Covent Garden Ladies: Ein Almanach für den Herrn von Welt. Хэлли Рубенхолд
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Читать онлайн книгу Covent Garden Ladies: Ein Almanach für den Herrn von Welt - Хэлли Рубенхолд страница 17

СКАЧАТЬ Gegenwerte bestimmt wurde, zogen Frauen, die zwar ein sympathisches Auftreten und ein hübsches Gesicht zu bieten hatten, aber kein Geld, fast immer den Kürzeren. Dafür waren sie die idealen Kandidatinnen für Adlige auf der Jagd nach einer attraktiven, vollendeten Mätresse. Unfähig, sich von seiner Liebeskrankheit zu kurieren, aber auch nicht willens, einer Frau mit einer derart dürftigen Mitgift den Hof zu machen, appellierte Lord Spencer an die Künste von Jack Harris. Dieser wurde gegen eine beträchtliche Summe dazu angeheuert, nach Newcastle zu reisen und um das Objekt von Spencers Begierde zu freien, bis sie sich einverstanden erklärte, mit ihm nach London durchzugehen. Harris gab sich als ein Ehrenmann aus guter Familie aus, gewann Charlottes Vertrauen, und sie willigte in eine heimliche Trauung ein, die dann in seinen Zimmern in der Nähe des Temple Bar von einem Mann vollzogen wurde, der behauptete, der Bruder ihres Verlobten zu sein. Nach der Zeremonie begaben sich Charlotte und Jack Harris im Zimmer nebenan zu Bett. Die Kerzen wurden ausgeblasen, und – so Charlotte – »dann kam er zu mir, wie ich vermeinte«. Bei ihrem Erwachen am nächsten Morgen erwartete sie der Schock ihres Lebens. Ein wildfremder Mann lag neben ihr. Ihre Schreckensschreie riefen schließlich Harris aus dem Nachbarzimmer herbei, der sie über ihre Situation aufklärte und ihr »unumwunden den ganzen schurkischen Plan eingestand«. Hierzu gab sie später zu Protokoll, dass »Mr. Harris, der Kuppler ..., von Lord Spencer damit betraut worden war, mich unter dem Vorwande einer Vermählung in die Stadt zu locken, dass die Zeremonie nicht rechtsgültig war und dass Harris, zuzüglich zur Erstattung all seiner Ausgaben, fünfhundert Pfund dafür empfing, um in der ersten Nacht, an seiner statt, seine Lordschaft mich besitzen zu lassen, welche sich in einer Nische meines Gemachs verborgen bereitgehalten, bis die Kerzen gelöscht waren«. Charlotte war eine widerstrebende Novizin. Harris gab ihr den guten Rat, von nun an »danach zu trachten, sich der Gewogenheit von Ihro Gnaden Lord Spencer zu versichern«, damit »seine Lordschaft großzügig für sie Vorsorge treffen« werde. Auch wenn Lord Spencers neue Mätresse für ihre Dienste reich belohnt wurde, zeigt sich deutlich, dass es bei jedem der von Harris davongetragenen Triumphe immer nur um seinen eigenen Vorteil und um den Nutzen seines Auftraggebers ging. Charlottes Bericht endet in Verbitterung: Nachdem er »seine Lust mit meiner treuen Gegenwart bis zum Überdruss gesättigt, wandte Lord Spencer sich von mir ab und mein vermeintlicher Ehemann setzte mich auf seine Liste – zu seinem eignen Vorteil und zu meinem Verderben«.

      Ohne sein besonderes Geschick im Verwalten von Informationen hätte sich Jack Harris vielleicht nie einen so guten Ruf als findiger Kuppler erworben. Doch ganz gleich, was er alles in seiner Trickkiste hatte – kein Zuhälter hätte seine Geschäfte zu lenken und seine Heerscharen käuflicher Damen zu befehligen vermocht, wenn er nicht über irgendeine Form von methodischem System verfügte. Ein besonders erfolgreicher Kuppler musste entweder mit einem phänomenalen Namensgedächtnis gesegnet sein oder über die Gabe des Schreibenkönnens verfügen. Harris konnte mit Letzterem punkten.

      Jack Harris hat die Hurenliste des Zuhälters keineswegs erfunden. Jeder, der über eine großen Zahl von Prostituierten den Überblick behalten musste, tat wahrscheinlich genau dasselbe, was andere Geschäftsleute auch machten, und legte sich ein Bestandsverzeichnis an. Man kann sich gut ausmalen, dass mit dem Anstieg der allgemeinen Alphabetisierungsrate in der britischen Bevölkerung mehr und mehr Informationen dem Papier anvertraut wurden, die zuvor allein in den Archiven des Geistes verwahrt worden waren. Eine persönlich geführte Liste, häufig aktualisiert und so detailliert wie möglich, war – ob man sie nun auf Pergament kritzelte oder sie sich lediglich ins Gedächtnis einprägte – auf jeden Fall das wichtigste Utensil im Menschenmaklergewerbe; unverzichtbar wie der Besen eines Schornsteinfegers oder das Rad eines Scherenschleifers. Nicht jeder Zuhälter wird eine schriftliche Liste geführt haben, doch ein Kuppelkellner, dessen Position weit über der irgendeines gemeinen Bettelluden stand und der über die fleischlichen Freuden eines großen Gasthauses residierte, bedurfte einer Form von geordneter Verwaltung, um auch auf zufriedenstellende Weise seines Amtes walten zu können. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts scheint die Praxis, ein handschriftliches Verzeichnis der im Umkreis bekannten Huren anzulegen, zumindest in einigen der stärker frequentierten Wirtshäuser Londons recht verbreitet gewesen zu sein. Jack Harris spricht selbst davon, dass seine »Kuppelbrüder« solche Listen benutzten und dass häufig Namen »in unsere Verzeichnisse eingetragen« oder »aus unseren Büchern gestrichen« wurden. Auch ein Journalist des London Chronicle schreibt im Juni 1758, dass anlässlich eines Gaststättenbesuchs sein Kellner »eine Liste mit den Namen von beinahe vierhundert [Prostituierten] hervorzog, in alphabetischer Anordnung, mit einer genauen Schilderung ihrer Person, ihres Alters, ihrer Fähigkeiten und ihres Wohnortes. Für mich ... war diese Liste unterhaltsamer als die leibhaftigen Gegenstände ihrer Beschreibung, und ich studierte sie sehr aufmerksam.«

