Weiter als der Ozean. Carrie Turansky
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Читать онлайн книгу Weiter als der Ozean - Carrie Turansky страница 16

Название: Weiter als der Ozean

Автор: Carrie Turansky

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783961224623

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СКАЧАТЬ das Landleben bevorzuge. Auf die erdrückenden Menschenmassen und die schmutzigen Straßen in London kann ich gerne verzichten.“

      Andrew biss die Zähne zusammen. Er würde jetzt nicht mit seinem Vater über die Vorzüge des Stadtlebens gegenüber dem Leben auf dem Land diskutieren.

      „Ich kann dir nur zustimmen.“ Onkel Bertram nickte Vater zu. „Das Landleben ist viel friedlicher. Frische Luft, schöne Spaziergänge in der Natur. Was könnte man daran auszusetzen haben?“

      „Ich genieße das Leben auf dem Land auch“, redete Tante Eloise weiter, „aber wenn du deine Beziehungen pflegen willst, musst du an der Saison in London teilnehmen.“

      Sein Vater schnaubte. „Ich habe nicht den Wunsch, Beziehungen zu Leuten zu pflegen, die die besten Monate des Jahres damit vergeuden, von einer Veranstaltung zur nächsten zu laufen und zu versuchen, die anderen Narren zu beeindrucken, die auch nichts Besseres zu tun haben.“

      Andrews Mutter warf Andrew einen flehenden Blick zu. Sie wollte offensichtlich, dass er sich am Gespräch beteiligte und versuchte, die Stimmung aufzulockern.

      Er räusperte sich. „Ich freue mich darauf, die Henley Royal Regatta und die Royal Ascot zu besuchen. Vater, diese beiden Regatten haben dir in der Vergangenheit auch gefallen. Vielleicht überlegst du dir, sie dieses Jahr zu besuchen.“ Er wollte hinzufügen, dass sie gemeinsam hingehen könnten, aber so viel wagte er nicht zu hoffen. Sein Vater lud ihn nie ein, ihn zu begleiten, wenn er in die Stadt oder sonst irgendwohin fuhr. Er jagte allein, er angelte allein und er reiste allein. Er war ein verschlossener Einzelgänger.

      „Vielleicht gehe ich zur Royal Ascot, aber nur am ersten Tag“, erwiderte sein Vater. „Ich sehe keine Veranlassung, die anderen vier Tage auch noch zu bleiben.“

      „Willst du nur für diese eine Nacht dein Haus in London bezugsfertig machen?“, fragte Tante Eloise.

      „Nein, ich übernachte im Club und fahre am nächsten Morgen zurück.“

      Andrew warf einen Blick auf seine Mutter. Verletzten sie die Bemerkungen seines Vaters? Ihre Miene verriet nicht viel, aber Andrew nahm ihretwegen Anstoß an seiner Rücksichtslosigkeit. Kam sein Vater denn nicht auf den Gedanken, dass sie im Frühling oder Sommer vielleicht gern Ascot oder eine der anderen Veranstaltungen in London besuchen würde? Andrew schüttelte den Kopf. Er hatte die unsensible Art seines Vaters satt.

      „Nun, mich freut es, wenn du nach Ascot kommst“, schob Eloise nach. „Wenn du dich dort zeigst, nimmst du wenigstens den Gerüchten, du wärst ein griesgrämiger Einsiedler geworden, den Wind aus den Segeln.“

      Mutter zuckte kurz und senkte den Blick auf ihren Teller.

      Vaters Gesicht lief rot an. „Also wirklich, Eloise! Du kümmerst dich viel zu sehr darum, was andere denken!“

      Onkel Bertram warf seiner Frau einen kurzen Blick zu, dann sah er Andrews Vater an. „Ich verstehe deine Abneigung, dich während der Saison in der Stadt aufzuhalten. Bei den vielen Menschen und dem ständigen Lärm kann es in London unerträglich sein, manchmal sogar regelrecht gefährlich.“

      Eloise beugte sich vor. „Bertram hat leider recht. Erzähle ihnen, was letzte Woche passiert ist.“

      „Irgend so ein kleiner Taschendieb hat mir vor einigen Tagen meine Brieftasche aus der Manteltasche gestohlen!“

      Eloise legte die Hand auf ihre üppige Brust. „Wir kamen gerade aus der Victoria Station, als der Junge so heftig mit Bertram zusammenstieß, dass er ihn fast zu Boden warf. Er entschuldigte sich und lief weiter. Wir merkten erst, dass er Bertrams Brieftasche gestohlen hatte, als wir später den Taxifahrer bezahlen wollten und feststellten, dass wir kein Geld hatten!“ Sie schaute in die Gesichter am Tisch. „Grauenhaft, dass sich anständige Menschen in bestimmten Stadtvierteln nicht bewegen können, ohne von Vagabunden und Dieben belästigt zu werden!“

      „Sie sollten das ganze Pack ins Gefängnis sperren!“ Bertram fuchtelte so vehement mit der Hand, dass er beinahe sein Wasserglas umstieß.

