Covent Garden Ladies: Ein Almanach für den Herrn von Welt. Хэлли Рубенхолд
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Читать онлайн книгу Covent Garden Ladies: Ein Almanach für den Herrn von Welt - Хэлли Рубенхолд страница 12

СКАЧАТЬ war, ebenjene, die ihr die Hurenwirtin als passende Arbeitsmontur gestellt hatte. So verhielt es sich auch im Fall der Ann Smith, die 1752 von Mrs. Ward beschuldigt wurde, sich mit »einem Kleid aus ungebleichtem Leinen, ... einem Paar Manschetten mit Spitzen, ... einem Paar Seidenstrümpfe, ... einem Seidenhut und einem Paar Strass-Ohrringen« aus dem Staub gemacht zu haben – im Wesentlichen also wohl mit dem, was sie gerade am Leibe trug. Schon nach kurzer Zeit im Geschäft sollte Elizabeth Ward in Lohndirnenkreisen für ihre strengen Methoden berüchtigt sein. Welches Schreckensarsenal wohl Ann Smith zu ihrer überstürzten Flucht getrieben hatte, vermag man sich kaum auszumalen.

      Bereits als kleines Mädchen muss Charlotte derlei Dramen am Rande miterlebt haben. Über viele Jahre hinweg wird sie viel zu unbedarft gewesen sein, um zu begreifen, dass Mrs. Ward all das tat, um Charlottes Wohlergehen und Zukunft zu sichern; dass diesem Ziel jeder Penny diente, den sie ihren Dirnen aus den Fingern wand. Für ein heranwachsendes Kind muss ein Hurenhaus eine seltsame Kinderstube gewesen sein. Ihre frühesten Erinnerungen waren wohl die an ihre unkonventionelle kleine Familie von Frauen, die dasaßen und stickten, schwatzten und gelegentlich kicherten. Männer kamen und gingen wie Schemen, während animalische Grunz- und Stöhnlaute unter den Türen hervor und durch die Wände drangen. Manchmal werden große Stürme der Emotionen das Haus erschüttert haben, und den vertrauten Gesichtern, die eben noch über ihren Näharbeiten lächelten, entrang sich nun gramvolles Jammern oder sie umdüsterten sich in Wallungen der Gewalt. Charlotte mag sich auch an die Zornesblitze ihrer wütenden Mutter erinnert haben und daran, wie ihre vaterlose Familie schutzsuchend in Deckung ging, wenn das Gewitter aufzog. Über die Beobachtung ihrer Mutter und der wohlgeordneten Tagesabläufe in ihrem sonderbaren Zuhause wird sie schon als Kind sehr vieles gelernt haben. Doch das Leben, das Mrs. Ward für ihre Tochter vorgesehen hatte, verlangte eine geziemendere Erziehung.

      Aus ihrem späteren Leben wird deutlich, dass Charlotte eine etwas bessere Bildung genossen haben dürfte. Während der Lehrplan der örtlichen Armenschulen allein auf die Vermittlung der Grundkenntnisse ausgerichtet war – Lesen, Schreiben, Rechnen, religiöse Unterweisung und Vorbereitung auf eine Lehre –, gehörte zum Programm der etwas anspruchsvolleren, wenn auch nicht unbedingt hohe Anforderungen stellenden Bildungsanstalten für junge Damen auch das Eindrillen der »weiblichen Fertigkeiten«: Zusätzlich zu den Rechtschreib- und Rechenstunden erhielten die Schülerinnen auch Unterricht in Französisch, in Tanz und Musik und im rechten Betragen. Wenn sie besonderes Glück hatten, kamen sie auch mit dem Italienischen in Berührung, lernten Handarbeiten und Buchführung, und es wurden ihnen vielleicht rudimentäre Kenntnisse in Geschichte, Geografie und in den Werken der klassischen Antike vermittelt. Wie der Sozialreformer Francis Place zu berichten weiß, gab es im georgianischen London eine Reihe von »achtungswerten Tagesschulen« für Mädchen, die gegen eine geringe Gebühr einen solchen allgemeinbildenden Lehrplan anboten. Eingedenk der vielen Fallstricke, die das Gewerbe ihrer Mutter bereithielt, dürfte es für Charlotte allerdings besser gewesen sein, ein Pensionat zu besuchen.

      Mrs. Ward wäre nicht die erste Kupplerin oder Kurtisane gewesen, die ihre Tochter der Hausmutter eines Internats in die Obhut gab. Viele vornehme Herren hatten eine Schwäche für heranreifende Jungfern, und so hätte schon die bloße Anwesenheit eines mannbaren Mädchens in den unzüchtigen Verhältnissen eines Bordells zu viele Versuchungen geweckt. Elizabeth Ward wollte ihrer Tochter kostbarstes Gut keineswegs durch eine Vergewaltigung vergeudet sehen oder es den leise gemurmelten Überredungsversuchen eines in Liebe entbrannten, doch mittellosen Werbers opfern. Als eine der lukrativsten geschäftlichen Transaktionen ihrer Mutter wurde das Ende von Charlottes Jungfernschaft vielmehr bis ins letzte Detail vorausgeplant. Über etwa vierzehn Jahre hinweg muss Mrs. Ward die Reize ihrer Tochter gehegt und gepflegt und ihren Bildungsweg finanziert haben; alles, um sie für den wichtigsten Tag ihres Lebens vorzubereiten: ihre Initiation in die Riten der Venus.

