Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
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СКАЧАТЬ durch Jesus.1 Weiterhin ist auch das Motiv der persönlichen SelbsthingabeSelbsthingabe zu hinterfragen, zumal persönliche SelbsthingabeSelbsthingabe in der NachfolgeNachfolge Jesu limitiert und in ihrer Zielrichtung von der des Lebens Jesu verschieden ist, wie später noch dargestellt werden wird.2

      Im Gespräch mit den Ausführungen Beyers ergeben sich mehrere Aspekte, die gleichermaßen eine Relevanz für die exegetischen und diakoniewissenschaftlichen Fragestellungen besitzen. Im Einzelnen sei auf folgende Anfrage verwiesen: Wenn die von Beyer herausgestellte (und zu kritisierende) SelbsthingabeSelbsthingabe eines diakonisch Handelnden eine evidente Bedeutung für den DiakoniebegriffDiakoniebegriff besitze, ist zu fragen, warum dieser keine Relevanz in aktuellen Verlautbarungen diakonischer WerkeDiakonische Werke und Verbände zukommt. Zumindest für die durchgeführte exemplarische Bestandsaufnahme aus aktuellen Texten der Diakonie ist ein negativer Befund festzuhalten: Das Motiv der persönlichen SelbsthingabeSelbsthingabe erfährt keine Würdigung innerhalb aktueller Verlautbarungen. Welche Verbindung besteht also zwischen exegetischer Wissenschaft und den Verlautbarungen der Diakonie bzw. der DiakoniewissenschaftDiakoniewissenschaft?

      Zugleich ist die Frage zu stellen, ob Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Diakonie ihre Arbeit selbst als einen solchen Dienst der SelbsthingabeSelbsthingabe verstehen bzw. verstehen können. In diesem Zusammenhang drängt sich ferner die Frage auf, ob der Gedanke der SelbsthingabeSelbsthingabe überhaupt eine praktische Plausibilität besitzt und besitzen kann, wenn zunehmend Menschen in der Diakonie arbeiten, die keinen oder nur einen marginalen Bezug zum christlichen GlaubenGlaube besitzen. Liegt hierin die Ursache für den negativen Befund, dass das Motiv der SelbsthingabeSelbsthingabe keine Relevanz in den Texten der Diakonie besitzt? Letztlich stellt sich damit die Frage nach der MotivationMotivation für die Arbeit in der Diakonie und es schließt sich die Frage nach einer biblischen Begründung diakonischer Arbeit an, die u.U. weitere Perikopen einschließen muss als allein die Belegstellen für die skizzierte Wortgruppe.

      3.2 John N. Collins

      1990 erschien die Monographie „Diakonia. Re-interpreting the Ancient Sources“ des Theologen John N. Collins. Diese geht zurück auf eine bereits in den 1970er Jahren verfasste Qualifikationsarbeit von Collins, die aus diversen Gründen erst einige Jahre später zur Veröffentlichung gelangte. Collins eruiert in seiner Arbeit im Gegensatz zu Beyer eine andere Begriffsbestimmung, bzw. stellt anhand seiner Überlegungen die Genese der Wortverwendung und des Wortverständnisses anders dar.

      3.2.1 Darstellung

      Ausgangspunkt der Ausführungen Collins ist die Beobachtung, dass διακονέω und seine Derivate im englischsprachigen Raum gemeinhin mit Begriffen aus dem „ministry“-Wortfeld übersetzt worden seien, aktuelle Bibelübersetzungen demgegenüber aber Begriffe aus dem Wortfeld um „service“ zur Übersetzung heranziehen würden. Ähnliche Tendenzen seien in anderen europäischen Sprachen festzuhalten.1 Daraus sei abzuleiten, dass dem Begriff und seinem Gebrauch eine gewisse Ungenauigkeit zu attestieren sei, die Collins zu der Grundfrage führe, wie die Differenzen zwischen der „Diakonie“ einer Ordinierten bzw. eines Ordinierten und der „Diakonie“ der Gemeinde zu beschreiben seien. Als Begründung für die Rede vom „Dienst“ in Bezug auf das griechische Wortfeld werde oft auf Mk 10,45Mk 10,45 Bezug genommen. Diese Perikope habe vielfältige Deutungen evoziert, sodass für eine genauere Analyse von Mk 10,45Mk 10,45 zunächst eine generelle Untersuchung des genannten Wortfeldes vorzunehmen sei. Dem wiederum vorgeschaltet ist bei Collins eine kurze Nachzeichnung der Genese des heute im deutschsprachigen Raum vorherrschenden DiakoniebegriffsDiakoniebegriff, wie er insbesondere durch Beyer geprägt sei. In Fortführung der Ausführungen Beyers sei „diakonia“ als spezifisch christliches Konzept etabliert worden: „As a result ‚diakonia‘ is now widely accepted as a finished product of modern reflection on the linguistic data of the New Testament representing what Jesus was and did, how disciples were releated to him and to each other, and both the scope and style of the Christian community’s responsibilities.“2

