Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
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СКАЧАТЬ als geistes-, kultur- und sozialgeschichtliche Strömung im Rahmen dieser Arbeit u.a. aufgrund seiner Funktion als Wegbereiter der Ausbreitung des Christentums.3

      Als zeitlicher Ausgangspunkt für den HellenismusHellenismus kann das vierte vorchristliche Jahrhundert angenommen werden, in dem der Regierungsantritt Alexanders des Großen im Jahr 336 v. Chr. eine wichtige Rolle spielt.4 Allerdings ist diese zeitliche Trennlinie durchlässig und nicht zu verabsolutieren, da der HellenismusHellenismus als facettenreiches Phänomen ebenfalls nicht als voraussetzungslos und als Werk eines Einzelnen anzusehen ist.5 Ebenfalls umstritten ist die Abgrenzung der hellenistischen Zeit nach hinten. Als geistes-, kultur- und sozialgeschichtliche Strömung ist die Nennung eines Endpunkts mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, weil sich die mit dem HellenismusHellenismus verbundenen kulturellen und gesellschaftlichen Prozesse bis weit in die Römische Kaiserzeit und über das Ende der Diadochenreiche (30 v. Chr.) hinaus erstreckten. Vor diesem Hintergrund kann das Jahr 30 v. Chr. zwar als Zäsur auf politischer Ebene und für den Epochenbegriff angenommen werden, nicht aber jedoch für den HellenismusHellenismus als kulturelles Phänomen.6 Gehrke schlägt als Zäsur deswegen das Auftreten des Islams im 7. Jahrhundert nach Christus vor.7

      1.4.1.2 Charakteristika

      Wie bereits die Darstellung der zeitlichen Abgrenzung ist auch diese Darstellung mit inhaltlichen und methodischen Problemen verbunden.1 Deutlich wird dies zunächst an der oben dargestellten Verschränkung und Begrenzung der weltpolitischen Epoche in Differenz bzw. Übereinstimmung zur kulturgeschichtlichen Epoche des HellenismusHellenismus. Aber auch in der Frage nach dem, was unter HellenismusHellenismus zu verstehen sei, besteht keine mehrheitliche Übereinstimmung.2 Trotz der Vielzahl an Definitionen und Definitionsversuchen lassen sich dennoch elementare kulturelle und geschichtliche Gemeinsamkeiten und Entwicklungen festhalten, die auch zu einer Charakterisierung der kulturellen Gegebenheiten und der kulturellen Umwelt der ersten Christen und der ihrer Schriften herangezogen werden können.

      Als common sense ist festzuhalten, dass der Begriff „HellenismusHellenismus“ die Ausbreitung der griechischen Kultur – auch und besonders in Verbindung mit kriegerischen Auseinandersetzungen und Okkupationen – im Mittleren und Nahen Osten bezeichnet. Kultur ist dabei in einem umfassenden Sinne zu verstehen, denn alle Bereiche des Lebens (Religion, Verwaltung, Militärwesen, Bildende Kunst, Städtebau etc.) konnten eine „Hellenisierung“ erfahren. Dabei ist jedoch umstritten bzw. je nach Region bzw. gesellschaftlichen Kontext verschieden, wie ausgeprägt der Grad der Akkulturation war.3

      Demgemäß bezeichnet die Terminologie im engeren Sinne eine Auseinandersetzung zwischen den Trägerinnen und Trägern griechischer Kultur, vornehmlich Griechen und Nichtgriechen.4 Denkbar sind im Anschluss an diese Auseinandersetzung eine Ablehnung griechischer Einflüsse oder Akkulturationsprozesse. Letztere zeigen sich zunächst in der Übernahme bzw. Durchsetzung der griechischen Sprache, die zur Entstehung eines einheitlichen Sprachraums führten, in dem sie sich zur lingua franca entwickelte. Unter dem Begriff der „griechischen Sprache“ ist in der Regel der attische Dialekt gemeint, der sich im HellenismusHellenismus durch eine regionale Verbreitung und den Kontakt mit anderen Sprachen und Dialekten veränderte, einige seiner charakteristischen Züge verlor und sich zur sogenannten Koiné entwickelte.5 Diese Koiné war „das Band, das die hellenistische Welt trotz der mit dem Tode Alexanders beginnenden, fortschreitenden Zersplitterung zusammenhielt […].“6 Zugleich führte diese Übernahme der griechischen Sprache – und damit verbunden auch die der griechischen Bildung – in den meisten Fällen zur Bilingualität der Nichtgriechen, bei der die griechische Sprache neben ihre eigene Muttersprache trat.7 Dergestalt kann von einem grundsätzlich uniformen Sprachraum gesprochen werden, in dem die Koiné zur Allgemeinsprache wurde. Darüber hinaus vereinte dieser Sprachraum in der Peripherie des griechischen Kernlandes eine Vielzahl regionaler Sprachen und Dialekte in sich.8

      Auch das Imperium Romanum war in Bezug auf die Frage nach einer lingua franca größtenteils wenigstens bilingual geprägt, bezogen auf die Sprachen Latein und Griechisch, bzw. in Bezug auf Griechisch neben regional verbreiteten Sprachen wie beispielsweise Aramäisch.9 Grundsätzlich kann wohl die Verbreitung und Beibehaltung des Griechischen als markantester Beleg für das Fortbestehen einer hellenistischen Geisteshaltung über den politischen HellenismusHellenismus hinaus gelten.

