Fettnäpfchenführer Japan. Kerstin und Andreas Fels
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Название: Fettnäpfchenführer Japan

Автор: Kerstin und Andreas Fels

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги о Путешествиях

Серия: Fettnäpfchenführer

isbn: 9783958892279

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СКАЧАТЬ und schwimmt von da an unmotiviert und nicht gerade ansehnlich in Ihrem Soßen-Schälchen herum. Stäbchen-Anfänger wie Herr Hoffmann kann diese Aufgabe vor Probleme stellen, aber keine Sorge: Sie können die nigiri auch problemlos mit den Fingern essen, ohne Sorge zu haben, dafür vom Küchenchef geköpft zu werden.

       Gunkanmaki

      Manche Zutaten, wie Fischrogen oder Austern, würden einfach wie ein nasser Sack von den nigiri rutschen. Daher bekommen sie zusätzlich eine Stütze durch ein gerolltes nori-Blatt, das den Belag an Ort und Stelle hält. Vom Aussehen her werden gunkanmaki gern mit kleinen Schiffchen verglichen.

       Temaki

      Auch hier werden die maki-Grundzutaten (Reis, nori, Belag) verarbeitet, nur dass das nori-Blatt in Form einer kleinen Eistüte gerollt wird. In der Tüte befindet sich der Reis, der Belag schaut oben heraus. Versuchen Sie lieber erst gar nicht, die circa zehn Zentimeter langen temaki mit Stäbchen zu essen. Auch Japaner nehmen dazu die Finger.

       Chirashi

      Diese Form des ›gestreuten Sushi‹ ist hier bei uns nicht so verbreitet – und sieht für das westliche Auge auch nicht nach Sushi aus. Hierbei werden alle Zutaten direkt mit dem Reis vermischt und in einer Schale zum Essen angerichtet.

      Neben diesen fünf Grundformen gibt es natürlich Hunderte verschiedener Beläge, die eine riesige Vielfalt an verschiedenen Sushi zulassen, Sie können sich also eine Weile lang durchtesten, bevor Sie sich wiederholen.

      4

       HERR HOFFMANN STELLT SICH VOR

       VISITENKARTEN-TERROR

      Herr Hoffmann hat ein gutes Gefühl! Diesmal wird nichts schiefgehen. Er ist blendend vorbereitet. Ein Blick auf die Armbanduhr zeigt zehn vor neun. Er wird genau um Punkt neun auf dem Kongress ankommen. Keine Sekunde zu spät natürlich, aber auch keine zu früh. Dann wird er vor seinem Vortrag etwa eine halbe Stunde Zeit haben, die japanischen Kollegen kennenzulernen, die diese Vortragsreihe organisieren und die ihn nach Japan eingeladen haben. Siegesgewiss klopft Herr Hoffmann auf seine Aktentasche, in der seine Unterlagen sicher verstaut sind. Diesmal wird sich niemand über sein nicht immer völlig akzentfreies Englisch lustig machen wie damals in Kalifornien. Diese Japaner sind doch sehr viel höflichere Leute als die vorlauten Amerikaner. Und das Beste: die meisten sprechen schlechter Englisch als Herr Hoffmann.

      Eine Gruppe von vier Schulmädchen kommt ihm entgegen. Alle tragen weiße Matrosenblusen und dunkelblaue Röckchen, sehr adrett. Manchmal wünschte er sich, seine Tochter Tina würde öfter mal so ordentlich ... Hoppla, jetzt sehen ihn alle vier an und kichern. Hoffentlich hat er sie nicht zu lange angestarrt. Demonstrativ wirft Herr Hoffmann einen geschäftigen Blick auf seine Armbanduhr – und rammt dabei beinahe zwei uniformierte Herren mit orange-leuchtender Schärpe und blütenweißen Handschuhen. Sie stehen vor einem Stück Straße, gerade mal zwei Quadratmeter groß, das ohne einen ersichtlichen Grund abgesperrt ist und winken die vorbeiströmenden Menschen sicher um das Hindernis herum. Dieser für den Deutschen völlig sinnlos wirkenden Beschäftigung gehen sie mit einer Ernsthaftigkeit nach, als handele es sich dabei um eine komplizierte Bypass-Operation. Herr Hoffmann meistert diese letzte Hürde souverän und betritt das Kongresszentrum genau 24 Sekunden vor neun. Perfekt.

      Eine Gruppe in Anzüge gehüllter Herren erwartet ihn. Mindestens zwei davon gehören laut Plan zu den Veranstaltern und sein Übersetzer für den Vortrag sollte auch dabei sein. Aber wer ist wer? Ein kleiner Mann mit dicken Brillengläsern zieht geräuschvoll die Nase hoch. Herr Hoffmann hofft inständig, dass nicht ausgerechnet dieser Typ sein Übersetzer sein wird. Alle tragen graue Anzüge, weiße Hemden und mehr oder weniger graue Krawatten. Oh je, wie soll er die nur alle auseinanderhalten?

