Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
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СКАЧАТЬ zu verstehen sei. Ebenfalls sei festzuhalten, dass der Gebrauch des Wortfeldes zunächst auf die Bezeichnung der Aktivität, nicht jedoch auf den sozialen Status der handelnden Personen abziele. Damit sei nicht notwendigerweise die Niedrigkeit der bzw. des Handelnden angesprochen. Vielmehr sei die Begrifflichkeit auch anwendbar auf mit Ansehen und AutoritätAutorität verbundene Positionen und Aufgaben – ein römischer Prokurator sei in seinem Dienst für den Kaiser ebenso ein Diakon, ohne dass sein Status als niedrig bezeichnet werden könne. Darüber hinaus partizipiere eine Beauftragte bzw. ein Beauftragter in der Ausführung ihres bzw. seines Auftrages an der AutoritätAutorität seiner Auftraggeberin bzw. seines Auftraggebers, womit der Gedanke der Bezeichnung niedriger Aufgaben und Dienste obsolet sei. Damit korrespondiert, dass das Lexem nicht in der Alltagssprache zu verorten sei, sondern in „passages of a profoundly religious nature“ und in „commemorative inscriptions“11 verwendet werde. Aus diesem Grund sei das Lexem auch innerhalb der christlichen Gemeinde rezipiert worden.

      Die im letzten Absatz referierten Erkenntnisse geben die Perspektive für die Untersuchung der Verwendung von διακονέω und seinen Derivaten innerhalb der christlichen Gemeinde vor. Diese Untersuchung stellt den letzten Teil von Collins Studie dar.

      Auch im christlichen Bereich sei ein Gebrauch in drei Bereichen festzuhalten: „i. message from heaven; ii. message between churches; iii. commissions within a church.“12 Apg 6,4Apg 6,4 spreche von der διακονία τοῦ λόγου. Diese sei nach Collins Untersuchung der paulinischen Briefe und der Apostelgeschichte ein Vorrecht der ApostelApostel und derjenigen, die von ihnen zu dieser Aufgabe beauftragt werden. Auch hier werde deutlich, dass der Begriff ein AbhängigkeitsverhältnisAbhängigkeitsverhältnis bezeichne, dem jedoch eine abgeleitete AutoritätAutorität zugehörig ist: „Whether the words apply to message or to another type of commission, they necessarily convey the idea of mandated authority from God, apostle, or church.“13 Die Beauftragten partizipieren mithin an der AutoritätAutorität ihrer Auftraggeber, ohne dass aus der BeauftragungBeauftragung ein niedriger Dienst bzw. ein niedriger sozialer Status resultiere. Gegen Beyer hält Collins fest, dass sich die primäre Nutzung des Lexems weder auf den TischdienstTischdienst, noch auf eine karitative Tätigkeit beziehe: „Thus the main reference in Christian literature is to ‚ministry under God‘ and the notion of ‚service of fellow human beings‘ as a benevolent activity does not enter.“14 Deswegen hält Collins an einer sachlichen Voranstellung des Diensts der VerkündigungVerkündigung vor dem Dienst am Nächsten fest.

      Er führt weiter aus, dass der Gebrauch des Lexems in den Evangelien innerhalb des Verwendungsrahmens der paganen Literatur erfolge. Die Verwendung könne also nicht als ein Indiz gewertet werden, dass mit ihr ein bestimmtes sozial-fürsorgliches oder christliches Verhalten eingeübt bzw. eingeprägt werden sollte. Auch an dieser Stelle kann eine Grenzziehung zu Beyer vollzogen werden, der die These vertrat, dass das junge Christentum wenig geprägte Begriffe aufnahm und sie mit einer dezidiert christlichen Bedeutung versah.15 Beyer hält dies in Zusammenhang mit seinen Ausführungen über den Begriff διάκονοςδιάκονος fest. Für den Gebrauch dieses Titels betont Collins demgegenüber, dass er seinen Ursprung in der religiös konnotierten Sprache besäße und er deswegen für die Bezeichnung eines „agent in sacred affairs“ herangezogen wurde.16 Darin bestehe nach Collins das innovative Potenzial in der Begriffsverwendung. Seinen Ursprung habe aber auch diese Bezeichnung nicht im TischdienstTischdienst, sondern in der Aufwartung für eine Person bzw. Persönlichkeit. Der Auftraggeber des DiakonsDiakon sei der EpiskoposEpiskopos, und somit weder eine Bedürftige oder ein Bedürftiger noch eine Gemeinde.17

      3.2.2 Kritische Würdigung

      Im Vergleich mit Beyer können die Ausführungen zum DiakoniebegriffDiakoniebegriff von Collins als ein Neuansatz hinsichtlich der Begriffsbestimmung von „Diakonie“ bezeichnet werden. Zugleich stellt dieses innovative Potenzial – sofern es verifizierbar und ihm zu folgen ist – eine Infragestellung eines verbreiteten Verständnisses von „Diakonie“ dar, soweit es sich nicht in der Traditionslinie der von Beyer vorgetragenen Überlegungen verorten lässt. Diese Infragestellung ergibt sich u.a. im Hinblick auf die Frage nach der AutoritätAutorität und der Stellung der in den Dienst genommenen Person sowie hinstichtlich der Frage nach dem Gedanken der SelbsthingabeSelbsthingabe im Anschluss an Mk 10,45Mk 10,45.