      So eine handgeschriebene Liste hatte wahrscheinlich die Form eines kleinen Geschäftsbuchs oder einer gebundenen Kladde. Hier notierte ein Zuhälter den Namen einer käuflichen Dame sowie den Ort, wo sie zu erreichen war. Das konnte die Straße, in der sie wohnte, sein oder ein bekanntermaßen von ihr häufig aufgesuchtes Schankhaus. Je nach Schreibfertigkeiten des Kupplers konnte sich daran dann eine Beschreibung der Frau und der von ihr angebotenen Dienste anschließen. Notizen über Alter, Körpermerkmale und sexuelle Spezialitäten nebst dem Preis ihrer Leistung erleichterten Kuppler wie Freier die Wahl. Der Schreiber des London Chronicle hält auch fest, dass die von ihm in Augenschein genommene Zuhälterliste aus einem einfachen Namensverzeichnis mit zusätzlich an den Rand notierten Kommentaren bestand: »Ann Gill – 19 Jahre – seit zwei Jahren im Geschäft – Bow Street. – Elizabeth White, down in a sal [d.h. sie macht eine Salivationskur mit Quecksilberpräparaten zur Syphilistherapie], dito. – Mary Green, wechselt in feste Hände, empfängt Kundschaft bis Ende der Woche, dito.« Die pfiffigeren Kuppler bereicherten diese Einträge sicher noch um weitere nützliche Informationen, notierten Namen der bevorzugten Freier einzelner Damen, Angaben zu ihrem früheren Gesundheitszustand und zu ihrem sexuellen Werdegang sowie Tabellen der zu verschiedenen Zeiten von unterschiedlichen Klienten ausgebetenen Preise. Schon allein wegen der Größe seines Imperiums verlangte Harris’ Geschäft eine handschriftliche Liste, die alle anderen in den Schatten stellte: eine wahre Enzyklopädie der Hurennamen. Deren beständige Kommentierung und Modifizierung erforderte in allen Details buchhalterische Akkuratesse und ein offenes Ohr für den Klatsch, der solche Details lieferte. Wenn wir Harris’ Behauptung, unermüdlich auf der Suche nach Nachschub gewesen zu sein, glauben dürfen, muss seine Liste während seiner Zeit im Shakespear auf wahre Mammutproportionen angewachsen sein. Gut möglich, dass schon allein ihr schierer Umfang seinen Teil zu Harris’ Ruhm unter den vergnügungssuchenden Nachtschwärmern von Covent Garden beigetragen hat und für die Idee einer Veröffentlichung die Initialzündung gab.

      Nicht nur Jack Harris’ Liste profitierte von seinem überragenden Kupplergeschick, seine Geschäftskünste waren von Anfang an auch Packington Tomkins zugutegekommen. Um die Zeit, als Harris seine Stelle antrat, habe sein Dienstherr den Plan entwickelt, »es sich zum Brauche zu machen«, seine Kunden durch stets bereitgehaltene Damen »zu ihrer Erquickung zu vergnügen«, und ein Bestandteil dieses Plans sei die Einstellung von Harris gewesen. Indem er Tomkins’ »Haus mit den frischesten und ergötzlichsten Stücken versorgte«, sei er, so behauptete Harris, maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass dieser in der kurzen Spanne von nur ein paar Jahren »ein sehr tüchtiges Vermögen« anzuhäufen vermocht habe. Wie auch immer ihre Geschäftsvereinbarung im Einzelnen ausgesehen haben mag, Tomkins schöpfte jedenfalls einen bestimmten Prozentsatz der Einnahmen ab, die Harris mit dem Betreiben seines Gewerbes unter dem Dach des Kneipiers erzielte. Natürlich handelte es sich bei dem Ganzen um eine im Geheimen geschlossene Abmachung. Zu jener Zeit mag Harris vielleicht noch nicht gewieft genug gewesen sein, zu durchschauen, welche Folgen sich aus dieser »besonderen Übereinkunft« ergeben konnten, sollte einmal Justitia an die Tür klopfen. Jack Harris hatte nichts dagegen einzuwenden, nach außen hin die alleinige Leitung dieses Teils von Tomkins’ Geschäft zu übernehmen, und er begann törichterweise den Ruhm zu genießen, den ihm sein Tun verschaffte.

      Es weist so manches darauf hin, dass auch die Bordellwirtin von nebenan, Mother Jane Douglas, mit von der Partie war. Seit sie hier 1741 ihr Haus eröffnet hatte, scheint dessen Lage direkt neben dem Shakespear die Herausbildung einvernehmlicher Regelungen zwischen den СКАЧАТЬ