Название: Der Dreißigjährige Krieg
Автор: Ricarda Huch
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Sachbücher bei Null Papier
isbn: 9783962818555
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Dem Kaiser leuchtete die Ansicht Khlesls ein, und so wurde denn, während unter der Hand geworben und gerüstet wurde, ein sanft mahnendes Schreiben an die böhmischen Stände erlassen, sie sollten ihr unziemliches Rebellieren einstellen, anstatt dessen wegen vorhandener Schäden ordentliche Klagen einreichen, vor allen Dingen aber die eigenmächtig geworbenen Soldaten entlassen, so werde der Kaiser ihnen auch wiederum gnädig sein.
Die Stände erwiderten den Brief mit einem Schreiben, in dem sie versicherten, das sie sich durchaus keine Rebellion anmaßten, auch die geworbenen Soldaten unverweilt entlassen würden, wenn der Kaiser zuvor seine Werbungen einstellte, die nach der Aussage friedhässiger Leute gegen sie gerichtet wären; denn sie könnten, solange sie von Krieg und Überfall bedroht wären, die Rüstung nicht wohl ablegen, begehrten aber nichts anderes, als nach wie vor des Kaisers gehorsame und treue Untertanen zu sein.
In Hinblick auf die Geldnot des Kaisers, die ihm nach Khlesls Ansicht das Kriegführen unmöglich machte, spielte der Erzherzog Maximilian auf Khlesls großes Vermögen an, womit er aushelfen könne; aber darauf wollte sich der Erzbischof nicht einlassen, machte vielmehr ein großes Aufheben von den Summen, die er Matthias schon vorgestreckt und nicht zurückerhalten habe. Maximilian jedoch brachte dies Vermögen nicht aus dem Sinn: sie wären aus aller Verlegenheit und hätten, was sie brauchten, sagte er zu Ferdinand, wenn sie dem losen Buben sein Recht zuteil werden ließen und sein Hab und Gut, das ohnedies erstohlen wäre, dem Kaiser zufiele. Mit einem Galgen, einem Strick und dem rechten Mann daran wolle er ganz Österreich und Böhmen und das Reich dazu in Ordnung bringen.
Während in Böhmen die Rüstung in vollem Gange war, führten die Verhandlungen des Kaisers mit den Ungarn so weit zu einem Verständnis, dass am 1. Juli Ferdinands Krönung in Pressburg vorgenommen werden konnte. Khlesl hatte es sich nicht nehmen lassen, mit zu der Feier zu reisen, wiewohl sein Herz nicht festlich gestimmt war, und sah mit anderen Herren von einem Balkon des erzbischöflichen Palastes, in dem er wohnte, dem in der mächtigen Sommersonne funkelnden Aufzuge zu. Eben als ein Esterhazy mit seinen bewaffneten Untergebenen vorüberritt und Khlesl sich, um ihn besser zu sehen, über die Balustrade beugte, schwirrte der Bolzen einer Armbrust hart an ihm vorbei und blieb in der Wand des hinter dem Balkon liegenden Zimmers stecken. Indes die Herren hineilten, das noch zitternde Geschoss betrachteten und sich über den Zufall verwunderten, ließ sich Khlesl in einen Sessel fallen und trocknete mit einem Tüchlein den Schweiß von der Stirne. »Das war kein Zufall«, sagte er mit schwacher Stimme, »es war ein Gruß für mich von der Fortuna.« Das sei eine stachelige Sprache für ein Frauenzimmer, lachten die Herren, worauf Khlesl sagte, es sei ihr Abschiedsgruß, dabei pflegten die Weiber, habe er sagen hören, mehr zu beißen als zu küssen. Dies gab wiederum zu Scherzen Anlass; denn es war bekannt, dass Khlesl von den Frauen nichts wissen wollte, auch niemals mit ihnen zu tun gehabt hatte; aber heimlich waren alle einerlei Meinung darüber, wo der Schuss seinen Ursprung genommen hätte. Die Nachforschungen, die angestellt wurden, ergaben nichts, niemand wollte von der Sache etwas gesehen haben, und Khlesl kehrte mit bedrücktem Herzen nach Wien zurück.
Dort bereitete Maximilian schleunig die Gefangennahme Khlesls vor, wozu Ferdinand seine Einwilligung gab, um dem Kirchenfürsten wenigstens das Leben zu sparen. Der Umstand, dass Matthias gerade das Bett hütete, erleichterte es ihnen, unvermerkt die Vorbereitungen zu treffen: sie ließen nämlich einen verdeckten Gang von der Burg nach der Bastei errichten, durch welchen der verhaftete Kardinal in der Stille sollte abgeführt werden, damit nicht etwa das Volk zusammenliefe und ein Lärmen entstände.
Als Khlesl am Vormittage zum Kaiser fahren wollte, kam gerade der Nuntius zu ihm und sagte, er solle doch heute nicht auf die Burg, es habe ihm hässlich geträumt und er fürchte, es werde ihm dort etwas Widerwärtiges begegnen. Nein, sagte Khlesl, er habe niemals etwas auf Träume gehalten; dass seine Feinde Widriges im Sinne hätten, wisse er wohl; aber er vertraue auf den Kaiser, der werde seinen treuen Diener nicht unbeschützt lassen. Er wolle nichts gegen den Kaiser oder sonst jemand anbringen, sagte der Nuntius; aber es liefe doch in dieser Zeit viel Hass und Widerwillen unter, und sich der Gefahr nicht auszusetzen wäre nicht Feigheit, sondern Klugheit. Wolle aber Khlesl durchaus fahren, so solle er ihn mitnehmen und in seiner Herberge absetzen. Als der Wagen in einer engen Gasse durch eine Herde Schweine etwas aufgehalten wurde, sagte der Nuntius wiederum, dass dies ein merkliches Zeichen wäre, und Khlesl beugte sich aus dem Wagenfenster, um dem Kutscher zuzurufen, er solle umkehren; da jedoch im selben Augenblick der Wagen weiterfuhr und Khlesl durch den Ruck auf den Sitz zurückgeworfen wurde, schüttelte er den Kopf und sagte traurig, er wolle es nun seinen Lauf nehmen lassen.
Im Flur der Burg standen Bewaffnete, welche nicht zur Leibgarde des Kaisers gehörten und den Kardinal nicht in der üblichen Weise grüßten, was ihm einen peinlichen Eindruck machte; aber er fasste sich und stieg die Treppe hinauf, die zu den Gemächern des Kaisers führte, dessen Nähe ihn doch auch wieder beruhigte. Im Vorgemach trat ihm sogleich ein Vertrauter der beiden Erzherzöge entgegen und forderte ihn kurz auf, Hut und Mantel abzulegen, dagegen einen bereitliegenden schwarzen Umhang zu nehmen und den wartenden Offizieren, Dampierre und Collalto, zu folgen. Er erhebe Protest, sagte Khlesl, im Namen des Kaisers und des Papstes, hatte aber kaum ausgesprochen, als Dampierre ihn unter Schimpfworten hart anfuhr, er solle gehorchen, sonst werde man Gewalt mit ihm gebrauchen. Khlesl, der vor Schrecken zitterte, überlegte blitzschnell, ob er versuchen solle, zum Kaiser durchzudringen, oder ob sonst ein Entrinnen möglich sei; aber da er nirgends eine Zuflucht vor der Übermacht sah, ließ er sich ohne Widerrede umkleiden und von den beiden Offizieren СКАЧАТЬ