      Weiterführend an die Überlegungen von Collins könnte geprüft werden, inwieweit seine Erkenntnisse Eingang in aktuelle diakoniewissenschaftliche Überlegungen gefunden und inwiefern sie gegenwärtige Diskurse beeinflusst haben. Darüber hinaus scheint besonders der Gedanke der Bestimmung der „Diakonie“ als „go-between“ ein vielversprechender Ansatz für eine Reflexion der gegenwärtigen Gestalt von „Diakonie“ zu sein.

      Über den Bereich sozialer Tätigkeiten hinaus erscheint in Anbetracht der dargestellten Perspektiven von Collins auch eine Reflexion der Gestalt von Kirche und deren Gemeinden notwendig. Da die untersuchte Terminologie nach Collins keinen Schwerpunkt auf sozial-fürsorgliche Tätigkeiten, sondern eher auf genuin gemeindliche Vollzüge legt, kann sich die Reflexion nicht allein auf „Diakonie“ als Teilbereich kirchlichen Lebens kaprizieren. Innerhalb dieses Nachdenkens ist vielmehr besonders auf das Themenfeld von „Auftrag und BeauftragungBeauftragung“ einzugehen – besonders vor dem Hintergrund von AbhängigkeitsverhältnissenAbhängigkeitsverhältnis und Autoritätszuschreibungen.

      3.3 Anni Hentschel

      Die Arbeit von Hentschel stellt zum gegenwärtigen Zeitpunkt die umfangreichste und aktuellste Veröffentlichung zum Themenfeld des DiakoniebegriffsDiakoniebegriff im Neuen Testament dar.1 Dem Aufbau der Monographie entsprechend, erfolgt die Darstellung anhand von sechs Punkten bzw. Abschnitten.

      3.3.1 Darstellung

      3.3.1.1 Zum Bedeutungsspektrum von διακονέω κτλ.

      Als Einstieg in die Thematik skizziert Hentschel das Vorkommen der Wortgruppe im Neuen Testament in unterschiedlichsten Kontexten, die in der Regel „Aufträge und Aufgaben in den Bereichen GemeindeleitungGemeindeleitung, Organisation und VerkündigungVerkündigung“1 beträfen. Angesichts der skizzierten Fülle an Verwendungs- und Bedeutungsmöglichkeiten stelle sich die Frage, „ob sich Kriterien für eine dem Lexem διακονέω κτλ. angemessene Bedeutungsbestimmung finden lassen.“2

      Hentschel skizziert eine Auswahl an Forschungspositionen, wobei ihr Interesse dabei auf dem Verständnis des Lexems und möglicher Auswirkungen dieses Verständnisses auf die Trias von NachfolgeNachfolge, GemeindeordnungGemeindeordnung und kirchlicher ÄmterAmt liegt. Auch Auswirkungen auf die Bestimmung von Geschlechterrollen werden von Hentschel in den Blick genommen. Da die vorliegende Studie ihrerseits eine Auswahl an Forschungspositionen darbietet, soll an dieser Stelle die Darstellung auf die Nennung der bei Hentschel dargestellten Positionen beschränkt bleiben. Hentschel setzt sich unter der Überschrift „Eine profane und eine christliche Bedeutung von διακονέω κτλ“ mit den entsprechenden Ausführungen von H. W. Beyer3, A. Weiser und E. Schweitzer auseinander. Als zweiten Unterpunkt stellt Hentschel die Positionen von L. Schottroff und E. Schüssler Fiorenza dar, mit denen Ergebnisse der feministischen Exegese vorgestellt werden. Letztlich sei Diakonia auch als BeauftragungBeauftragung zu verstehen, wie D. Georgi und J. N. Collins4 deutlich zeigen würden. Der dargestellte exemplarische Einblick in die gegenwärtige Forschungslage zeige, wie schwierig eine adäquate Begriffsdefinition des Lexems διακονέω und seiner Derivate sei.5

      Um das BedeutungsspektrumBedeutungsspektrum des Lexems in ihrer Studie möglichst genau abzugrenzen, schließt Hentschel eine Reflexion über Semantik, und damit Überlegungen „Zur Bedeutung von Worten“6 an. Dieses Nachdenken sei gleichsam als Prolegomenon für die semantische Analyse des Lexems in profangriechischen und jüdisch-hellenistischen Schriften zu verstehen. Es habe zum Ziel, „das Bedeutungspotential oder СКАЧАТЬ