      Beyer hatte Mk 10,45Mk 10,45 eine große Bedeutung für die theologisch-inhaltliche Füllung des DiakoniebegriffsDiakoniebegriff zugeschrieben: „διακονεῖν [ist] hier auch nicht nur zusammenfassender Ausdruck aller helfenden LiebestätigkeitLiebestätigkeit am Nächsten […], sondern als Vollzug eines ganzen OpfersOpfer, als Hingabe des LebensLebenshingabe verstanden […], die ihrerseits Inbegriff des Dienens, des Für-die-Anderen-da-seins im Leben und im Sterben ist. Damit erreicht der Begriff διακονεῖν seine letzte theologische Tiefe.“3 Mit dieser Aussage wird deutlich, dass „Diakonie“ in der Lesart Beyers mehr umfasst als karitative Tätigkeiten und TischdienstTischdienst: Es sei ein umfassendes, das ganze Leben ergreifendes Geschehen, das christologisch begründet werde. Dagegen hält Collins fest, dass nicht von einer ausschließlich christlichen Bedeutung des Verbums auszugehen sei. Auch werde es an keiner Stelle in der christlichen und paganen Literatur zur Beschreibung von FürsorgeFürsorge oder niedrigen Diensten verwendet. Lediglich in 1Clem 40,51Clem 40,51. Clemensbrief werde singulär ein liturgischer Dienst damit beschrieben.4 Auch den Gedanken einer Art christlicher PhilanthropiePhilanthropie schließt Collins mit Verweis auf fehlende Parallelen aus. Damit ist aber die Frage gestellt, wie Mk 10,45 adäquat zu verstehen sei. Zur Beantwortung verweist Collins darauf, dass das Verb jeweils die Ausführung eines Auftrages beschreibe, zu dem die bzw. der Beauftragte entweder von Gott, einem ApostelApostel oder einer AutoritätAutorität der Gemeinde legitimiert wurde. Demnach könne der Infinitiv in Mk 10,45 als partikulare, persönliche BeauftragungBeauftragung Jesu durch Gott verstanden werden, die insofern eher theologische als ethische Implikationen besäße. Eine genauere Definition erfahre diese BeauftragungBeauftragung durch den Verweis auf die LebenshingabeLebenshingabe Jesu, die als Inhalt der persönlich-individuellen LebenshingabeLebenshingabe zu verstehen sei.5 Im Gegensatz zu den LeidensankündigungenLeidensankündigung in Mk 8,31Mk 8,31 und Mk 10,34Mk 10,34 fehlt in der Perikope Mk 10,45Mk 10,45 der Hinweis auf die AuferstehungAuferstehung. Dieser Befund sei nach Collins folgendermaßen zu deuten: „the ethical lesson is pointed not by the infinitive as itself a term designating this kind of humiliation, but by the death that the commission to effect the ransom entails for the Son of man.“6 Mit dieser Lesart würde sich für den Begriff selbst keine ethische Komponente ergeben, die deswegen auch nicht für eine inhaltliche Bestimmung des Begriffs fruchtbar gemacht werden könne.

      Collins geht auch auf das Verständnis des Passivums διακονηθῆναι ein, das s. E. eine andere Funktion als der nachgestellte aktive Infinitiv aufweise. Das passive Verb gehöre in den Bereich der häuslichen und persönlichen Aufgaben bzw. Aufwartung und bezeichne primär eine Tätigkeit in einem bestimmten sozialen Status: „those who come and go at the behest of another“.7 Im konkreten Kontext komme damit zum Ausdruck, dass der MenschensohnMenschensohn sich nicht selber aufwarten lasse und Menschen nicht in seinem persönlichen Dienst stünden. Vielmehr führe Jesus seinen Auftrag selbst aus, er habe „his own task to go“.8 Collins hält in Bezug auf Beyer fest, dass die LebenshingabeLebenshingabe Jesu und ein soziales Handeln im Sinne eines niedrigen Diensts anhand Mk 10,45Mk 10,45 nicht in eine direkte Beziehung zueinander zu bringen seien – Jesus sei in dieser Perikope der Ausführende eines (göttlichen) Auftrags, zu dem auch die LebenshingabeLebenshingabe gehöre.

      Collins setzt sich mit den außerchristlichen Quellen von διακονέω und seinen Derivaten auseinander, um einen Einblick in die Hintergründe der Verwendung im christlichen Bereich zu gewinnen. Dazu arbeitet Collins zunächst einen Bedeutungsraum heraus, der sich auf den Begriff „go-between“ fokussieren lasse und damit ein weites Spektrum aufweise.9 Drei Bereiche seien festzuhalten, in denen dem Wort eine spezifische Bedeutung zukomme: „Message“10 mit dem Verständnis der Diakonin bzw. des DiakonsDiakon als Sprecher, VermittlerVermittler oder Kurier; „Agency“ im Sinne von Tätigkeiten mit einer Diakonin bzw. einem Diakon als Agenten, Mittler bzw. als Medium und Werkzeug; sowie „Attendance upon a person or in a household“ im Sinne von TischdienstTischdienst bzw. Aufwarten und einer Diakonin bzw. einem Diakon als Dienende, Wärterinnen bzw. Wärter und Aufwärterinnen bzw. Aufwärter. СКАЧАТЬ