Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Dreißigjährige Krieg - Ricarda Huch страница 65

Название: Der Dreißigjährige Krieg

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962818555

isbn:

СКАЧАТЬ sei sinn­los, man müs­se ge­rüs­tet sein, wenn es auf einen Krieg aus­lau­fen soll­te.

      Das sei ge­wiss, sag­te Thurn, dass der Zeit­punkt bei der Wahl Fer­di­n­ands ge­eig­ne­ter ge­we­sen wäre. Es sei doch ein an­de­res, wenn man sich im Rech­te wis­se. Jetzt hät­te man ge­wis­ser­ma­ßen zu­ge­ge­ben, dass Böh­men ein habs­bur­gi­sches Er­b­land sei.

      Was? rief Kins­ky, wo­durch sie das zu­ge­ge­ben hät­ten? Sie hät­ten Fer­di­nand aus Recht und Frei­heit, nicht pflicht­schul­dig ge­wählt. Üb­ri­gens wür­de ge­schrie­be­nes Recht doch nicht ge­ach­tet, die Faust gäbe den Aus­schlag. Ver­trä­ge wä­ren nichts an­de­res als der Schafs­pelz wöl­fi­scher Fürs­ten, tö­richt, wer sich da­durch blen­den lie­ße. Und ob sie etwa da­mals kriegs­ge­rüs­tet ge­we­sen wä­ren? Wer es ehr­lich mei­ne, ver­schan­ze sich nicht hin­ter Aus­flüch­ten.

      Auf die­se Wor­te fie­len hef­ti­ge Ent­geg­nun­gen, meh­re­re spran­gen von den Sit­zen, und es wur­de laut durch­ein­an­der­ge­schri­en. Nach­dem sich der Lärm ge­legt und die Strei­ten­den sich be­ru­higt hat­ten, sag­te Thurn, sie wä­ren ja dar­in ei­nig, dass sie mit dem Hau­se Ös­ter­reich nicht wei­ter wirt­schaf­ten woll­ten. Es wäre voll Lug und Trug, da­bei len­den­lahm, faul und blö­de, lie­ße über­mü­ti­ge Die­ner schal­ten. Alle stimm­ten zu: Matt­hi­as wis­se wohl kaum et­was von dem schar­fen Schrei­ben, das in sei­nem Na­men an sie ab­ge­las­sen wäre, Mar­ti­nitz und Sla­wa­ta hät­ten es ver­fasst, es wäre wohl nie­mals aus Prag her­aus­ge­kom­men. Den Prahl­han­sen müs­se ein­mal gründ­lich das Maul ge­stopft wer­den. Ein­zel­ne Stim­men wur­den laut, man müs­se sie de­fene­strie­ren, sie hät­ten es vollauf ver­dient, Lang­mut ma­che sie nur dreis­ter.

      Er­hitzt und in wil­der Lau­ne stie­gen die Her­ren zu Pfer­de und rit­ten den Weg zum Schloss hin­an; Gold­re­gen, Rot­dorn und Schnee­ball quol­len in di­cken Ge­bü­schen über die Mau­ern der Gär­ten, und die Luft war von sü­ßen Gerü­chen durch­kreuzt, als wür­fen sich spie­len­de Früh­lings­göt­ter mit Hau­fen von Flie­der­duft.

      Die Ver­tre­ter der Kro­ne, die be­reits im Schlos­se ver­sam­melt wa­ren, nah­men die un­ge­stü­men Fra­gen der Stän­de, sie woll­ten wis­sen, wer den kai­ser­li­chen Droh­brief ver­fasst habe, mit an­schei­nend hoch­mü­ti­ger Ge­las­sen­heit und ein we­nig hä­mi­scher Höf­lich­keit ent­ge­gen; aber sie konn­ten ihre Un­si­cher­heit und Ängst­lich­keit nicht ganz ver­ber­gen, die durch das um­ge­hen­de Gerücht von der Wut und dem ge­fähr­li­chen Vor­ha­ben der Evan­ge­li­schen über sie ge­kom­men war. In den feind­li­chen Bli­cken, die un­ter den Fra­gen und Ant­wor­ten auf sie ge­rich­tet wa­ren, be­merk­ten Mar­ti­nitz und Sla­wa­ta plötz­lich eine böse Lust, die ih­nen Ent­set­zen ein­flö­ßte. Mar­ti­nitz wur­de bleich, stot­ter­te et­was von der Ge­rech­tig­keit des Kai­sers und dass er nicht vom Ma­je­stäts­brief ab­wei­chen wür­de, und wich da­bei zu­rück, um durch ein an­sto­ßen­des Ge­mach zu ent­flie­hen; aber schon wur­de er um­ringt, von meh­re­ren Fäus­ten ge­packt und an das of­fen­ste­hen­de brei­te Fens­ter ge­schleppt, vor wel­chem der gol­de­ne Mai sich aus­brei­te­te. Un­ter Sträu­ben und Zap­peln hör­te er lau­tes Brül­len: »Fah­re zur Höl­le, Teu­fels­bra­ten!«, wor­auf ihm, be­vor er noch an der stei­len Mau­er hin­un­ters­aus­te, die Sin­ne ver­gin­gen. In­zwi­schen hat­ten schon ver­schie­de­ne Fäus­te den er­schro­cken zur Flucht sich wen­den­den Sla­wa­ta er­grif­fen und schleu­der­ten den kläg­lich um Gna­de Fle­hen­den dem ers­ten nach; die bei­den Schel­me ge­hö­ren zu­sam­men! hieß es un­ter höh­ni­schem Ge­läch­ter. Den Schrei­ber der bei­den, na­mens Fa­bri­ti­us, der dem ge­schwin­den Vor­gang schlot­ternd zu­ge­se­hen hat­te, war­fen sie nach­träg­lich hin­ter­her, da­mit er, wie sie ihm la­chend zu­rie­fen, sich des fa­ta­len Brief­schrei­bens nicht mehr un­ter­ste­hen kön­ne.

