Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
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Название: Der Dreißigjährige Krieg

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962818555

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СКАЧАТЬ Kep­le­rin un­heil­bar ver­zau­bert sei und dass sei­ner Mei­nung nach die alte Hexe ge­zwun­gen wer­den müs­se, die Kran­ke wie­der ge­sund zu ma­chen. Prinz Achil­les zeig­te sich be­gie­rig, mehr von dem He­xen­we­sen zu ver­neh­men, wo­mit ihn denn der Vogt und der Bar­bier gut be­die­nen konn­ten. Er ver­mes­se sich, sag­te der Vogt, eine Hexe bloß am Ge­sicht zu er­ken­nen, er habe schon vie­le pro­zes­siert, er ken­ne jetzt ihre Sch­li­che, und es kön­ne ihm kei­ne ent­schlüp­fen.

      Ob man sich denn da­bei nicht den Teu­fel auf den Hals zie­he, frag­te Prinz Achil­les, als den Buh­len der Weibs­bil­der?

      Ach, rief der Bar­bier ki­chernd, man müs­se den Teu­fel nur nicht fürch­ten, so kön­ne er ei­nem auch nichts an­ha­ben. Auch glau­be er gar nicht, dass dem Teu­fel viel an den al­ten Vet­teln ge­le­gen sei, de­ren es ja mehr als ge­nug gebe. Ein­mal, er­zähl­te er, sei er in den Turm zu ei­nem He­xen­ver­hö­re ge­ru­fen wor­den, weil der Hen­ker bei ei­ner Be­klag­ten das Teu­fel­s­ab­zei­chen, wel­ches man Stig­ma nen­ne, ent­deckt habe, sie hin­ge­gen es für eine Nar­be habe er­klä­ren wol­len, die nach ei­nem von ihm, dem Bar­bier, weg­ge­schnit­te­nen Wärz­lein zu­rück­ge­blie­ben sei. Dort habe die Frau split­ter­nackt aus­ge­zo­gen auf ei­nem Stuhl ge­ses­sen, laut heu­lend, wäh­rend meh­re­re Rich­ter sie ge­hal­ten und an der Nar­be oder dem Teu­fels­zei­chen, das an ih­rer Brust ge­ses­sen sei, her­um­ge­drückt hät­ten. Er hät­te es denn auch in Au­gen­schein neh­men müs­sen, hät­te sich auch wohl des Wärz­leins er­in­nert, aber als ein vor­sich­ti­ger Mann nichts da­von ge­sagt, son­dern ge­fragt, ob denn der Hen­ker schon die Pro­be ge­macht habe? Denn er wis­se wohl, dass, wenn mit ei­ner Na­del in den Fle­cken hin­ein­ge­sto­chen wer­de und kein Blut da­nach kom­me, dies ein hin­läng­li­cher und voll­gül­ti­ger Be­weis für die Teu­fels­buhl­schaft sei. Da­rauf habe der Hen­ker ge­lacht und ge­sagt, frei­lich habe er das schon ge­tan, die Her­ren lie­ßen sich eben von der Erz­schel­min am Nar­ren­seil füh­ren, wor­auf er gleich noch ein­mal mit ei­ner lan­gen, spit­zen Na­del in das Mal hin­ein­ge­fah­ren sei. Er habe denn auch des Heu­lens und Schwö­rens der Per­son un­ge­ach­tet ge­sagt, er wis­se nichts von ei­nem Wärz­lein, ken­ne sie auch nicht, wor­auf sie ge­hö­rig ge­fol­tert und zu Asche ver­brannt wor­den sei.

      Prinz Achil­les, der schon ein we­nig an­ge­trun­ken war, hör­te be­gie­rig mit ro­tem Kopf und glän­zen­den Au­gen zu. Und split­ter­nackt sei sie ge­we­sen? frag­te er; ob sie denn wäh­rend des Fol­terns auch split­ter­nackt aus­ge­zo­gen wä­ren? Der Vogt und der Bar­bier bo­gen sich vor La­chen; frei­lich, sag­ten sie, ob man etwa Wei­ber, die sich nicht schäm­ten, mit dem Teu­fel zu buh­len, wie Klos­ter­jung­fern be­han­deln sol­le? Das hät­te er nicht ge­wusst, rief der Prinz, er möch­te für sein Le­ben gern ein­mal da­bei sein, und es wäre et­was gar Schö­nes und Ver­dienst­li­ches, den Teu­fels­dir­nen einen Denk­zet­tel zu ge­ben. Ja frei­lich, brüll­te der Vogt, einen feu­ri­gen, mit dem sie zur Höl­le füh­ren, und so sol­le man es der Kep­le­rin auch ma­chen, wenn sie den gu­ten from­men Leu­ten et­was an­hän­ge. Ja, wenn sei­ner Schwes­ter zu ih­rem Rech­te ver­hol­fen wür­de, sag­te Bar­bier Kräut­lein, wol­le er sich dank­bar er­wei­sen; wor­auf der Prinz und der Vogt ihn ver­trös­te­ten, die Sa­che sol­le be­trie­ben wer­den, es müs­se selt­sam zu­ge­hen, wenn man ei­nem al­ten Wei­be nicht Meis­ter wür­de.

