Название: Chronik eines Weltläufers
Автор: Hans Imgram
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Karl May Sonderband
isbn: 9783780216243
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Mr. Henry erzählte mir auch, dass im November vergangenen Jahres ein neuer Präsident gewählt worden war, nämlich der Republikaner Abraham Lincoln. Daraufhin sei, wie vorher angekündigt, der Staat South Carolina aus der Union ausgetreten und weitere Staaten des Unteren Südens wollten folgen. Wie es schien, brachen die Vereinigten Staaten von Amerika auseinander, und Mr. Henry prophezeite, wenn das geschehe, käme es bestimmt zu einem Bürgerkrieg.
Samstag, 5. Januar 1861:
Mit Sam Hawkens war ich im Vermessungsbüro der Atlantic and Pacific Company, um die Messgeräte und die Zeichnungen abzuliefern und meinen vereinbarten Lohn abzuholen.
Samstag, 12. Januar 1861:
Die Hälfte der Summe, die den Lohn meiner Arbeit bildete, schickte ich nach Hause und den größeren Teil der anderen Hälfte hinterlegte ich auf einer Bank als Rücklage. Ich hatte den Atem der Savanne getrunken, doch nicht lange genug, um ihrer Lockungen überdrüssig geworden zu sein, denn am nächsten Tag wollte ich wieder ins Indianerland aufbrechen.
Dienstag, 30. Juli 1861:
Ich verwendete die Wintermonate zu Sprachstudien bei verschiedenen Indianerstämmen, die den Apatschen freundlich gesinnt waren. Im Frühling wechselte ich dann über das Felsengebirge hinüber und besuchte die Mormonenstadt am Großen Salzsee. Es lockte mich dann, noch weiter nach Norden in die Gegend des Yellowstone-Sees zu reiten. Ich hatte dort oben ein gefährliches Erlebnis mit den Sioux-Ogellallah zu bestehen: Ich stand auf einem Felsen, und sie konnten mich mit ihren Kugeln nicht erreichen. Da trat ich hervor und erbot mich, mit dreien von ihnen zu kämpfen, sie mit dem Tomahawk und ich ohne Waffe. Ich habe sie alle drei mit der Faust erschlagen, darunter Pethaschitscha (‚Böses Feuer‘), den stärksten Mann des Stammes.4 – Hierauf überstieg ich abermals das Felsengebirge und wendete mich nach Süden.
In Fort Sill erfuhr ich vom Colonel Olmers, dem Kommandanten des Forts5, dass am 12. April zwischen den Nord- und den Südstaaten Krieg ausgebrochen sei. Doch der werde sicher bald vorbei sein, denn der Präsident habe 75.000 Freiwillige für 90 Tage einberufen, die es den Rebellen schon zeigen würden, wer der Herr im Hause Amerika sei. Hier in Fort Sill lernte ich den Engländer Emery Bothwell kennen, der sich mir auf meinem weiteren Ritt anschloss.
Im Apatschen-Pueblo wurden wir mit Jubel empfangen. Zu meiner großen Freude war Winnetou anwesend, der schon vor Monaten, leider ergebnislos, von der Verfolgung Santers zurückgekehrt war. Wir verlebten vier Wochen bei den Apatschen, dann aber machte sich der Gedanke an die Heimat mit aller Macht in mir geltend. Auch Bothwell verlangte nach Hause. Ich nahm von Winnetou Abschied, voraussichtlich für längere Zeit. Unterwegs verabschiedete ich mich von Emery Bothwell mit der Zusicherung, ihn drei Monate später in Nordafrika, in Algier, wiederzutreffen.
Da ich St. Louis an diesem Tag nicht mehr erreichen konnte, machte ich in Jefferson City letzte Station. Ich hatte gehört, dass Mutter Thick in der Firestreet 15 ein Boarding-house besitzen sollte, wo man auch vorzüglich essen konnte. Die Tische waren ungefähr zur Hälfte von Kavalleristen der Nordstaaten-Armee besetzt6, während an den anderen Zivilisten saßen. Es waren auch einige Prärieläufer darunter und einer wusste, dass ich Old Shatterhand war. Natürlich wollte sich jeder zu mir setzen. Doch ich bat darum, allein zu essen, und verzog mich dann in meine Stube. Vermutlich wurde noch über mich geredet, denn meine Abenteuer hatten sich bei vielen herumgesprochen.
Mittwoch, 31. Juli 1861:
Am frühen Morgen verließ ich Jefferson City und als ich heute wieder in St. Louis ankam, war mein erster Gang zu Mr. Henry. Nachdem ich ihm gründlich über meine Erlebnisse berichtet hatte, öffnete er seinen Gewehrschrank, nahm den ersten fertigen Henrystutzen heraus, erklärte mir den Bau und Gebrauch der Waffe und schenkte ihn mir.