      Wie jede Tochter der Gesellschaft wurde sicher auch Charlotte, als die Zeit dafür reif schien – für gewöhnlich wenn das Mädchen zur Frau zu werden begann –, in eine turbulente Welt der Unterhaltung und des gesellschaftlichen Trubels eingeführt. Sobald sie im Theater oder in den Lustgärten als ein neues Gesicht an der Seite von Mrs. Ward auftauchte, war dies ein klares Signal: Charlotte war die heißeste Ware, die ihre Mutter im aktuellen Angebot hatte. Wenngleich ihre öffentlichkeitswirksame Präsentation die Aufmerksamkeit aller möglicher neugieriger Interessenten auf sich gezogen haben muss, hatte doch Mutter Ward zweifellos bereits ihre engere Auswahlliste besonders wohlhabender, hochgestellter Kunden im Kopf, die zur Übernahme der beiden nun anstehenden höchst wichtigen Aufgaben infrage kamen.

      Kein sexuelles Erlebnis war im 18. Jahrhundert begehrter als der Geschlechtsverkehr mit einer Jungfrau. Eine echte Jungfrau war für den Gourmet der Fleischeslust eine Delikatesse, die auch ihren gesalzenen Preis hatte. Da unberührte Mädchen gemeinhin nicht eben mal zufällig in Freudenhäuser hineinzuschneien pflegten, wusste jede Kuppelmutter, dass das Beibringen solcher Schätze einen enormen Aufwand kostete. Der handelsübliche Preis für das Vorrecht, die Nacht mit einem unschuldigen Mädchen zu verbringen, konnte zwischen zwanzig Pfund und fünfzig Guineen – also weit mehr als dem Doppelten – variieren. Ausgesprochen geschickte Kupplerinnen, die besonders schönes junges Frischfleisch zu bieten hatten, konnten diese Preise sogar noch bis zu einer Summe von hundert Pfund in die Höhe treiben. Nicht allein das rein erotische Vergnügen, eine Unschuldige in die Sünde der Unzucht einzuführen, machte die Preise so hoch – der Verkehr mit einer Jungfrau bot zudem auch, was man wohl als die damals einzig verfügbare Möglichkeit einer wirklich sicheren sexuellen Zusammenkunft betrachten kann. Wer immer Charlotte entjungfert hat, wird wahrscheinlich ziemlich wohlhabend gewesen sein, und ganz bestimmt war er kein Mann ihrer eigenen Wahl. Wie der Autor der Nocturnal Revels seine Leserschaft glauben machen will, stand Mrs. Ward, was das Verschachern ihrer Tochter anging, nicht ohne Grund in dem Ruf, krumme Touren zu reiten. Es scheint, dass Charlotte noch mehrere weitere Male »als Jungfrau verkauft« wurde – an Ahnungslose und zweifellos zu ähnlich unverschämten Preisen.

      Nach ihrem Eintritt ins Geschäftsleben wurde Charlotte wie eine Delikatesse herumgereicht, um von den Kunden ihrer Mutter gekostet zu werden. Schon eine einzige Nacht mit der Novizin ihres Bordells dürfte Mrs. Ward einen ordentlichen Batzen Geld eingebracht haben, dazu kamen noch Schmuckstücke und sonstiger Flitterkram. So verlockend diese ersten Beweise ihres Erfolgs waren, ihre Mutter wollte darüber hinaus doch auch noch den höchsten Gewinn herausschlagen, den sie für ihre Tochter erzielen konnte: ihre Aufnahme in den vornehmen Stand der Kurtisanen oder »Femmes entretenues«.

      Im 18. Jahrhundert waren alle Huren keineswegs »gleich erschaffen«. Manche landeten durch Zufall in diesem Gewerbe, andere jedoch trieb ihr entschiedener Wille, die gesellschaftliche Leiter zu erklimmen. Die Schwesternschaft der Buhldirnen umfasste vielerlei Klassen, von der notleidenden und kranken obdachlosen Bettelhure (bunter oder bulkmonger) am untersten Ende bis hin zur ganz oben stehenden kept mistress, der »unterhaltenen Mätresse« (später meist als Kurtisane bezeichnet), die sich mit Seide und Juwelen schmückte und in Saus und Braus lebte. Wie einen Luxusartikel konnte man auch die Gesellschaft einer schönen, charmanten und feinsinnigen Mätresse zu einem exklusiven Preis auf Zeit mieten, doch konnte ihr Courmacher sie, zumindest theoretisch, auch richtiggehend besitzen, wenn er ihr nur ihre Wohn- und Lebenskosten deckte. War er sehr wohlhabend, konnte sich die junge Frau, die das Glück hatte, seine ausgehaltene Mätresse zu werden, alle luxuriösen Extravaganzen leisten, die man mit Geld kaufen konnte. Die Mode verlangte von einem Gentleman von Rang und Einfluss, dass er sich, um seine finanzielle Potenz unter Beweis zu stellen, eine Mätresse hielt, die in ihren Ausgabegewohnheiten genauso verschwenderisch war wie er selbst. Unterhaltene Mätressen hatten bei den Ladeninhabern und Damenschneidern, an den Spieltischen, in den Gasthäusern und Theatern freie Hand; alle Ausgaben konnten sie auf die Rechnung ihres generösen Amants setzen. Zum großen Verdruss der zeitgenössischen Tugendrichter genossen solche Mätressen kein schlechteres Leben als die adeligen Ehefrauen, deren Abbild sie waren. Sie kleideten sich in die gleichen Gewänder, trugen den gleichen Schmuck und fuhren in den gleichen Privatkutschen; und die Straßen, wo sie in Gemächern mit vergoldeten Möbeln und Damastwänden wohnten, gehörten zu den ersten Adressen der Stadt. Viele führten einen kompletten eigenen СКАЧАТЬ