      Die­ser Verab­re­dung ge­mäß be­ga­ben sich Bar­bier Kräut­lein und Vogt Ein­horn zu Frau Kep­ler, hiel­ten ihr vor, was sie be­gan­gen ha­ben soll­te, und ga­ben ihr un­ter Dro­hun­gen an­heim, den Zau­ber, durch den sie die Rein­bold krank ge­macht hät­te, wie­der auf­zu­he­ben. Die Kep­le­rin ver­tei­dig­te sich tap­fer, sie habe die Rein­bold nicht ver­zau­bert, ver­ste­he sich auch gar nicht dar­auf; nach ih­rer An­sicht habe die Frau in frü­he­rer Zeit ein­mal heim­lich mit ei­nem Man­ne zu tun ge­habt und die Frucht ab­zu­trei­ben ver­sucht, wor­aus der Glie­der­scha­den ent­stan­den sein möge. Hier­durch er­bit­ter­te sie ihre Fein­de noch mehr, was sie aber nicht an­focht; viel­mehr be­wog sie ih­ren Sohn, den Zinn­gie­ßer, und ih­ren Schwie­ger­sohn, den Pfar­rer Bin­der, eine Be­lei­di­gungs­kla­ge für sie ein­zu­rei­chen we­gen des schimpf­li­chen, ihr zu­ge­mu­te­ten Ver­dach­tes.

      Der Pro­zess nahm sei­nen An­fang, ver­lief aber nicht so, wie die ih­rer Un­schuld sich be­wuss­te Frau Kep­ler für selbst­ver­ständ­lich an­ge­nom­men hat­te; denn die be­klag­te Par­tei such­te durch Zeu­gen den Be­weis zu er­brin­gen, dass sie in der Tat mit He­xen­werk um­ge­he, wo­durch eine Men­ge Weit­läu­fig­kei­ten und neue Ge­fah­ren ent­stan­den. Da kam ein Schus­ter, der Jah­re hin­durch fast täg­lich ein Stünd­chen bei ihr ver­plau­dert hat­te, und be­haup­te­te, sie habe ihm in ei­nem Gla­se Wein et­was Zau­be­ri­sches bei­ge­bracht, wo­durch er bett­lä­ge­rig ge­wor­den sei; fer­ner der To­ten­grä­ber, der an­gab, sie habe ihn vor Jah­ren ge­be­ten, ihr den Schä­del ih­res ver­stor­be­nen Man­nes zu ver­schaf­fen, sei aber auf sei­ne gut­ge­mein­te War­nung da­von ab­ge­stan­den. Dies leug­ne­te sie nicht, son­dern er­klär­te, sie habe im Sin­ne ge­habt, ih­rem Soh­ne Jo­han­nes einen Trink­be­cher dar­aus ma­chen zu las­sen, da­mit er sich nach al­tem Glau­ben Kraft und Se­gen dar­aus trin­ke. Auch gab sie frei­mü­tig zu, kran­ke Kin­der, zu de­nen man sie ge­führt habe, mit al­ler­lei Ver­sen be­spro­chen zu ha­ben, wie das von al­ters ge­bräuch­lich sei und wo­von man im­mer gute Wir­kung ver­spürt habe. Sie füg­te vor­wurfs­voll hin­zu, es kom­me ihr un­mensch­lich vor, dass die El­tern, die sie frü­her um ihre Hil­fe­leis­tung ge­be­ten und ihr da­für ge­dankt hät­ten, sie jetzt der­sel­ben als ei­ner ab­scheu­li­chen Mis­se­tat zei­hen woll­ten.

      Die Kin­der der Frau Kep­ler ge­rie­ten über die­se Wen­dung des Pro­zes­ses in Auf­re­gung und Sor­ge, und ih­rer Toch­ter schi­en es am bes­ten, dem Bru­der Jo­han­nes in Linz da­von zu be­rich­ten, der als ein ge­lehr­ter Mann und Astro­nom des Kai­sers klug und mäch­tig ge­nug sein wer­de, um ih­rer Mut­ter aus der Be­dräng­nis zu hel­fen. Die­ser riet, die Mut­ter sol­le un­ver­züg­lich zu ihm nach Linz kom­men, da­mit wer­de der wi­der­wär­ti­gen Sa­che am schnells­ten ein Ende ge­macht. Die­sem Vor­schlag stimm­ten die Kin­der leb­haft zu, hal­fen ihr, ei­ni­ge Hab­se­lig­kei­ten zu­sam­men­zu­pa­cken, und die Abrei­se ging zur Er­leich­te­rung al­ler von­stat­ten. Un­ter­wegs aber, al­lein ih­ren Ge­dan­ken über­las­sen, stell­te sie sich vor, wie da­heim nun alle den­ken und sa­gen wür­den, dass sie au­gen­schein­lich eine Hexe sei, sonst wür­de sie nicht die Flucht er­grif­fen ha­ben; wie sie ihr Le­ben lang für eine Hexe wür­de gel­ten müs­sen und mit was für Au­gen ihr Sohn Jo­han­nes sie an­se­hen wür­de. Sie schalt sich tö­richt, dass sie ih­ren Kin­dern nach­ge­ge­ben hat­te: nichts Bö­ses oder Teuf­li­sches konn­te man ihr nach­wei­sen, viel­mehr wür­de sie ih­ren heim­tücki­schen Ver­leum­dern ob­sie­gen, so­dass sich ihre Schan­de bloß vor al­ler Au­gen zei­gen wür­de. Als sie un­ter sol­chen Ge­dan­ken in Ulm an­ge­kom­men war, kehr­te sie, ohne sich die be­rühm­te Stadt an­zu­se­hen, so­fort wie­der um nach Hau­se, nicht nur zum Schre­cken der Kin­der, son­dern fast auch ih­rer Geg­ner, die be­reits un­si­cher ge­wor­den wa­ren, ob sie nicht am Ende selbst in die ge­fähr­li­che Gru­be stür­zen möch­ten. Da die Beu­te ih­nen aber nun wie­der er­reich­bar war und sie zu­rück nicht mehr konn­ten oder woll­ten, such­ten sie im Stil­len nach neu­en Zeu­gen und Be­wei­sen, um dann ih­rer­seits mit ei­ner An­kla­ge auf СКАЧАТЬ