Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
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СКАЧАТЬ mehr fanden.“3 Deswegen würden sich beide Gruppen von ihrem sozialen Umfeld unterscheiden, da eine „grundsätzliche Gleichwertigkeit ihrer MitgliederMitglied zur IdentitätIdentität der Gruppe“4 gehöre. Während innerhalb der griechisch-römischen Vereinigungen zur Erreichung dieser Gleichwertigkeit Formen fiktiver StatuserhöhungenStatuserhöhung etabliert gewesen seien, ist das EthosEthos der christlichen Gruppen demgegenüber von einer „solidarischen GruppenidentitätGruppenidentität geprägt.“5

      Im Anschluss an die Darstellung von Schmeller kann in der vorliegenden Studie untersucht werden, ob sich das EthosEthos bzw. die kollektive IdentitätIdentität auch durch bestimmte Formen sozialen Verhaltens ausdrückt, die sich mit dem Konzept diakonischen Handelns verbinden lassen.

      1.5.1.5 Ebel: Attraktivität und Ethos

      Ebenfalls mit der Gemeinde in KorinthKorinth, speziell anhand des 1. Korintherbriefes, befasst sich die Studie „Die Attraktivität früher christlicher Gemeinden“ von Eva Ebel.1 Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist die Frage, welche Gründe einen Menschen der Antike bewegt haben könnten, sich dem Christentum anzuschließen und sich in dessen Gemeinschaften zu engagieren. Relevant sei diese Frage durch das Vorhandensein einer Vielzahl an Möglichkeiten für Teilhabe an einer Gemeinschaft, so dass „die Christinnen und Christen […] somit keineswegs konkurrenzlos [sind], sondern […] sich einem Wettbewerb um potentielle MitgliederMitglied stellen [müssen].“2 Vor die Wahl gestellt, einer freiwilligen Vereinigung im Allgemeinen bzw. einer christlichen Gemeinschaft im speziellen beizutreten, sei es durchaus denkbar, dass eine beitrittswillige Person die Angebote und Möglichkeiten beider Gruppen vergleicht und daraufhin eine Entscheidung trifft. „Einige Elemente des christlichen Gemeindelebens werden ihm vor diesem Hintergrund vertraut erscheinen, andere werden für ihn neu und gewöhnungsbedürftig sein. Allerdings können gerade solche Abweichungen von bekannten Gemeinschaftskonzepten die Attraktivität der Gemeinde der Christinnen und Christen ausmachen. Der Schritt zum Christentum ist unter dieser Voraussetzung also nicht nur eine bewußte Entscheidung für den sich neu verbreitenden GlaubenGlaube, sondern auch gegen die bestehenden und zuvor eventuell persönlich erprobten Modelle von Gemeinschaft.“3 Aufgrund einer allgemeinen, nicht auf einen geographischen Raum beschränkten Verbreitung von Vereinigungen und einer denkbaren Konfrontation des Christentums mit ihnen läge ein Vergleich auf der Hand. Aus selbem Grund sei die skizzierte Vergleichssituation grundsätzlich denkbar und plausibel.4

      Für die freiwilligen Vereinigungen greift Ebel auf zwei VereinigungsinschriftenVereinigungsinschrift zurück: Einerseits auf die der cultores Dianae et Antinoi aus LanuviumLanuvium, andererseits auf die der IobacchenIobacchen aus AthenAthen. Fokussiert ist der Vergleich auf die Bereiche Gemeinschaftsmahl und interne DisziplinarmaßnahmenDisziplinarmaßnahmen. Also auf Themen, denen Ebel einerseits eine besondere Bedeutung für die Entstehung eines Gemeinschaftsgefühls zumisst und die andererseits anhand der Quellen wahrgenommen werden können.5 Im Ergebnis würden sich die christlichen Gemeinschaften durch eine größere Offenheit auszeichnen, die sich im Fehlen einer Beschränkung der Mitgliedschaft nach Geschlecht bzw. Status und sozialer Herkunft ebenso zeige, wie im Fehlen eines EintrittsgeldesEintrittsgeld, das per se gewisse Personenkreise vom Beitritt zu einer Vereinigung ausschließe.6 Diese ökonomische Attraktivität werde u.a. noch dadurch verstärkt, dass Christinnen und Christen auch an anderen Orten mit einer Unterstützung dort ansässiger christlicher Gruppen bzw. Gemeinden rechnen könnten: „Gastliche Aufnahme und geschäftliche Unterstützung in einer fremden Stadt, die unter Christinnen und Christen Sitte sind, stehen [bei griechisch-römischen Vereinigungen, JQ] erst recht nicht zur Debatte.“7 In Verbindung mit regelmäßigen Mahlfeiern seien diese Umstände besonders attraktiv für Menschen mit geringem Einkommen, zu denen im antiken Kontext auch Frauen zu zählen sind. Die paulinische Lehre von den Charismen sei ein weiterer Differenzpunkt im Vergleich mit freiwilligen Vereinigungen. Mehr noch: „Dieses Konzept kann als Gegenentwurf zu der Praxis in Vereinen ausgelegt werden, denn in diesen ist die Übernahme von Ämtern zumeist mit finanziellen Belastungen verknüpft und deshalb für ärmere Menschen nur unter erheblichem Aufwand möglich.“8 Ein umfangreicher epigraphischer Anhang schließt die Untersuchung ab.

