Fettnäpfchenführer Japan. Kerstin und Andreas Fels
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Название: Fettnäpfchenführer Japan

Автор: Kerstin und Andreas Fels

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги о Путешествиях

Серия: Fettnäpfchenführer

isbn: 9783958892279

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СКАЧАТЬ nicht, denn Herrn Uchidas Englisch scheint unter dem Sake-Konsum erheblich zu leiden. Neben der Katze an der Wand hängen lauter längliche Zettel mit japanischen kanji. Was das wohl sein mag? Gute Wünsche? Gebete? Gedichte? Wenn Hannah das sehen könnte ... Leider ist der Zweck in Wirklichkeit viel profaner. Auf den Zetteln sind bloß die Snacks und Getränke samt Preisen aufgelistet.

      Inzwischen hat Herr Uchida den Kopf auf den Tresen gelegt und scheint zu schlafen. Herr Hoffmann leert seinen Sake in einem Zug und greift zu der Halbliterflasche aus Porzellan, um sich nachzuschenken.

       MANEKI NEKO – WINKEKATZE

      Zumindest einem hat die winkende Katze tatsächlich einmal Glück gebracht. Einst sah ein Samurai vor einem Tempel eine Katze mit erhobener Pfote. Als er näher kam, um sich das Tier genauer anzusehen, schlug ein Blitz genau dort ein, wo er gerade noch gestanden hatte. Vor lauter Dankbarkeit wurde er der Patron des Tempels, dem die Katze damit also Wohlstand gebracht hatte. Eine klassische Win-win-Situation.

       Was ist diesmal schiefgelaufen?

      Jetzt ist es doch passiert! Dabei hatte Herr Hoffmann anfangs alles richtig gemacht. Der Aufforderung, nach der Arbeit noch mit Kollegen gemeinsam etwas trinken zu gehen, ist er zum Glück sofort nachgekommen. Alles andere wäre auch ein grober Fehler gewesen. Nicht umsonst wird in Japan für Vergnügen mit Kollegen mehr Geld ausgegeben als für die nationale Verteidigung. Für den Business-Alltag sind diese feierabendlichen Aktivitäten beinahe so wichtig wie die Arbeit selbst. Einer Studie zufolge kehren 97 Prozent aller besser verdienenden Angestellten nach der Arbeit nicht direkt heim zu ihren Familien, sondern verbringen noch Zeit mit den Leuten, die sie ohnehin schon den ganzen Tag um sich hatten – ihren Kollegen.

      Nur, warum? Sind die Kollegen in Japan so viel witziger als hierzulande? Oder sind die japanischen Ehefrauen so anstrengend, dass es sich eher lohnt, den letzten Zug nach Hause zu verpassen (kaum jemand wohnt in Tôkyô in der Nähe seines Arbeitsplatzes) und stattdessen die Nacht betrunken in einem Kapselhotel zu verbringen? Weder noch ... Es ist einfach die einzige Möglichkeit, die Kollegen einmal richtig kennenzulernen – und auch selber aus sich herauszugehen. Während am Arbeitsplatz selbst kein schlechtes Wort über Kollegen oder die Arbeit selbst fällt, kann man sich beim gemeinsamen Zechen ruhig gehen lassen. Lautes Rufen, Singen oder dem Vorgesetzten einmal so richtig die Meinung sagen – all dies sind völlig akzeptierte Verhaltensweisen unter Alkoholeinfluss. Endlich weiß man, was die Kollegen wirklich denken. Das sorgt nicht nur für die eine oder andere Überraschung, sondern schafft vor allem Vertrauen.

      Grenzt sich also ein von seinen Geschäftspartnern eingeladener Ausländer mit einer lahmen Ausrede wie ›zu müde‹ oder noch schlimmer ›ich trinke nicht‹ (ALLE Ausländer, und ganz besonders die Deutschen, trinken schließlich) ab, kann das eigentlich nur eines bedeuten: Der Kerl hat was zu verbergen oder – noch schlimmer – will nicht zum Team gehören! Gut also, dass Herr Hoffmann nicht lange überlegt und gleich zugestimmt hat.

      Aber was ist dann schiefgelaufen? Leider hat es unser Flensburger mit dem Sake ein wenig zu eilig gehabt und sich einfach selber nachgeschenkt ...

       Was können Sie besser machen?

      Sie wissen es natürlich besser als Herr Hoffmann und lassen Ihren Sake-Becher unangetastet – außer um daraus zu trinken, natürlich. Sie werden sehen, die anderen Anwesenden werden Ihnen zuvorkommend immer wieder nachschenken. Zumindest wenn es sich um Japaner und nicht um Ihre Reisegruppe aus dem Südschwarzwald handelt.

