteten sie auf einen Führer, der diesen Zustand beenden würde. In Dwingers Roman Die letzten Reiter (1935) erklärt Hauptmann Wollmeier seinen Kameraden, warum er sich schon früh der NS-Bewegung angeschlossen hat. Und in Rebellen um Ehre (1939) erläuterte der Autor, Herbert Volck, das Ethos der Freikorps, als die Truppen in Litauen dem »asiatischen Bolschewismus« gegenüberstanden: »Soldaten kann jeder gute Offizier kommandieren, Herzen führen nicht jeder. Wer nur befiehlt, ohne dass seine eigene Todesbereitschaft herauszufühlen ist, für den werden die Freiwilligen bald Verweigerer.«56
Einige Freikorps, wie das von Albert Leo Schlageter geführte, verübten Sabotageakte gegen die Franzosen im besetzten Rheinland.57 Diese Männer und ihre Taten wurden in der nun auftauchenden neonationalistischen Literatur heldenhaft verklärt.58 Weiter geschürt wurden antifranzösische Ressentiments von Romanen, die sich mit der (angeblichen) Vergewaltigung deutscher Frauen durch Angehörige französischer Kolonialtruppen im Rheinland beschäftigten. Die so Beschuldigten wurden als »Neger« beschimpft (tatsächlich handelte es sich um Araber aus dem Maghreb und Indonesier).59
Die Verlierer des Ersten Weltkriegs und die Freikorps richteten ihre ganze Wut gegen die Weimarer Republik, die den Versailler Vertrag und die Besetzung des Rheinlands hingenommen hatte – und die Populärliteratur im Dritten Reich zeugte davon. Die Zustände in der Weimarer Republik wurden auf schrille Weise detailreich karikiert, zuvörderst die »Asphaltkultur«, angeblich ein besonders negatives Merkmal der Weimarer Zeit. Herbert Volck äußerte sich kritisch über »Kaffeehäuser, Bars, Bodegas, für den Abend Tanzdielen, Luxuskabaretts«, des Weiteren über »die neuen Negertänze, die plärrende Jazzmusik, die neue Mode«.60 Zöberlein richtete anklagend den Finger auf »Kellner im schwarzen Frack«, die »frechen Augen geschminkter Halbweltdamen« und die Versorgung der gut Betuchten mit »französischem Sekt«.61 Zu dieser Subkultur zählte man außerdem »entartete« Bücher (und Filme) von so gottverlassenen Liberalen wie Erich Maria Remarque, dessen Roman Im Westen nichts Neues offen pazifistisch war.62 Ernst Wiechert beklagte denn auch die »verschwommene Humanität« der Weimarer Zeit, und Ernst Jünger machte diese Ära verantwortlich für die »optische Täuschung« der Massen durch das allgemeine Wahlrecht.63 Durch »Feindblockade« und Inflation verursachte wirtschaftliche Erschütterungen, durch von den »Novemberverbrechern« heraufbeschworenes Unheil sei die vormals so wohlgeordnete Gesellschaft aus den Fugen geraten, und nun bewege sich ein Heer von Kriegskrüppeln auf den Straßen, während Akademiker, Kriegshelden, Ladenbesitzer und ungelernte Arbeiter ohne Job dastünden.64 Neben den Juden galten die Kommunisten und ihre paramilitärischen Einheiten, die verhassten Rotfrontkämpfer, als Hauptschuldige am Desaster; dennoch wurden viele Mitglieder der Rotfront als potenzielle oder tatsächliche Überläufer zum Nationalsozialismus beschrieben.65
Die in diesen Romanen gegen Weimar gerichteten Ressentiments lösten antidemokratische Stimmungen aus und fanden ihren Höhepunkt im schließlich durch Hitler verkörperten Autoritarismus. In Ernst Wiecherts Roman Das einfache Leben (1939) zieht sich Thomas von Orla, ehemals Kapitän der kaiserlichen Marine, aus der Großstadt in einen einsamen Winkel Ostpreußens zurück. Als einzige Autorität akzeptiert er einen General im Ruhestand, der sich so knapp ausdrückt wie Friedrich der Große. Orla selbst wiederum ist die Autorität für Bildermann, einen ehemaligen Matrosen, der ihm, ohne zu fragen, in die Einsamkeit gefolgt ist, als wäre der Erste Weltkrieg noch nicht vorbei.66 Ernst Jünger geht in seinem Essay Die totale Mobilmachung (1934) davon aus, dass infolge einer den Individuen auferlegten »unbarmherzigen Disziplin« eine totale Mobilmachung der Massen möglich sei, die nicht durch die Demokratie, sondern die Erfordernisse autoritärer Herrschaft bestimmt wird.67 In seinem Roman Der Großtyrann und das Gericht (1935) zeichnet Werner Bergengruen das Bild eines allmächtigen Herrschers zur Zeit der Renaissance, der in