      Im Anschluss an Ebel kann u.a. bedacht werden, welche Implikationen die Erhebung eines EintrittsgeldesEintrittsgeld für den Beitritt zu einer Vereinigungen in Bezug auf die Frage nach einem Verhalten der VereinigungsmitgliederVereinigungsmitglied besitzt, das dem Konzept diakonischen Handelns zugeschrieben werden kann: Setzt das Konzept diakonischen Handelns finanzielle Möglichkeiten voraus? Auch der Umstand der wechselseitigen Unterstützung in fremden Städten innerhalb der Gemeinschaft wirft im Gegenzug die Frage nach SolidaritätSolidarität und AnteilnahmeAnteilnahme innerhalb freiwilliger Vereinigungen auf, die ihre Konkretion u.a. bei gemeinsamen Mählern und darüber hinaus in alltäglichen Kontexten erfährt.

      1.5.1.6 Scheuermann: Gemeinde im Umbruch

      Andere Vergleichsobjekte als Ebel und Schmeller wählt Scheuermann für seine Studie.1 Er befragt ebenfalls antike Vereinigungssatzungen, setzt sie allerdings nicht ins Verhältnis zu paulinischen Gemeinden, sondern zur Adressatengemeinde des Matthäusevangeliums. Er bezieht sich dazu auf die Statuten der Athener IobacchenIobacchen, die Vereinigungsstatuten aus LanuviumLanuvium und die Gemeinderegel aus QumranQumran. Darüber hinaus untersucht Scheuermann jüdische SynagogenSynagoge im ersten christlichen Jahrhundert und bringt insgesamt seine Untersuchungen mit ausgewählten Texten des Matthäusevangeliums ins Gespräch. „Das vergleichende Verfahren ist umso unproblematischer anwendbar, je näher die verglichenen Gruppen zeitlich, räumlich, sozial und religiös einander stehen. Für die Gemeinde des Mt-Ev kommen daher vorrangig Gruppen in Betracht, die im 1. und 2. Jh.n.Chr. [sic!] im östlichen Mittelmeerraum lebten und die primär religiös orientiert waren.“2 Anhand einer genauen Lektüre der Zeugnisse zu den freiwilligen Vereinigungen ergeben sich für Scheuermann als verbindende Aspekte die Themenfelder „Aufnahmeverfahren“, „VersammlungenVersammlung“, „Sanktionen“ und „Funktionen“.3 Diese vergleicht er mit der Gemeinderede (Mt 18Mt 18), der Pharisäerrede (Mt 23Mt 23) und den Belegen für das Wortfeld διδάσκω κτλ.4

      In der Zusammenschau der Quellen werde deutlich, dass die freiwilligen Vereinigungen in ihrer Organisation einen wesentlich komplexeren Aufbau aufweisen als die matthäische Gemeinde. Zunächst sei auf die Vorschriften zu EintrittsgeldernEintrittsgeld und monatlichen Beiträgen innerhalb freiwilliger Vereinigungen hinzuweisen, denen kein monetäres Äquivalent in der matthäischen Gemeinde gegenüberstehe. Lediglich für die Gruppe in QumranQumran seien Ähnlichkeiten in den Zulassungsbedingungen auszumachen, die sich dort jedoch auf das EthosEthos und den GlaubenGlaube des Kandidaten bezögen, nicht jedoch auf seine finanziellen Möglichkeiten.5 Grundsätzlich bis zu einem gewissen Grad vergleichbar seien Vereinigungen und Gemeinden hinsichtlich ihrer Zusammenkünfte und Gemeinschaftsmähler. Offen bleibt dabei aber u.a., welche Häufigkeit für die VersammlungenVersammlung der Gemeinde anzunehmen ist.6 Zuletzt werde anhand von Ausführungen zu Sanktionen und Funktionen ein „deutlich höherer […] Organisationsgrad [sichtbar, JQ], als das für die Gemeinde des Mt-Ev erkennbar ist.“7

      Im abschließenden Ausblick verweist Scheuermann auf eine Analogie zwischen der damaligen und heutigen Situation christlicher Gemeinden: Sie befänden sich in Phasen des Umbruchs, die von einem Traditionsabbruch gezeichnet seien, verbunden mit einer Minderheitssituation. In dieser Situation verweise der Evangelist seine Adressatinnen und Adressaten auf „den irdischen Jesus, den menschgewordenen Sohn Gottes, [der] […] in der Sicht des Evangelisten die nötige Orientierung [gibt,] um die Krisensituation der Zeit bestehen zu können.“8 Ungeachtet des für die Gegenwart fragwürdigen Begriffs der Krisensituation besteht eine begründete Aufgabe der Gegenwart – bezogen auf die vorliegende Studie – in der Plausibilisierung des Konzepts diakonischen Handelns im Kontext einer weitgehend säkularen Gesellschaft.

      1.5.1.7 Ascough: Paul’s Macedonian Associations

      Ebenfalls auf paulinische Gemeinden СКАЧАТЬ