      Vater runzelte die Stirn. „Es gibt nicht genug Gefängnisse, um Londons Kanalratten alle unterzubringen.“

      Andrews Mutter runzelte die Stirn. „George, wie kannst du sie so bezeichnen? Sie sind doch noch Kinder.“

      „Mir ist egal, wie alt sie sind. Sie sind eine Plage, und man sollte die Straßen von ihnen befreien.“

      Tante Eloise nickte heftig. „Das sehe ich ganz genauso. Es muss etwas unternommen werden!“

      „Diese kleinen Diebe sind nicht besser als ihre Eltern“, schimpfte sein Vater weiter. „Nur aufgrund ihres Alters sollten wir kein Mitleid mit ihnen haben. Einmal Dieb, immer Dieb.“

      Andrew ballte unter dem Tisch die Fäuste. „Kinder, die sich nicht anders zu helfen wissen, als zu stehlen, tun das nur, weil die Erwachsenen, die für sie verantwortlich sind, ihre Pflichten vernachlässigen. Du kannst den Kindern doch keinen Vorwurf aus ihrem Hunger oder ihrer Armut machen. Wo sind ihre Mütter und Väter?“

      „Das sehe ich genauso“, bestätigte seine Mutter. „Die meisten dieser Kinder haben kein Zuhause und keine Familie, die sich um sie kümmert. Haben sie denn eine andere Wahl?“

      Sein Vater schob angriffslustig das Kinn vor. „Obdachlos oder nicht, Stehlen ist keine Lösung.“

      Seiner Mutter stieg das Blut in die Wangen. „Und das Gefängnis auch nicht!“

      „Was sollte man dann tun?“ Tante Eloise ließ ihren Blick in die Runde wandern. „Wenn sie Verbrechen begehen, bleibt der Polizei doch keine andere Wahl, als sie zu verhaften und einzusperren.“

      „Es gibt eine andere Lösung“, entgegnete Andrews Mutter. „Ich finde, man sollte sie nach Kräften unterstützen.“

      „Und wie sollte das aussehen?“, fragte sein Vater.

      „Es gibt Heime für diese Kinder. Zum Beispiel die Heime, die Dr. Barnardo gegründet hat. Sie holen Jungen und Mädchen aus den Fabriken und von der Straße und ermöglichen ihnen, sich auf ein nützliches, produktives Leben vorzubereiten.“

      Tante Eloise rümpfte die Nase. „Ich glaube nicht, dass Dr. Barnardo ein ehrbarer Gentleman war. Ich habe gehört, dass es gegen diesen Mann und seine Arbeit verschiedene Anklagen gab. Er stand immer wieder wegen des einen oder anderen Problems vor Gericht. Wie kannst du so jemanden unterstützen?“

      „Er war umstritten, aber ich habe ihn sprechen gehört“, erwiderte Mutter. „Ich war sehr beeindruckt. Er hatte einen tiefen Glauben, und es war ihm ein großes Anliegen, Kindern zu helfen. Er vertrat den Standpunkt, dass kein Kind ein hoffnungsloser Fall ist.“

      Vaters dunkle Brauen zogen sich zusammen. „Du hast eine Veranstaltung von Barnardo besucht?“

      „Ja. Wir haben ihn in Cliffside gehört. Nach seiner Rede folgte ein herzerwärmender Auftritt von einigen Kindern, die er in einem Heim aufgenommen hat. Sie haben gesungen, und mit was für bezaubernden Stimmen. Mir kamen fast die Tränen. Das hättet ihr hören müssen.“

      Sein Vater sah auf und knurrte: „Wann war das denn?“

      „Vor ein paar Jahren, als du bei einem Jagdausflug warst.“

      „Solche Veranstaltungen СКАЧАТЬ