      Aber jetzt kommt erst mal das Wichtigste. Herr Hoffmann ist – wie gesagt – vorbereitet. Er weiß, wie wichtig das Ritual der Visitenkartenübergabe für den geschäftlichen Erfolg in Japan ist und er weiß auch, dass er als Besucher nun in der Pflicht ist, seine Karte als Erster zu überreichen. Lächelnd zückt Herr Hoffmann ein kleines, silbernes Visitenkarten-Etui aus seiner Aktentasche. Ja, Lächeln geht immer. Besonders in Japan. In einem Reiseführer hat Herr Hoffmann gelesen, dass Japanern Gemütsregungen wie Überraschung oder Ärger den Japanern in der Öffentlichkeit ein wenig peinlich, weshalb sie diese hinter einem Lächeln verstecken. Auch eine trauernde Witwe lächelt in der Öffentlichkeit, denn Trauer ist Privatsache und nicht für fremde Augen bestimmt. Kann gut sein. Zumindest hat er in Japan mehr lächelnde als traurige, wütende Menschen oder beschämte Menschen gesehen. Bis jetzt.

      Das Etui hatte Herr Hoffmann sich gegen Hannahs Protest ›35 Euro? Tut’s nicht auch ein einfaches Gummiband?‹ noch in Deutschland gekauft. Eine gute Investition, wie sich jetzt zeigt, denn auch die anderen beginnen nun, spezielle Etuis hervorzuziehen. Ein kleiner Mann mit gestreifter Krawatte hat sogar einen ganzen Ordner für seine Visitenkarten dabei. Stolz, dass er diesmal richtig vorbereitet ist, verteilt Herr Hoffmann seine extra für die Reise doppelseitig bedruckten Visitenkarten: eine Seite mit deutscher Beschriftung, eine mit japanischer Beschriftung. Zum Test hatte er Frau Watanabe am Vorabend die japanische Seite vorlesen lassen. Sein Name lautet dort anscheinend Hofuman. Nun ja. Ähnlich genug.

      Da Herr Hoffmann sich nicht sicher ist, wer im Raum der Ranghöchste ist, fängt er einfach bei dem Typ mit der gestreiften Krawatte an. Der hat schließlich den dicksten Ordner, das wird schon was heißen.

      Reihum verteilt er also seine Karten und bekommt dafür von jedem der Anwesenden ebenfalls eine Karte gereicht. Manche sind auf der Rückseite englisch beschriftet, andere dagegen nur japanisch. Zügig bildet Herr Hoffmann aus den Karten einen dicken Stapel und verstaut diesen sorgfältig in seinem Etui. Niemals in die Hosentasche stecken! Das hatte ihm Kollege Klöppke, der schon mal in Japan war, noch in Flensburg eingeschärft.

       Was ist diesmal schiefgelaufen?

      Herr Klöppke hatte Recht. Die angebotenen meishi (Visitenkarten) achtlos in die Tasche oder ins Portemonnaie zu stecken, gehört in Japan nicht zum guten Ton.

      Aber das ist nicht die einzige Regel, die bei den Ritualen der Visitenkartenübergabe beachtet werden sollte. Denn es handelt sich keineswegs nur um eine kleine Pappkarte, die Kontaktdaten einer Person trägt. Nein, die Visitenkarte repräsentiert die Person. Ebenso wie manchem Deutschen das Auto als Teil der Persönlichkeit gilt, dem Teil, der samstags liebevoll in der Waschanlage gesaugt und mit einem weichen Lappen gewienert wird, dem sogar die Felgen mit einer Zahnbürste gereinigt werden ... Na ja, so oder so ähnlich identifizieren sich Japaner eben mit ihren Visitenkarten. Kein Wunder, dass sie überall und ständig ausgetauscht werden. Sogar für nicht berufstätige Hausfrauen ist es eine Selbstverständlichkeit, Visitenkarten zum Austausch bereitzuhalten. Nach einer Geschäftsreise muss man daher damit rechnen, mit einem dicken Berg Visitenkarten heimzukehren. Und ebenso sollte man selber genügend dabeihaben.

      Herr Morita, das ist der mit der gestreiften Krawatte und dem speziellen Ordner nur für Visitenkarten, ist keine Seltenheit. Sorgfältig hat er Herrn Hoffmanns Karte entgegengenommen, sie lange und aufmerksam studiert und erst dann in seinen gut gefüllten Ordner einsortiert.

      Und genau das war der Fehler. Herr Hoffmann hat die Karten einfach zu schnell weggesteckt. Wenn sich jemand so wenig für die Karten interessiert – wie viel Interesse kann er da schon für seine Geschäftspartner haben?

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