      Der Aus­gang die­ser ra­schen Tat war über­ra­schend, in­dem die drei aus ei­ner Höhe von vier­zig El­len her­ab­ge­stürz­ten Män­ner, durch einen Mist­hau­fen weich auf­ge­fan­gen, kei­ne Ver­let­zun­gen er­lit­ten, son­dern sich vor der Wut ih­rer Fein­de, die ih­nen noch ei­ni­ge Schüs­se nach­knall­ten, in das na­he­ge­le­ge­ne Haus des Po­pel von Lob­ko­witz flüch­ten konn­ten. Wäh­rend die Ge­ret­te­ten sich des Bei­stan­des der wun­der­tä­ti­gen Mut­ter Got­tes rühm­ten, er­lie­ßen die Di­rek­to­ren eine um­ständ­li­che Recht­fer­ti­gung: sie hät­ten ver­rä­te­rische Leu­te, die sie zu Re­bel­len ge­gen des Kai­sers Ma­je­stät hät­ten ma­chen wol­len, nach al­ter Wei­se durch die De­fe­ne­stra­ti­on ju­sti­fi­ziert und hoff­ten, der Kai­ser, des­sen treue Un­ter­ta­nen sie wä­ren und auch blei­ben woll­ten, wer­de künf­tig ihre An­lie­gen gnä­dig er­hö­ren und die Un­ge­rech­tig­kei­ten ab­stel­len, wo­durch der lie­be Frie­den wie­der her­ge­stellt wer­den kön­ne.

      Von der Ober­pfalz kom­mend, fuhr am Sonn­tag, dem 27. Mai, um die Mit­tags­zeit ein brei­ter, ge­deck­ter Wa­gen in Re­gens­burg ein, aus dem zwei in un­an­sehn­li­che Män­tel gehüll­te Rei­sen­de stie­gen, wäh­rend zwei an­de­re sit­zen blie­ben und wei­ter­fuh­ren. Die bei­den Fuß­gän­ger schlu­gen sich schnell in eine Sei­ten­gas­se und gin­gen schwei­gend und ei­lig bis zum Kol­le­gi­um der Je­sui­ten, wo sie an­klopf­ten und ein­ge­las­sen wur­den. Vor dem Rek­tor leg­te der eine der bei­den Män­ner Müt­ze und Man­tel ab und gab sich als Ja­ros­lav von Mar­ti­nitz zu er­ken­nen, der­sel­be, der vor kaum zehn Ta­gen in Prag von den Un­ka­tho­li­schen aus dem Fens­ter ge­wor­fen und wun­der­ba­rer­wei­se am Le­ben er­hal­ten war. Er sei, er­zähl­te er, mit Hil­fe des gu­ten Ba­ders und Chir­ur­gen Tho­ma­son, als des­sen Die­ner er sich aus­ge­be, aus Prag ent­flo­hen und so­eben glück­lich in Re­gens­burg an­ge­langt, von wo er sich nach Mün­chen un­ter den Schutz des from­men ka­tho­li­schen Her­zogs von Bay­ern be­ge­ben wol­le. In­dem er laut die be­ne­dei­te Jung­frau lob­te, knie­te der Rek­tor vor Mar­ti­nitz nie­der; er müs­se durch­aus demje­ni­gen Ver­eh­rung er­wei­sen, sag­te er, den die Hei­li­ge Jung­frau so sicht­bar­lich be­schützt habe. Das wol­le er nicht leug­nen, ent­geg­ne­te Mar­ti­nitz, den Rek­tor auf­he­bend, freue sich viel­mehr der Tat­sa­che, dass die Jung­frau Ma­ria sich in Per­son sei­ner an­ge­nom­men habe; aber er über­he­be sich des­sen nicht, son­dern schrei­be es ein­fäl­ti­ger­wei­se der Kraft des Ge­be­tes zu, wor­auf er seit frü­her Ju­gend sich zu ver­las­sen ge­wöhnt sei. »Was für Zei­tun­gen, was für Zei­tun­gen!« rief der Rek­tor, das müs­se der Bi­schof hö­ren; wenn es Mar­ti­nitz recht sei, woll­ten sie sich un­ver­weilt zu ihm be­ge­ben. Wäh­rend der La­kai, der Mar­ti­nitz be­glei­tet hat­te, zu der üb­ri­gen Rei­se­ge­sell­schaft ins Wirts­haus ging, eil­ten der Rek­tor und sein Gast zum Bi­schof, der, von den Vor­fäl­len in Prag be­reits im All­ge­mei­nen un­ter­rich­tet, be­gie­rig war, das Nä­he­re zu ver­neh­men. Er ließ sich kaum Zeit, Mar­ti­nitz zu um­ar­men und zu seg­nen, und über­stürz­te ihn dann mit Fra­gen: er kön­ne und kön­ne es nicht glau­ben, dass Men­schen so keck und böse sein soll­ten, from­me, un­schul­di­ge Leu­te und hoch­vor­neh­me Die­ner des Kai­sers aus dem Fens­ter zu wer­fen! Und dass er nun eins von die­sen jäm­mer­li­chen Op­fern mit Au­gen vor sich sähe! Ob er denn arg zer­schun­den und zer­schla­gen sei? Der­glei­chen sei СКАЧАТЬ