Donnerstag, 1. August 1861:
Heute Morgen war ich auf der Bank und hob mein restliches gespartes Geld ab. Morgen werde ich die Reise in die Heimat antreten.
2. ERSTE ORIENT-REISE (1861-1862)1
Sonntag, 27. Oktober 1861:
Emery Bothwell und ich hatten uns das Versprechen gegeben, uns wiederzusehen. Die Begegnung sollte in Afrika stattfinden. Dass wir uns für Algier entschieden, geschah nicht ohne Grund, denn hier lebte ein Verwandter von ihm namens Latréaumont, der Leiter eines Handelshauses war. Bei ihm wollten wir uns treffen. Dort erfuhr ich, dass Emery Bothwell die Familie verlassen hatte, um deren Sohn zu suchen. Dieser hatte eine hauseigene Karawane begleitet, die aber von der ‚Gum‘, einer Raubkarawane, überfallen worden war und sich in deren Gewalt befand. Die Wüstenräuber hatten einen Boten geschickt und Lösegeld verlangt, das Latréaumont auch bezahlte, jedoch ohne den Sohn freizubekommen. Als der zweite Bote kam, war Bothwell eben eingetroffen. Er ließ die verlangte Ware abgehen, folgte aber heimlich nach. Vor zwei Wochen kam eine Nachricht, ich solle ihm nach meiner Ankunft sofort nachkommen. Der Bote, der diese Nachricht brachte, würde mich zu ihm bringen. Er hieß Hassan Ben Abulfeda und war ein Araber vom Stamm der Kababisch. Ich beschloss, schon am nächsten Morgen abzureisen. Doch noch am selben Abend traf wieder ein Abgesandter der Wüstenräuber ein, der nochmals Lösegeld verlangte. Ich schlug ihn nieder und bat Latréaumont, ihn der Polizei zu übergeben. Unter den Dienern des Hauses befand sich auch ein Deutscher namens Josef Korndörfer aus dem fränkischen Staffelstein, der mich als Diener in die Wüste begleiten wollte.
Montag, 28. Oktober 1861:
Wie vorher bestimmt, war ich mit Hassan und Korndörfer von Algier abgereist. Wir hatten bis Batna die Steppenpost benützt, mit der wir eine halsbrecherische Fahrt hinter uns hatten. Hier dingte ich einen Beduinen, mich und meine zwei Begleiter auf Pferden über das Auresgebirge zu schaffen.
Dienstag, 29. Oktober 1861:
Schon zwölf Stunden saßen wir im Sattel und ritten zwischen Felswänden und Abgründen, in deren unterster Tiefe das Auge das graugelbe Wasser eines reißenden Bergstroms erblickte. Es war der Wed al Kantara, in dessen Fluten Jules Gérard, der kühne Löwenjäger, seinen Tod gefunden hatte. Dann ging der Ritt weiter nach dem Pass von Kantara, bis wir zur Karawanserei El Kantara kamen, wo wir für die Nacht Einkehr hielten. In dieser Nacht – es war Dienstag auf Mittwoch – schoss ich in der Nähe der Karawanserei zwei Panther, die dem Wirt schon einige Schafe gerissen hatten.
Mittwoch, 30. Oktober 1861:
Nachdem wir am Morgen die Karawanserei verlassen hatten, befanden wir uns bald inmitten der Schluchten und Steinklüfte des Auresgebirges, dessen Längsrichtung wir bis gegen Abend einhielten, um dann über seinen Kamm in die Sahara hinabzusteigen. An seinem Fuß lag das Zeltdorf, das Ziel unserer heutigen Wanderung. Wir erwarben drei Reit- und ebenso viele Packkamele nebst allen Gegenständen und Vorräten, die zur weiteren Reise notwendig waren.
Donnerstag, 31. Oktober 1861:
Am Morgen folgten wir dem Fuß des Gebirges, um die Karawanenstraße aufzusuchen. Es war ein heißer Tag, und wir befanden uns noch immer auf den Ausläufern des Gebirges. Da erblickte ich eine Reihe von Zelten, zwischen denen zahlreiche Pferde und Kamele lagen. Wir kamen zu dem Duar, wo wir erfuhren, dass fast alle Männer auf Löwenjagd seien. Ich ließ mir den Weg zu ihnen zeigen und kam gerade recht, als ein Mann niedergerissen wurde, denn ich erschoss den Löwen und der Mann war gerettet. Als Dank dafür schenkte dieser mir ein Bischarinhedschîn (Kamel), wie es in der ganzen Sahel kein zweites gab, und überreichte mir noch ein eigentümlich geformtes Korallenstück. Seine scharfen, dunklen Augen hatten ein eigentümliches Licht. Ich hätte diesem Mann nie mein Vertrauen schenken können. Um ihn nicht zu erzürnen, musste ich das Tier annehmen. Als ich in der Satteldecke die Buchstaben СКАЧАТЬ