seinem Garten einen Mönch tötet, um dann die Suche nach dem Mörder anzuordnen. Mit Psychoterror bringt er seine Untertanen dazu, schon bald in jedem Nachbarn den Mörder zu sehen. Nach und nach verklärt der Autor den Großtyrannen, einen Herrscher, der durch reinen Befehl regiert, als käme es ihm natürlicherweise zu, der Gesetze schafft ohne Begründung, der die Infrastruktur seines Herrschaftsgebiets nach Belieben verändert. Er liebt es, Riesenbauten zu errichten, ganz wie Hitler. Am Ende erklärt der Tyrann vor einem von ihm selbst zusammengerufenen Gericht, dass »die Tötung des Fra Agostino … außerhalb der Gerichtsbarkeit« stehe – eine zeitnahe Verteidigung der Vorgänge um den »Röhm-Putsch«, der gerade vermeintlich niedergeschlagen worden war. Bergengruens abschließende Interpretation des Herrschers taugte zur Erklärung historischer Tyrannen, las sich aber keineswegs zufällig auch wie eine Rechtfertigung Hitlers. Vom Großtyrannen heißt es, »dass er zu handeln hat einzig nach den Grundsätzen seiner Wesenheit, nicht aber nach Richtmaßen, die außerhalb seiner entstanden sind«.68 Rosenbergs Völkischer Beobachter feierte das Buch als »Führerroman der Renaissancezeit«.69
Das war die post-industrielle Literatur. Die vorindustriell orientierte Prosa und Poesie beschäftigte sich mit der »rassischen« Abkunft der Deutschen im Wege der »Ahnenpflege«. Es ging darum, die Wurzeln der deutschen Bevölkerung möglichst weit zurückzuverfolgen, um glaubhaft behaupten zu können, es führe eine ununterbrochene Linie von den frühen Germanen und ihrer Kultur zum jetzigen Volk. Da solch eine Linie aufgrund der Vermischung der Germanen mit anderen Ethnien und der Schwierigkeit, die frühe Stammesgeschichte angemessen zu rekonstruieren, bestenfalls lückenhaft war, enthielten »historische« Romane üblicherweise mehr fiktive Elemente, als wissenschaftlich vertretbar war. Die »Ahnenpflege« war tatsächlich nur unkritische Ahnenverehrung, die den altgermanischen Stämmen Eigenschaften zuschrieb, welche sie in Wahrheit nie besessen hatten, die jedoch der nationalsozialistischen Weltanschauung zupass kamen. An die Stelle von Tatsachen trat die Fiktion.70
Ein beliebtes Genre in diesem Bereich waren Romane um die Sagenwelt der Wikinger, wie Werner Jansen, Will Vesper und Hans Friedrich Blunck sie schrieben. Der Arzt und SS-Standartenführer Jansen war ein rabiater Antisemit; sein Roman Die Insel Heldentum (1936) schilderte Stammesfehden von äußerster Brutalität und handelte vom Niedergang der Wikinger auf Island. Mochten sie auch töricht und tollkühn sein, gehorchten sie doch den Gesetzen ihres Blutes und wussten, dass »der Einzelne nichts, die Sippe alles« galt.71 Für den NS-Literaturkritiker Norbert Langer reflektierte der Roman Gesetze des Denkens und Fühlens.72 Walter Best erklärte ihn in Das Schwarze Korps zur Pflichtlektüre für jeden SS-Mann, weil Jansen zeigen könne, dass »der geschichtliche Ablauf unserer Vergangenheit nur dann einen Sinn auch in Tod und Untergang hat, wenn die Erben dieser Geschichte die Lehren daraus zu ziehen vermögen«.73 Will Vespers Helden waren Isländer, Islandreisende oder Menschen, die mit germanischen Göttern in Kontakt kamen.74 Hans Friedrich Blunck, 1933 Nachfolger Heinrich Manns als Vorsitzender der Sektion für Dichtung in der Preußischen Akademie der Künste, schilderte im Roman König Geiserich (1936) die idealen Eigenschaften früher germanischer Führer. König Geiserich, eine historische Figur (389–477), war bei Blunck mit selbstloser Liebe zu seinem Volk, staatsmännischer Weisheit sowie moralischer und physischer Stärke ausgestattet. Geiserich führte die Vandalen durch Spanien nach Nordafrika, um dann bei Karthago zu regieren. Nebenbei unternahm er Feldzüge, die u. a. zur Plünderung Roms führten. Er blieb die ganze Zeit unverheiratet, um seinem Volk besser dienen zu können – ein unübersehbares Kompliment an Hitler.75
Solche Phantasien über Blut und Sippe konnten auch zu einer anderen Zeit spielen und sich zum Beispiel mit germanischen Bräuchen im Früh-oder Hochmittelalter beschäftigen. Josefa Berens-Totenohls Roman Der Femhof spielt um 1350 im Westfälischen. СКАЧАТЬ