      Daraufhin heben Sie ihr Glas mit beiden Händen und prosten dem Einschenkenden vor dem Trinken zu. Widerstehen Sie dem Drang, sich über die Temperatur des Sake zu echauffieren – Reiswein kann durchaus, je nach Jahreszeit und dazu gereichtem Essen, badewassertaugliche 45–50 °C warm (atsukan) oder kalt (hiyazake) getrunken werden. Ansonsten handelt es sich bei diesem neben dem grünen Tee traditionellsten japanischen Getränk entgegen seiner deutschen Bezeichnung nicht um einen Wein, sondern um das Produkt aus vergorenem Reis und Wasser. Wie Wein ist auch Sake lieblich (amakuchi) bis trocken (karakuchi) und in den dazwischen liegenden Abstufungen erhältlich.

      Falls Sie Sake verschenken oder sich als Kenner aufspielen möchten: Ein objektives Bewertungsmerkmal bieten Siegel auf den Flaschen. Ein goldener Rand kennzeichnet einen 100-prozentigen Reisgehalt, ein silberner den Zusatz von Alkohol. Falls Sie wirklich tief einsteigen und sich zum wahren Sake-Kenner mausern möchten, haben Sie einiges vor. Es gibt rund 10.000 verschiedene Sake-Sorten in Japan.

      Aber genug Theorie – wenden wir uns wieder dem Trinken zu. Natürlich dürfen und sollen Sie nachschenken. Nur eben nicht sich selbst. Schenken Sie stattdessen Ihren Kollegen oder Geschäftspartnern nach, wenn diese ihr Glas ausgetrunken haben. Nehmen Sie dazu die Flasche mit beiden Händen und halten dabei das Etikett nach oben. Und natürlich lächeln Sie dabei. Besonders von Frauen wird in Japan häufig erwartet, dass sie den anderen nachschenken. Möglicherweise ist dies noch ein Relikt aus alten Zeiten, in denen die Geisha den Gast mit der Vorführung von Tänzen oder Musikstücken und geistreicher Konversation unterhielt – und dabei natürlich auch zuvorkommend nachschenkte. Sie selbst aß und trank den ganzen Abend nichts. Geisha-Häuser gibt es zwar noch immer, für ein normales Treffen nach der Arbeit sind sie aber zu teuer. Ein Abend kostet dort immerhin mehrere hundert Dollar pro Person. Da kann es schon eher passieren, dass die Gruppe zu fortgeschrittener Stunde in einem sogenannten »Gentlemen’s Club« landet. Falls Frauen mit von der Partie waren, haben diese sich zu diesem Zeitpunkt vermutlich ohnehin schon verabschiedet.

      Apropos Frauen: Auch wenn Herr Hoffmann seiner Frau Hannah gerne die japanische Kneipe gezeigt hätte, wäre es doch unangebracht gewesen, wenn er sie mitgebracht hätte. Selbst wenn Sie gemeinsam mit Ihrer Ehefrau geschäftlich eingeladen werden, gehen Sie auf Nummer sicher, wenn sich Ihre Frau unter dem Vorwand, sie habe etwas anderes vor, entschuldigt.

      Aber warum war eigentlich Herr Uchida, der Übersetzer, so betrunken? Er hatte keine andere Wahl. Wann immer Herr Hashimoto, sein Chef, ihm eingeschenkt hatte, musste er aus Höflichkeit das Glas in einem Zug leeren. Da hat es Herr Morita klüger gemacht. Er hat sein Glas einfach halb voll gelassen – das Zeichen, dass man genug getrunken hat und nichts mehr nachgeschenkt bekommen möchte.

      6

       HERR HOFFMANN GIBT TRINKGELD

       VIER ERDBEBEN PRO TAG

      »So ein Tag, so wunderschön wie heute ...« Leise vor sich hin pfeifend lässt sich Herr Hoffmann behaglich in die Badewanne gleiten. Sie ist viel kürzer als er es aus Deutschland gewohnt ist, dafür um einiges tiefer. Als Herr Hoffmann drin sitzt, schaut nur noch sein Kopf aus dem warmen Wasser hervor. Die Beine kann er dafür nicht einmal annähernd ausstrecken – na gut, dann wird halt im Sitzen gebadet. Viel ärgerlicher ist dagegen, dass er in seinem Hotelbadezimmer weit und breit keinen Badezusatz gefunden hat. (Warum das so ist, erfahren Sie im nachfolgenden Kapitel ›Herr Hoffmann geht baden‹.) Stattdessen musste er mühsam die Flüssigseife aus dem Seifenspender in seiner Handfläche in das einlaufende Badewasser transportieren. Herr Hoffmann lässt sich ein wenig weiter in das Wasser hineinrutschen und macht blubbernde Geräusche mit dem Mund. Aaaah ... entspannend ...

      Auf einmal taucht Godzilla auf, reißt das gesamte Hotel aus seiner Verankerung, hebt es hoch und lässt es wieder fallen. Zumindest fühlt es sich so an. Badewasser schwappt aus der Wanne, aus dem Nebenraum ertönt ein dumpfer Knall. Ein Erdbeben! Ist das nun etwa die Fortsetzung des schlimmen Bebens aus dem März 2011? Erst gestern hatte er beim Rumzappen СКАЧАТЬ