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wollte, ein Forscher, der ebenfalls Ceylon als Ziel angab, und ich, der aus reiner Abenteuerlust diese Reise machte. Beide hatten mir unterwegs diese Insel so ans Herz gelegt, dass ich beschloss, Ceylon vielleicht doch noch zu besuchen. In Karatschi, als erster Stadt in Indien, wo der Dampfer anlegte, bevor er nach Südosten zur westlichen Küste abbog, verließ ich das Schiff. Indien bildet keine politische Einheit, sondern ist nur ein geografischer Name; man versteht darunter die Halbinsel Vorderindien mit ihren der britischen Krone untergebenen Ländern. Karatschi, wo ich von Bord ging, entwickelt sich immer mehr als Handelsplatz, auch wenn große Überseeschiffe noch keinen Hafen vorfinden; man benutzt die vorgelagerte Insel Kiamari als Anlegestelle. Über Haiderabad, das auf einer Felsplatte liegt, ging es mit einem Katamorin den Indus hinauf ins Pandschab-Gebiet, dem Land der fünf Ströme, einer großen Ebene mit steinlosem, sandigem Lehmboden. Die Tierwelt im Pandschab ist sehr reichhaltig. Vorher gelang es mir noch, einen Engländer aus einer misslichen Lage zu befreien. Er stellte sich als Lord David Percy vor, ‚ungeratener‘ Sohn des Earl von Forfax2. Mit ihm durchstreifte ich die Ebenen des Pandschab und wir konnten, teilweise unter Lebensgefahr, jeder einen jener Tiger schießen, die man Könige der indischen Tierwelt nennt.3 Wir beschlossen, bis Kalkutta zusammenzubleiben, was wir auch taten, und wir konnten so manches Abenteuer miteinander erleben. Vom Pandschab-Gebiet aus gelangten wir hinüber nach Delhi, einst Residenz der Großmoguln, am rechten Ufer der Dschamna mit berühmten alten Bauten und Ruinen. Schon früher hieß Delhi die Stadt der sieben Burgen. Das jetzige Delhi wurde im 17. Jahrhundert erbaut und ist auf drei Seiten mit einer starken Mauer umgeben. Die vierte Seite begrenzt die Dschamna, ein rechter Nebenfluss des Ganges. Von alters her war die Dschamna ein heiliger Fluss, dessen Wasser reinigende Kraft besaß, was jetzt noch von den Hindus geglaubt wird. Auch diesen Fluss ging es mit Booten hinunter, oft unterbrochen durch gewaltige Stromschnellen bis zu dessen Zusammentreffen mit dem Ganges. Hier machten wir Station in Allahabad. Allahabad, was übersetzt Gottesstadt heißt, hat als Wallfahrtsort unter dem Namen Prajâga (Opferstätte) schon in der altindischen Zeit existiert. Ab hier dominiert der Ganges, der Hauptstrom Vorderindiens, obwohl er kürzer ist als der Indus und der Brahmaputra. Man bezeichnet ihn auch als den heiligen Fluss, an dessen linkem Ufer Benares liegt, die heilige Stadt der Hindus und uralter Mittelpunkt der brahmanischen Kultur und Religion. Am Ende dieses riesigen Flusses liegt in dessen Delta die Stadt Kalkutta, Sitz des englischen Vizekönigs in Indien. Die Stadt zerfällt in die ‚weiße Stadt‘ im Süden mit Amtsgebäuden und Wohnungen der Reichen und der Europäer und in die ‚schwarze Stadt‘ im Norden und Osten mit engen, krummen und schmutzigen Gassen und den ärmeren bis ärmsten Eingeborenen, meist Bengalen. Viele europäische Dampfschiffe legen hier an, doch keines fuhr hinunter nach Ceylon. Ich machte aber einen bengalischen Küstenfahrer ausfindig, der an der Ostküste entlang bis nach Madras fuhr und der mich mitnehmen wollte. Lord Percy war davon so begeistert, dass er sich sofort anschloss. Wir dümpelten mit diesem bengalischen Handelsfahrer an der Ostküste von Vorderindien entlang, legten an vielen kleinen Hafenstädtchen an, kamen dann an die Koromandel-Küste, die sich zwischen Point Calimere und der Kistna-Mündung hinzieht und in deren Mitte wir nach gut drei Wochen in Madras anlegten. Die Einheimischen nennen Madras auch Tschennapattam. Madras ist Sitz des englischen Gouverneurs und eines anglikanischen Bischofs. Den Kern bildet die Schwarze Stadt, an die sich Fort St. George anschließt. Das Klima soll im Sommer für Europäer sehr gefährlich sein, doch ich hatte nicht vor, länger hierzubleiben, denn ich hoffte, eine Weiterfahrt nach Ceylon zu finden. Mein bisheriger Weggefährte Lord Percy wollte sich erst von mir trennen, um sich quer durch das Land über Bangalore zu den West-Ghats und dann hinauf bis nach Bombay durchzuschlagen, überlegte es sich aber dann anders. Ein französischer Frachter, der Zwischenstation an den französischen Städten der Koromandel-Küste machen wollte, nahm uns mit. Zuerst legten wir in Pondichery und zwei Tage später in Karikal an, beides Kolonialgebiete der Franzosen an der vorderindischen Südostküste. Dann schlängelte er sich durch die Palkstraße, eine durch Felsenriffe nicht ungefährliche Meeresenge zwischen der indischen Südküste und Ceylon, und dann durch den Golf von Manaar, bis wir dann in Kolombo, der Hauptstadt von Ceylon, anlegten. Wir befanden uns nun auf Sinhala Dvipa, der Löweninsel, wie sie von den Einheimischen genannt wurde. Von Kolombo aus gingen wir in das Innere der Insel nach Kandi, der ehemaligen Hauptstadt des alten Königreichs, wo in dem berühmten Tempel ein Zahn des Buddha aufbewahrt werden soll. Natürlich schlossen wir uns auch einer Elefantenjagd an. Wir schlugen dann den Weg nach Süden ein bis Point de Galle, wo ich sofort einen Frachtdampfer erwischte, der auch Padang auf Sumatra anfuhr, das ich mir als nächstes Ziel ausersehen hatte. Lord Percy aber wartete auf eine Fahrgelegenheit hinauf nach Madras, um seine geplante Reise durch Indien zu vollenden. Wir hofften, uns irgendwo auf Reisen einmal wiederzutreffen.