      Eine vergleichbare Entwicklung ist auch in Bezug auf die Etablierung der griechischen Kultur und der griechischen Religion festzuhalten, deren Verbreitung einher ging mit derjenigen der griechischen Sprache.10 In Hinblick auf die griechische Götterwelt behielt das klassische griechische Pantheon seine Bedeutung, erfuhr aber zugleich Veränderungen und Transformationen, die sich exemplarisch u.a. an der Bedeutungszunahme der Schicksalsgöttin Tyche wahrnehmen lassen.11 Daneben trat der Kontakt mit lokalen Kulten und Göttern, der eine Auseinandersetzung mit diesen evozierte und eine teilweise Vermengung von griechischen und nichtgriechischen Elementen mit sich brachte. Exemplarisch dafür steht der iranische Mithras-Kult, der seinen Höhepunkt freilich erst in römischer Zeit erreichte, jedoch bereits früher rezipiert wurde.12 Elementar für diesen und andere Kulte ist im Gegensatz zur offiziellen Religion, dass sie bezüglich der Zugehörigkeit eine bewusste Entscheidung des Mysten voraussetzen und in den meisten Fällen wohl persönliche Hoffnungen mit der Partizipation an ihnen verbunden waren.13 Gemeinsam ist vielen dieser Kulte ein egalitärer Grundzug, dem zumindest innerhalb der Gruppe eine Bedeutung zukam, jedoch keine Auswirkungen auf das alltägliche Leben der Mysten besaß.14 Verbindendes Element aller hellenistischer Kulte, sowohl der offiziellen Religion als auch den Mysterienkulten, ist ein unterschiedlich gearteter Umgang mit konstitutiven Offenbarungsschriften.15

      Ein weiteres wichtiges Element hellenistischer Kultur und Geschichte ist die antike Philosophie. Ihre Verbindung zur hellenistischen Religion ist u.a. in den Versuchen der Lebensdeutung und Lebensbewältigung zu sehen. Während der Kult den Menschen im Wechselspiel zwischen Götterwelt und Menschenwelt verortet sieht und ihm durch gewisse HandlungsvollzügeHandlungsvollzüge eine Möglichkeit der KommunikationKommunikation ermöglicht, bedient sich die Philosophie kognitiver Prozesse „im Suchen nach dem Halt in einer offensichtlich unkontrollierbar gewordenen Welt, im Betonen des Privaten – im Sinne des Individuellen wie des Apolitischen -, andererseits im Zug ins Universale […].“16 Schnelle sieht in der antiken Philosophie deswegen eine Art „pagane Theologie, […] die darauf abzielte, den Menschen die Meisterung des Schicksals zu ermöglichen.“17 Vor diesem Hintergrund ist auch eine Konjunktur von praktischer Philosophie und EthikEthik nachvollziehbar, die ihren Ausdruck in verschiedenen philosophischen Schulen und Richtungen finden, deren gemeinsamer Wurzelgrund – trotz differierender Rezeption – in der Philosophie des Sokrates anzunehmen ist.18 Großen Einfluss besaßen u.a. der Epikureismus und die Stoa.

      In der Zusammenschau aller Bereiche des Lebens ist festzuhalten, dass „aufs Ganze gesehen eine neue Welt [entstand], eine Oikumene mit sehr vielen Facetten. Zwischen der griechischen Kultur und den je indigenen Zivilisationen gab es im Einzelnen sehr komplexe und vielschichtige Wechselbeziehungen, unterschiedliche Vorgänge von Annäherung, aber auch von Abgrenzung, kurzum: vielfältige Prozesse durch aus nicht nur einseitig verlaufender Akkulturation.“19 Somit ist auch für das Imperium Romanum eine mit dem HellenismusHellenismus verbundene, breit gefächerte kulturelle Prägung festzuhalten, bezogen auf das Mit-, Neben- und temporäre Gegeneinander der griechisch-hellenistischen und römischen Kultur.20

      1.4.2 Zeit

      Für die vorliegende Studie ist frühe Kaiserzeit von besonderer Bedeutung. Sie stellt den politisch maßgeblichen Rahmen für die Anfänge des Christentums dar. Unter der Bezeichnung „Kaiserzeit“ oder auch „Prinzipat“ wird gemeinhin die Periode subsumiert, in der das Römische Reich unter der HerrschaftHerrschaft eines Kaisers, d.h. eines Prinzeps, stand und deren Beginn zumeist mit der Person des Gaius Octavius, ab 27 v. Chr. genannt Augustus (Regierungszeit: 44 v. Chr bis 14 n. Chr.), verbunden ist.1 Als letzter Herrscher dieser Epoche ist Romulus Augustus zu nennen.2

      1.4.3 СКАЧАТЬ