Während meines Aufenthaltes auf Sumatra und Malakka hatte ich mir das eigentliche Malaiisch, das durch die ganze australische Inselwelt Verkehrssprache ist, ein wenig angeeignet. Das Kawi, die malaiische Priester- und Schriftsprache, verstand ich nicht; dafür aber glaubte ich, dass ich mich wahrscheinlich auch den Bewohnern der Tahiti- und Marquese-Inseln in ihrer Mundart verständlich machen könnte, wenn ich diese Inseln einmal aufsuchen würde. Ich glaube, dass man sich leichter in eine fremde Sprache findet, wenn man während seiner Schülerzeit einen guten Grund gelegt hat. Bei der Bekehrung der westmalaiischen Volksstämme zum Mohammedismus hat ihre Sprache viel von dem Arabischen aufgenommen und wird noch jetzt mit wesentlich arabischen Buchstaben geschrieben. Da ich das Arabische verstehe, so hat mir ein Zurechtfinden im Malaiischen nicht viel Mühe gemacht.4
Im März hatte ich das Glück, in Singapur einen holländischen Frachter anzutreffen, der zurück nach Amsterdam fuhr. Ich stand vor der Wahl, entweder meine Reise im malaiischen Archipel fortzusetzen oder nach Hause zu fahren. Da meine Reisekasse ziemlich dünn geworden war, entschloss ich mich für die Heimreise, zumal sie mich nichts kostete, da ich mich als Hilfskraft mit zwar geringer Bezahlung, aber dafür mit voller Verpflegung, anheuern ließ. Wir hatten eine stürmische Rückfahrt durch den Indischen Ozean, nach dem Kap der Guten Hoffnung gab es im Atlantik zwar auch noch starken Wind, doch einen echten Sturm erlebten wir nicht mehr. Nun bin ich wieder zu Hause angelangt und werde in den nächsten Tagen versuchen, meine Erlebnisse zu Papier zu bringen.
4. RUSSLAND-REISE (1863)
Sonntag, 24. Mai 1863:
Ich bin jetzt in Wien und habe mir vorgenommen, mit dem Schiff die Donau bis zur Mündung ins Schwarze Meer hinabzufahren. Dort werde ich sehen, wie ich weiterkomme. Ich habe vor, über das Schwarze Meer nach Transkaukasien zu gehen, wo ich mir gerne einmal das Kloster Etschmiadzin ansehen möchte, von dem ich schon so viel gehört habe. Von dort aus würde ich gerne bis ans Kaspische Meer reisen oder, falls das mit zu großen Umständen verbunden ist, irgendwie sonst nach Norden zu gelangen suchen, denn ich möchte gerne den Don oder die Wolga kennen lernen und dann meine Reise nach Moskau fortsetzen. Ich hatte nämlich in Dresden die Bekanntschaft eines russischen Offiziers gemacht, der sich Iwan Semenoff nannte. Wir hatten uns beim Billard getroffen. Er war ein ausgezeichneter Spieler und ein höchst ehrenwerter Mann. Wir waren Freunde geworden und ich hatte versprechen müssen, ihn oder wenigstens seine Mutter zu besuchen, wenn ich einmal nach Moskau kommen sollte.1
Montag, 15. Juni 1863:
Es hat auf den Tag genau drei Wochen gedauert, bis ich hier in Tultscha, der großen Hafenstadt im Donaudelta, angekommen bin. Da bis hierher die Hochseeschiffe aus dem Schwarzen Meer kommen, hoffe ich, dass ich eine Gelegenheit zur Weiterfahrt finde. Es war eine erlebnisreiche Reise mit Hindernissen, teils auf dem Fluss, teils zu Land, da die Donau noch nicht überall schiffbar ist, etwas abenteuerlich, aber schön. Ich kann mir vorstellen, dass dann, wenn sich einmal alle Staaten, durch die dieser zweitgrößte Strom Europas fließt, einig sind und ein durchgehender Schiffsverkehr auf der Donau möglich gemacht wird, diese Reise auch für weniger abenteuerempfindliche Leute ein Vergnügen wird. Zu viele staatliche Interessen sind momentan noch zu berücksichtigen.
Montag, 22. Juni 1863:
Heute bin ich in Batum, der Hauptstadt von Russisch-Kaukasien, angekommen. Batum liegt an einer Bai, die den besten Ankerplatz im östlichen Schwarzen Meer bieten soll, und ist der Haupthandelshafen Transkaukasiens
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